Foto: N24 / Martin LengemannWer am Wochenende die Berichterstattung der "Bild am Sonntag" zur RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar" verfolgt hat, dürfte sich ein wenig gewundert haben, dass das Blatt durchaus kritische Töne anschlägt. Die Pre-Castings zur Sendung, die die Kandidaten durchlaufen mussten, bevor Sie zur hochherrschaftlichen Jury um Dieter Bohlen vorgelassen wurden, sollen den Fokus besonders stark auf Fähigkeiten abseits der Sangeskunst gelegt haben, heißt es in dem Bericht.
 
"Ich sollte nur Faxen machen, damit die Jury ihre dummen Sprüche ablassen konnte. Das hat mit Gesangswettbewerb nichts zu tun. Das ist Beschiss und Volksverarsche", zitiert das Blatt einen Teilnehmer der Sendung. Auch einer Kandidatin mit zweifelhafter Eignung zum Superstar habe man im Vorfeld auf Nachfrage immer wieder beteuert, sie sei durchaus geeignet. Das Ergebnis: Ein gnadenloser Verriss durch Dieter Bohlen, der auch über den Sender ging. "Ich wollte mein Können beweisen, aber es ging 100 Prozent darum, dass ich lächerlich gemacht werde", sagte die Kandidatin dem Blatt und prüft laut Bericht nun rechtliche Schritte.

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Für RTL hingegen handelt es sich dabei um ein absolut übliches Vorgehen, da "witzige und skurrile Castingszenen" durchaus zum Konzept der Sendung gehörten. Szenen, die die werktägliche Tageszeitung "Bild" dankbar aufgreift und genüsslich ausschlachtet. Gerne auch versehen mit künstlicher Aufregung über die sprachliche Härte eines Dieter Bohlen - nicht ohne die "schlimmsten" Sprüche zu zitieren. So verwies das Blatt nach der ersten Folge auch hämisch auf die Website einer besonders schrägen Kandidatin mit zweifelhaftem Geisteszustand. Was "Bild" nicht erwähnte: Das Webangebot mit kostenpflichtigen Downloads gehört zur RTL-Tochter RTL Interactive.
 
Für Kenner hingegen ist die widersprüchliche Berichterstattung - unter der Woche aufmerksamkeitsheischende Aufregung mit Appetitmacherfunktion, am Wochenende ernsthaft kritisches Draufschlagen - nicht verwunderlich. So fährt die "Bild am Sonntag" unter Chefredakteur Claus Strunz (Bild) einen anderen redaktionellen Kurs als die "Bild" des Kai Diekmann. So hat Strunz auch eine gemeinsame Unterhaltungsredaktion beider Blätter unter der Leitung von Martin Heidemanns bereits frühzeitig wieder aufgelöst. Die redaktionelle Vorgehensweise beider Blätter unterscheidet sich nicht nur in Sachen Bohlen. Auch politisch gehen beide Redaktionen zu Weilen getrennte Wege.

Man darf gespannt sein, wie die Berichterstattung rund um den RTL-Quotenrenner weitergehen wird. Schließlich wird "Bild" vor dem Finale an einem Samstag das letzte Wort haben - und "BamS" am Tag danach das erste.