Auf den besten Partys landet man irgendwann in der Küche. Das beherzigen auch die International Emmys und schicken ihre Preisträgerinnen und Preisträger nach zwei Jahren Corona-Pause mit alternativen Verleihungen am Montagabend wieder vom Ballsaal des New York Hilton durch die Küche. Zwischen Töpfen und Pfannen, irgendwo im Bauch dieses monströsen Hotels, sind bereits legendäre Jubel-Fotos entstanden, die das Renommee der weltbekannten Trophäe einfassen in die trostlose Durchschnittlichkeit einer Location, die Donald Trump gerade gut genug war, um am Wahlabend 2016 an dieser Stelle seinen größten Triumph zu feiern.

Küchen Selfie © Privat Der iEmmy-Jubel von "Familie Braun" (2017), "Deutschland 83" (2016) und "Das Wunder von Kärnten" (2013)

Durch diese Küche müssen alle, die bei den International Emmys gewonnen haben, weil es der kürzeste Weg von der Bühne des Ballsaals zum eingerichteten Pressezentrum ist. Für die Chance auf eine Besichtigung der Küche ist auch Michael Bully Herbig nach „Wetten, dass..?“ am Sonntag noch nach New York geflogen. Zusammen mit der angereisten Crew von Constantin Entertainment und Prime Video ist „LOL“ seine Chance auf den begehrtesten Backstage-Pass der Fernsehwelt, doch es wird schwer.

Nominiert ist die Comedyshow bei den 50. International Emmy Awards in der Kategorie „Best Non-Scripted Entertainment“ und tritt an gegen das argentinische „The Voice“ und „Top Chef Middle East“ sowie die Datingshow „Love on the Spectrum“, welche vom australischen Sender ABC aus dank Netflix um die Welt ging. Sie stellt sieben junge Erwachsene mit Autismus und ihre Suche nach Liebe in den Mittelpunkt. Angesichts der Verdienste um Inklusion geht die australische Produktion als Favorit ins Rennen.

Nimmt man den Ehrenpreis für den ehemaligen ZDF-Intendant Thomas Bellut im vergangenen Jahr raus, dann liegt der letzte deutsche Erfolg bei den International Emmy Awards schon vier Jahre zurück. 2018 wurde Anna Schudt für ihre Hauptrolle im Gaby Köster-Biopic „Ein Schnupfen hätte auch gereicht“ (Zeitsprung Pictures für RTL) ausgezeichnet - sicher eine der Überraschungen in der Historie deutscher Erfolge bei der Preisverleihung in New York. „Bad Banks“, „Charité“, Jannis Niewöhner und Emma Bading gingen in den Folgejahren leer aus. 2017 gewann „Familie Braun“ (Polyphon für ZDF) als beste Short-Form Series.

Besonders gut in Erinnerung bleibt das Jahr 2016 mit gleich drei International Emmys, die nach Deutschland gingen. Damals war es einerseits die international erfolgreiche RTL-Serie "Deutschland 83" (UFA Fiction für RTL), die den Preis als Beste Dramaserie einheimste. Zudem wurde Schauspielerin Christiane Paul für ihre Rolle im ARD-Spielfilm "Unterm Radar" (Enigma Film) ausgezeichnet und „Krieg der Lügen“ (Zischlermann Filmproduktion) wurde beste Dokumentation. So erfolgreich wie in jenem Jahr war das deutsche Fernsehen bei den International Emmy Awards zuvor und danach nicht - was allerdings auch davon abhängt, ob Sender und Produktionsfirmen ihre Werke überhaupt einreichen für den Wettbewerb.  

Für mehr Beteiligung aus Deutschland wirbt seit Jahren der Emmy-Botschafter und Doku-Produzent Leopold Hoesch, der 2005 mit dem ZDF-Film „Das Drama von Dresden“ selbst einen International Emmy gewann.  Er läutete eine Phase der größeren Aufmerksamkeit für die Auszeichnung in der deutschen Branche ein. Seit 2007 berichtet DWDL jährlich aus New York, ein Jahr später begann auch der Standort NRW seine Partnerschaft mit der International Academy of Television Arts & Sciences. Trotzdem: 2007 und 2008 sowie 2010 und 2011 gingen trotz Nominierungen keine Emmys nach Deutschland. 2015 gab es, wie auch erneut in 2021, nicht einmal eine Nominierung für ein deutsches Programm. 

Aber es gab auch erfolgreichere Jahrgänge, an denen die deutsche Delegation bei der Klassenfahrt nach New York mehr zu jubeln hatte. 2009 wurde die dreiteilige Miniserie „Die Wölfe“ (Ziegler Film für ZDF) ausgezeichnet, 2012 holte „Musik als Waffe“ (ZDF) einen Emmy in der Kategorie Best Arts Programming, 2013 gewann der Spielfilm „Das Wunder von Kärnten“ (Rowboat für ZDF/ORF) und 2014 die Miniserie „Unsere Mütter, unsere Väter“ (UFA Fiction fürs ZDF). ZDF-Fiktion könnte auch in den kommenden beiden Jahren wieder eine Rolle spielen: Im nächsten Jahr könnte „Die Wannseekonferenz“ (Constantin für ZDF) gute Chancen auf eine Nominierung haben und die teuerste Serienproduktion des ZDF, „Der Schwarm“, dürfte auch auf Emmy-Renommee in 2024 schielen.