Spätestens seit Elon Musk Twitter übernommen und einen Großteil der Mitarbeiter inklusive der Content-Moderatorinnen und -Moderatoren entlassen hat, wurde es noch einmal vor Augen geführt: Die öffentliche Debatte im Netz hängt zu einem beträchtlichen Teil an privatwirtschaftlich meist aus den USA heraus geführten Plattformen, die Regeln nach Gutdünken von heute auf morgen ändern können und deren Maßnahmen gegen Desinformation und Hass ebenfalls vor allem vom Gutdünken der Eigentümer abhängen. Dem will das ZDF gerne mit einer öffentlich-rechtlichen Alternative begegnen.

Da das kaum auf nationalstaatlicher Ebene möglich ist, tut man sich dafür mit der kanadischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt CBC, der Schweizer SRG SSR und RTBF aus Belgien zusammen zum Forschungsprojekt "Public Spaces Incubator" zusammen. Ziel sei es, "online-basierte Lösungen entwickeln, um bürgerliches Engagement und den demokratischen Diskurs im digitalen Raum abseits von Hasskommentaren und zunehmender Desinformation zu ermöglichen", wie es in einer Mitteilung des ZDF heißt. Dafür sollen "innovative Bausteine für offene und respektvoll geführte Online-Diskussionen" entwickelt und getestet werden - unabhängig von kommerziellen Überlegungen.

Norbert Himmler © ZDF/Tim Thiel
ZDF-Intendant Norbert Himmler: "Die Demokratie lebt von einem offenen und fairen Dialog in der Gesellschaft. Das dürfen wir nicht den amerikanischen Großplattformen überlassen. Das Projekt 'Public Spaces Incubator' soll Wege aufzeigen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk unabhängige und faktenbasierte Kommunikationsräume in der digitalen Welt aufbauen kann. Unser gemeinsames Ziel ist es, der Zunahme von Hass, Gewalt, Propaganda und Diffamierung in den sozialen Medien mit einer öffentlich-rechtlichen Alternative zu begegnen." 

Der Auftrag ist damit also recht offen gehalten, zunächst geht es darum zu ergründen, was überhaupt möglich und sinnvoll erscheinen würde. Die vier Rundfunkhäuser holen sich dabei Unterstützung von der gemeinnützigen Organisation New_ Public, die über Erfahrungen und Expertise in nicht-profitorientierte digitaler Kommunikation verfügt. Mitgründer Eli Pariser ist in Deutschland als Autor des Buchs „The Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden“ bekannt. Pariser und Co-Gründerin Deepti Doshi konzipieren mit einem Team aus Designerinnen, Technologen, Zukunftsforscherinnen und Community-Buildern Modelle, "damit sich Menschen besser verstehen und vernetzen sowie soziale Technologien kompetent verwenden, pflegen und unterhalten können", wie es in der Selbstbeschreibung heißt.

Mehr über das neue Forschungsprojekt, die aktuelle Diskussion über die Öffentlich-Rechtlichen und Reformen im ZDF lesen Sie morgen im großen DWDL-Interview mit ZDF-Intendant Norbert Himmler.