Der neue ARD-Vorsitzende, Kai Gniffke, hat sich in einem seiner Antrittsinterviews gegen eine Fusion von ARD und ZDF ausgesprochen. "Unabhängiger Journalismus ist im Moment auf dem Rückzug, und deshalb wäre der Schritt, jetzt unsere Vielfalt in Deutschland weiter einzuschränken, aus meiner Sicht falsch", sagte Gniffke der dpa. "Ich bin der festen Überzeugung, dass uns der publizistische Wettbewerb in Deutschland bisher sehr gutgetan hat."

Bereits vor wenigen Tagen hatte sich ZDF-Intendant Norbert Himmler ähnlich geäußert. "Ich finde es falsch, den publizistischen Wettbewerb von ARD und ZDF infrage zu stellen. Ich halte ihn für essenziell", erklärte Himmler. "Stellen Sie sich vor, wir hätten nur noch eine öffentlich-rechtliche Nachrichtensendung in Deutschland oder nur noch von einem Sender Wahlberichterstattung. Das wäre eine Machtkonzentration in einer Hand, die gerade in Zeiten, in denen gefordert wird, dass Macht möglichst verteilt sein sollte, wirklich falsch ist."

Mit Blick auf die Dritten Programme betonte Kai Gniffke indes in der "Süddeutschen Zeitung" den Willen, intensiver innerhalb der ARD zusammenarbeiten zu wollen. Als Beispiel nannte er Gesundheits-Magazin. "Ist Arthrose in Bautzen nicht genauso unangenehm wie in Bitburg? Das ist nichts, das eine besondere regionale Farbe hat. Beim Regionalprogramm können wir Kräfte bündeln." Man sei zwar gesetzlich beauftragt, die Dritten Programme zu machen. "Aber es steht nicht in den Staatsverträgen drin, dass jeder alles mit der Hand gedrechselt selbst machen muss. Da wäre ein gemeinsamer Rahmen denkbar. Und dann gibt es noch einen wirklichen Paradigmenwechsel. Wir haben gesagt, nicht jeder Sender muss eine eigene Verbraucherredaktion haben oder eine eigene Gesundheitsredaktion oder mehrere Hörspiel-Studios."

Gniffke schlägt im Zuge dessen vor, sogenannte Kompetenzfelder zu pitchen. "Jeder Sender, jede Sendergruppe, kann dann vorstellen: Welche Expertise und welche Ressourcen bringe ich mit? Ich bin mir sicher, dass wir mit Arbeitsteilung zu journalistischer Exzellenz kommen. Wir brauchen nicht lauter kleine Teams, sondern journalistische Wucht." Darüber hinaus gebe es "eine feste Verabredung, dass wir auch bei den Radiowellen enger zusammenarbeiten", betonte der neue ARD-Vorsitzende im "SZ"-Interview, verwies jedoch auf die Politik. "Es liegt nicht in meiner Macht, Staatsverträge zu ändern, aber wenn sie geändert werden, kann man darüber reden, welche Radioprogramme man braucht."

Zugleich bekräftigte Kai Gniffke das Vorhaben, wonach die ARD in diesem Jahr damit beginnen wird, einen linearen Fernsehkanal ins Digitale zu überführen. Eine Entscheidung darüber, welcher das sein wird, stehe noch nicht fest. Denkbar ist jedoch der Spartensender One, über dessen Zukunft schon seit Jahren diskutiert wird. Ohnehin will Gniffke die Mediathek weiter stärken. "Wir brauchen Investitionen in die Technologie. Dann haben wir eine Riesenchance, noch in diesem Jahrzehnt der erfolgreichste Streaming-Anbieter in Deutschland zu sein", sagte der ARD-Vorsitzende.

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