Das Klagen der Politik über zu hohe Bedarfsanmeldungen der öffentlich-rechtlichen Sender ist schon wieder laut zu vernehmen - doch wenn es um grundlegende Reformen des öffentlich-rechtlichen Systems geht, sind sich die Medienpolitikerinnen und -politiker schon weit weniger einig. Helfen soll nun ein sogenannter "Zukunftsrat", den man in diesem Frühjahr berufen hat und in dem nun acht Menschen über Vorschläge zu möglichen Reformen brüten und die Politik dann beraten sollen.

Die acht dem Gremium angehörenden Personen sind der ehemalige SRG-Chef Roger de Weck, Filmproduzentin und ehemalige BR-Fernsehdirektorin Bettina Reitz, Urheberrechtsexpertin Nadine Klass, Ex-Bundesverfassungsrichter und Ex-Innenminister von Thüringen Peter M. Huber, Medienrechtler Mark D. Cole, Journalistin Maria Exner (ehemals "Zeit Magazin"), die frühere Gruner+Jahr-Chefin Julia Jäkel und die Digitaljournalismus-Professorin Annika Sehl.

Kritik an der Zusammensetzung dieses recht kleinen Gremiums gab es schon häufiger, nun hat sich eine breite Allianz aus über 30 Verbänden und zivilgesellschaftlichen Initiativen zusammengetan und in einem Offenen Brief die Kritik gebündelt. Angeführt wird diese Allianz von der Deutschen Akademie für Fernsehen, in der Fernsehschaffende der unterschiedlichsten Gewerke zusammengeschlossen sind. Gemeinsam fordern sie eine "angemessene Beteiligung am Reformprozess der öffentlich-rechtlichen Medien".

Zwar erklären sie, dass man keine Konkurrenz zum "Zukunftsrat" sein wolle, sondern lediglich eine Ergänzung, lässt aber keinen Zweifel daran, wie wenig man von dem Gremum hält. "Beratungen über die Reform der ö/r Medien lediglich einigen wenigen Expert*innen zu überlassen, verfehlt den Reformansatz schon a priori. Wir bedauern außerordentlich, dass die Berufung des 'Zukunftsrates' in einem parteipolitisch motivierten, intransparenten Prozess erfolgt ist", heißt es da etwa. Zwar stelle man die Kompetenz einzelner Mitglieder nicht infrage, die Zusammensetzung sei aber unausgewogen und lückenhaft.

"Als Programmacher*innen und Medienschaffende verstehen wir uns als diejenigen, die das öffentlich-rechtliche Mediensystem de facto betreiben. Wenn unsere Expertise, die sich auf alle Bereiche der Medienproduktion bezieht, in den Reformgesprächen nicht berücksichtigt wird, werden alle Reformvorschläge zum Scheitern verurteilt sein." Auch müsse die Perspektive des Publikums unbedingt mit einbezogen werden, wenn wieder gesellschaftliche Akzeptanz erreicht werden solle.

Als Denkanstöße für die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien wird unter anderem angeführt, dass alle Entscheidungen "über Inhalte, Produktionsweisen, Organisations- und Kommunikationsstrukturen öffentlich transparent und nachvollziehbar gemacht werden." Die hierarchischen Abhängigkeiten in den Anstalten müssten aufgebrochen werden, Redaktionsstatuten sollten für mehr Unabhängigkeit sorgen. Auch regen sie einen senderunabhängigen "Medieninnovationsfonds" an, der "kontinuierlich Verfahren und Instrumente für ein ö/r Medienangebot der Zukunft" testen solle. Eine professionellere Aufsicht und mehr Bürgerbeteiligung werden ebenfalls gefordert. "Denkbar ist etwa die periodische Einberufung von Bürgerräten bei der Programmplanung und -evaluierung", heißt es im Offenen Brief.

Diskutieren würde man all das gerne in einem "umfassenden Medienkonvent", zudem fordere man die Schaffung einer gemeinsamen Plattform, um über Reformkonzepte ins Gespräch zu kommen. Zudem solle die Politik "Ressourcen bereitstellen, um transparente Strukturen zu schaffen, die für umfassend gedachte Beteiligungsformate notwendig sind."

Der komplette Offene Brief lässt sich auf den Seiten der Fernseh-Akademie nachlesen.