Steffen Klusmann © David Maupile/Der Spiegel Steffen Klusmann
Seit dem frühen Mittwochnachmittag herrscht Aufregung im Hamburger Spiegel-Verlag. Zu diesem Zeitpunkt hatte neben dem Medienmagazin DWDL.de auch das Springer-Portal "Business Insider" über die wohl bevorstehende Abberufung von Chefredakteur Steffen Klusmann berichtet. Die Geschäftsführung des Verlags will Klusmann ersetzen, der Chefredakteur selbst hatte am Mittwoch in einer Redaktionskonferenz entsprechende Andeutungen gemacht. 

Während es auch Stunden nach dieser Meldung noch immer keine offizielle Stellungnahme des "Spiegels" gibt, die für Klarheit in der Sache sorgt, formiert sich nun Widerstand gegen den Kurs der Geschäftsführung. Etliche Redakteurinnen und Redakteure haben einen Protestbrief an die "Spiegel"-Gesellschafter, die Geschäftsführer des Verlags sowie an die mächtige Mitarbeiter KG, die die Mehrheit an der Gruppe hält, verfasst und unterzeichnet. 

Darin heißt es, dass man "erschüttert" sei über die jüngsten Entwicklungen im Unternehmen. Mitten im laufenden Strategieprozess und kurz nach der Veröffentlichung der guten Geschäftszahlen für 2022 werde "für uns völlig überraschend die Chefredaktion infrage gestellt". In "schlechter Tradition", so die Redakteurinnen und Redakteure in ihrem Schreiben, würden viele Kollegen davon erst über die Medien erfahren.

Dem Eindruck, es gebe in der Redaktion den Wunsch, die Chefredaktion abzusetzen, wollen die Unterzeichnenden entgegentreten. "Es ist für uns nicht ersichtlich, warum nun womöglich erneut ein Chefredakteur gehen soll, anstatt dass Geschäftsführung und Chefredaktion eine gemeinsame Strategie erarbeiten und für Stabilität und Kontinuität sorgen." Ein Auswechseln der Chefredaktion würde "keines unserer aktuellen Probleme lösen", heißt es in dem Brief weiter. "Im Gegenteil, dies hätte eine erneute, mehrmonatige Lähmung des ganzen Hauses zur Folge." 

Die Redakteurinnen und Redakteure fordern die Mitarbeiter KG sowie die Geschäftsführung außerdem dazu auf, ihren "destruktiven Kurs zu verlassen". Am Mittwochnachmittag habe es auf Initiative einiger Mitarbeitenden eine Aussprache mit zwei Vertretern der Mitarbeiter KG gegeben. Das hat innerhalb der Redaktion aber nicht für Klarheit gesorgt - im Gegenteil. Die Verwirrung sei noch verstärkt worden, heißt es in dem Protestschreiben. Den vollständigen Brief der "Spiegel"-Redakteure hat "Business Insider" veröffentlicht. Wie viele Personen das Schreiben unterzeichnet haben, ist nicht klar. Es gibt auch Redakteurinnen und Redakteure, die die Arbeit von Klusmann weniger positiv sehen. Das Pro-Klusmann-Lager innerhalb der Redaktion ist aktuell jedoch in jedem Fall das lautere. 

Unterdessen berichtet "turi2" von einem möglichen Nachfolger Klusmanns. Nach Angaben des Mediendienstes könnte Dirk Kurbjuweit neuer "Spiegel"-Chefredakteur werden, sollte Klusmann tatsächlich gehen. "turi2" beruft sich in seiner Meldung auf das "Verlagsumfeld" und schreibt auch, dass bereits Vertragsverhandlungen laufen sollen. Kurbjuweit selbst habe die Information auf Nachfrage nicht kommentieren wollen. Der Journalist steht bereits seit 1999 in den Diensten des Nachrichtenmagazins und war von 2015 bis 2018 schon einmal Vize-Chefredakteur, seither leitet er das Hauptstadtbüro des "Spiegels".