Es war ein vergleichsweise marginaler Rückgang der Abo-Zahlen von 221,84 auf 221,64 Millionen Abos, die im Frühjahr dieses Jahres eine ganze Branche in helle Aufregung versetzte - dieser eigentlich überschaubare Verlust von unterm Strich 200.000 Kundinnen und Kunden innerhalb der ersten drei Monate des Jahres zeigten, dass das Wachstum auch für den Streaming-Riesen Netflix nicht unendlich ist. Im zweiten Quartal fiel der Abo-Rückgang mit fast einer Million zwar noch deutlicher aus, doch schon da wurde aufgeatmet: Er war deutlich geringer als Netflix selbst befürchtet hatte.
Nun hat Netflix die Zahlen fürs dritte Quartal veröffentlicht, die eigenen Prognosen erneut leicht übertroffen und auch wieder ein Abo-Wachstum ausweisen können. Zwischen Juli und September gewann Netflix per Saldo 2,41 Millionen zahlende Abonnentinnen und Abonnenten hinzu, machte die Verluste des ersten Halbjahres also wieder wett und steht mit 223,09 Millionen Abos nun wieder auf einem Rekord-Hoch. Das Abo-Wachstum auf Jahresfrist beträgt nun noch 4,5 Prozent. Für das vierte Quartal erwartet das Unternehmen einen weiteren Anstieg auf 227,59 Millionen Abos.
Die meisten neuen Abos verkaufte Netflix dabei erneut im Asien/Pazifik-Raum, entscheidend für den Umschwung war, dass aber auch das Gebiet EMEA (Europe, Middle East, Africa) wieder ein Abo-Plus von 570.000 vorweisen konnte und selbst im stark gesättigten Markt USA / Kanada, wo Netflix auch die mit Abstand höchsten Umsätze pro Kunde erzielt, nach starken Rückgängen nun wieder ein kleines Plus von rund 100.000 stand. Netflix hat also die Kurve bekommen, bleibt in Sachen Abo-Wachstum aber trotzdem weiterhin klar hinter früheren Jahren zurück. Zum Vergleich: Im dritten Quartal 2021 gewann Netflix noch 4,38 Millionen, im vierten Quartal 2021 sogar 8,28 Millionen Kundinnen und Kunden hinzu.
"Nach einer herausfordernden ersten Jahreshälfte glauben wir, auf dem Weg zu sein, das Wachstum wieder zu beschleunigen", schreibt das Unternehmen im Brief an seine Aktionärinnen und Aktionäre. Während man an dieser Front also durchatmen kann, schlägt ein anderer Effekt zunehmend negativ auf die Netflix-Bilanzen durch, auf den das Unternehmen keinen Einfluss hat: Der starke US-Dollar. Die Wechselkursschwankungen sorgen dafür, dass selbst dann, wenn im Ausland die Umsätze eigentlich steigen, in US-Dollar weniger bei Netflix ankommt.
Und so fiel der Umsatz mit 7,926 Milliarden US-Dollar der Umsatz trotz des Abo-Wachstums sogar etwas geringer aus als im Vorquartal, im vierten Quartal erwartet man einen weiteren leichten Rückgang auf 7,776 Milliarden. Beim Netto-Gewinn erwartet man fürs vierte Quartal nur noch 163 Millionen US-Dollar im Vergleich zu 607 Millionen ein Jahr zuvor. Doch immerhin: Es ist ein Gewinn. Einen Seitenhieb auf die versammelte Konkurrenz kann sich Netflix nämlich nicht verkneifen: "Unsere Konkurrenten investieren viel, um Abonnentinnen und Abonnenten zu gewinnen, aber der Aufbau eines großen Streaming-Geschäft ist schwierig. Wir schätzen, dass sie alle Geld verlieren." Für 2022 häufen die Konkurrenten laut Netflix-Schätzung wohl etwa operative Verluste von weit über zehn Milliarden US-Dollar an, während man bei Netflix mit einem operativen Gewinn von fünf bis sechs Milliarden US-Dollar rechnet.
Einige zusätzliche Abos erhofft man sich bei Netflix im vierten Quartal auch durch die Einführung des teilweise werbefinanzierte neuen Tarifs, der preislich somit unter dem bisherigen Einstiegspreis liegt - in Deutschland bei 4,99 Euro. Man sei "sehr optimistisch" was das neue Werbegeschäft angehe, allerdings dürfte es für Netflix auf absehbare Zeit trotzdem nur eine untergeordnete Rolle spielen und erst sukzessive über die nächsten Jahre wachsen. Dass nun massenhaft bereits existierende Abonnentinnen und Abonnenten zum günstigeren Modell wechseln, erwartet man bei Netflix jedenfalls nicht, als Zielgruppe sieht man eindeutig mögliche neue Kundschaft, für die man die Eintrittsschwelle damit senkt.
An den Märkten fiel die Reaktion auf die Netflix-Zahlen euphorisch aus: Im nachbörslichen Handel schoss der Aktienkurs um über 14 Prozent nach oben. Trotzdem notiert die Netflix-Aktie weiterhin bei deutlich weniger als der Häflte dessen, was sie noch zu Beginn des Jahres wert war.