Holger Friedrich ist in diesen Tagen mal wieder häufiger in den Schlagzeilen, als es ihm wohl lieb ist. Gerade erst hat ihn der Deutsche Presserat für einen Bruch des Informantenschutzes gerügt (DWDL.de berichtete), da hat er nun auch noch die Verschlossene Auster 2023 von Netzwerk Recherche in der gleichen Sache erhalten. Der Negativpreis wird bereits seit mehr als 20 vergeben und würdigt normalerweise Menschen oder Institutionen, die Informationen zurückhalten, Friedrich ist also eine Ausnahme. 

Presserat sowie Netzwerk Recherche beziehen sich in ihrer Rüge bzw. der "Preis"-Verleihung auf die Tatsache, dass der ehemalige "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt dem Verleger der "Berliner Zeitung" in diesem Frühjahr Informationen anbot. Anders als bei Informanten üblich, behandelte Friedrich diese aber nicht vertraulich. Er ging damit zu Springer und machte den Verlag mit dem Vorgang vertraut. Damit habe er den Quellenschutz gebrochen – eines der Grundprinzipien des Journalismus, argumentiert Netzwerk Recherche nun in der Begründung für die Auszeichnung. 

"Die Verschlossene Auster verleihen wir normalerweise an Menschen, die Informationen zurückhalten. Den Bruch des Quellenschutzes durch Holger Friedrich halten wir jedoch für so gravierend, dass wir in diesem Jahr eine Ausnahme machen und Friedrich mit dem Negativpreis der Verschlossenen Auster auszeichnen", sagt Daniel Drepper, Vorsitzender des Netzwerk Recherche. Die Organisation spricht zudem von einem "erschreckenden und zerstörerischen Umgang mit dem journalistischen Informantenschutz".

Tatsächlich stand schon kurz nach Bekanntwerden des Vorgangs die Frage im Raum, welche Konsequenzen dieser für die "Berliner Zeitung" haben könnte. Die Presserats-Rüge und die Verschlossene Auster für Holger Friedrich sind Symbole. Was aber passiert, wenn sich potenzielle Informanten wegen des Gebarens des Verleger nun nicht mehr an die Redaktion wenden? Friedrich hat offenbar nicht die Befürchtung, die Redaktion mit seinem Verhalten in Misskredit zu bringen. Gegenüber dem "Manager Magazin" erklärt Friedrich bereits vor Wochen, es habe sich bei Reichelt um einen "Grenzfall" gehandelt, den man diskutiert habe. "Doch es ist eine Frage professioneller Standards, den anderen darüber zu informieren, dass mir unsaubere Informationen zur Verfügung gestellt wurden. [...] Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der private Informationen von exponierten Personen öffentlich werden."

Holger Friedrich teilte Netzwerk Recherche nach Angaben der Journalistenorganisation schriftlich mit, er könne nicht zur Preisverleihung nach Hamburg kommen, da er im Ausland sei. Die Laudatio auf der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche hat Georg Mascolo gehalten. Die Verschlossene Auster ging in den vergangenen Jahren unter anderem an Tesla, die Hohenzollern, Facebook, die bayerische Staatsregierung und die Regenbogenpresse.