Als die übrigen Intendantinnen und Intendanten der ARD in einem bislang beispiellosen Schritt in einer spätabendlichen Schritt entschieden, der nach dem Abgang von Patricia Schlesinger amtierenden Geschäftsführung des RBB das Misstrauen auszusprechen, bezogen sie sich nicht nur auf Schlesingers Vertreter und kommissarischen Nachfolger Hagen Brandstäter, sondern das gesamte fünfköpfige Team, dem auch Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus angehört.

Brandstäter geht seinen Aufgaben inzwischen ohnehin nicht mehr nach, nachdem er für mehrere Wochen krankgeschrieben wurde. Stattdessen führt nun Jan Schulte-Kellinghaus als dienstältestes Mitglied der Geschäftsleitung erstmal die Geschäfte. Und obwohl der Geschäftsleitung auch von der eigenen Belegschaft das Misstrauen ausgesprochen worden war - erst am Dienstagabend war in einer von 500 Leuten verfassten Resolution unter anderem eine Neuaufstellung der Geschäftsleitung gefordet worden - will er diese Aufgabe bis auf weiteres auch wirklich wahrnehmen.

Wie der RBB selbst berichtet, schrieb Schulte-Kellinghaus im Intranet, dass es dem RBB nicht diene, wenn sich die amtierend Geschäftsführung "überhastet aus der Verantwortung" ziehe. Das verbliebene Team um Schulte-Kellinghaus wolle daher nun erstmal für Stabilität sorgen und auch einen Wirtschaftsplan für 2023 erstellen. Unterdessen sind die Aufsichtsgremien damit beschäftigt, möglichst zügig einen Interims-Intendanten bzw. eine Interims-Intendantin zu berufen. Am Dienstag fanden dazu auch rechtliche Beratungen mit den Regierungen statt, weil ein solcher Fall im RBB-Staatsvertrag nicht geregelt ist.

Die RBB-Belegschaft fordert unterdessen, in den Findungsprozess der neuen RBB-Führung mit einbezogen zu werden, sowohl was die Interims-Lösung als auch die später folgende reguläre Auschreibung und Besetzung anbelangt. "Hinterzimmer-Kungeleien und alte Seilschaften können wir uns nicht erlauben", heißt es dem RBB-Bericht zufolge in der Resolution. Auch generell wurden Reformen gefordert, die unverhältnismäßig starke Stellung der Intendantin oder des Intendanten bei gleichzeitig schwacher ehrenamtlicher Kontrolle dürfe es nicht mehr geben.

Um an der Neuaufstellung des RBB mitzuwirken, soll in den nächsten Tagen aus Personen aus der Belegschaft sowie auch von außen eine Aufklärungs- und Zukunftskommission gebildet werden, die unabhängig und im Auftrag aller RBB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter die Missstände aufklären und Empfehlungen geben soll, wie das Vertrauen zwischen Belegschaft und Führung wiederhergestellt und ähnliche Vorgänge in Zukunft verhindert werden könnten.

Und wie geht's weiter? Beim RBB tagt am Donnerstag nun wieder der Rundfunkrat, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Nach DWDL-Informationen treffen sich zudem am Donnerstag andernorts beim Hessischen Rundfunk auch wieder die übrigen ARD-Intendantinnen und -Intendanten zu einer weiteren außerplanmäßigen Sitzung.