Am Ende sollten die Buchmacher Recht behalten. Als klarer Favorit zum "Eurovision Song Contest" 2022 nach Turin gefahren, hat die Ukraine den Musikwettbewerb mit großem Abstand gewonnen. Schon im Vorfeld hatten sich mehrere Teilnehmende für einen Sieg des derzeit von Russland angegriffenen Landes ausgesprochen. Das Kalush Orchestra kam mit seinem Lied "Stefania" unter dem Strich auf 631 Punkte. Dabei sorgte die Band, die mit der Startnummer zwölf ins Rennen ging, direkt nach ihrer Performance für kleine Aufregung: Sänger Oleh Psjuk bat auf der Bühne um Hilfe für die Menschen in der Ukraine, Mariupol und den Menschen im Asow-Stahlwerk. Ansprachen politischer Natur sind auf der "ESC"-Bühne nicht erlaubt, aber die Irritation verschwand schnell im lauten Applaus des Publikums in der Halle.

Sieger wurde das Kalush Orchestra übrigens wegen des Publkums-Votings. Hier belegten sie Platz eins, nicht aber beim Jury-Voting. Beide Votings fließen zu gleichen Teilen in die Zählung ein und ergeben letztlich das Gesamtergebnis. 192 Punkte kamen von den Fachjurys, 439 von den Zuschauerinnen und Zuschauern vor den Bildschirmen. Kurz nach dem Ende des Musikwettbewerbs gratulierte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und bestätigte, dass der "Eurovision Song Contest" 2023 in der Ukraine stattfinden soll – zum dritten Mal, wie er wohl nicht ohne Stolz schrieb. 2017 war der Wettbewerb zuletzt in Kiew zu Gast. Bezug nahm der Präsident auf die Botschaft der Band auf der Bühne: "Wir tun alles dafür, damit eines Tages das ukrainische Mariupol die Teilnehmer und Gäste der Eurovision empfängt. Ein freies, friedliches, wieder aufgebautes!"

Platz zwei ging diesmal an Großbritannien. Die Briten wurden 2021 Letzter, Sam Ryder mit seinem Titel "Space Man" machte dies aber vergessen. Beim Jury-Voting belegte Ryder sogar den ersten Rang. Auch von der deutschen Fachjury erhielt "Space Man" zwölf Punkte. Dritter wurde Spanien: Sie hatten Chanel mit dem Lied "SloMo" an den Start geschickt.

Wieder die 25

Eine weitere Pleite hingegen musste Deutschland hinnehmen. Auch in diesem Punkt sollten die Buchmacher übrigens recht behalten. Gemäß ihrer Einschätzung nach lag Malik Harris mit "Rockstars" auf dem letzten Rang – und genau so kam es dann auch. Harris trat als 13. an, die Bühne war eingerichtet wie ein heimisches Musikstudio. Dafür gab es im Voting aber gerade einmal sechs Punkte, was zu Platz 25 der 25 Teilnehmenden führte. Zum inzwischen dritten Mal in Folge wurde Deutschland nun 25. 2021 belegte Jendrik mit drei Gesamtpunkten diesen Rang, 2019 holte S!sters immerhin 24 Gesamtpunkte.

Das erneut schlechte Abschneiden dürfte den Druck auf den innerhalb der ARD zuständigen NDR gehörig erhöhen. Der diesjährige "ESC" untermauert die Erfolglosigkeit der deutschen Vorauswahl-Konzepte. In diesem Jahr kam ein gänzlich Neues zum Tragen: Dem deutschen Fernsehpublikum zur Auswahl gestellt wurden fünf Acts, die von Alexandra Wolfslast als Chefin der deutschen ESC-Delegation sowie von Vertreterinnen und Vertretern der ARD-Pop-Radio-Wellen ausgesucht wurden.