Fiction-Produzentinnen und -Produzenten können sich einen Besuch in der Sky-Zentrale in Unterföhring ab sofort sparen. Der bittere Grund: Sky Deutschland wird künftig nicht mehr in eigenproduzierte Fiction investieren. Das geht aus einem internen Schreiben hervor, in dem Sky-Deutschland-Chef Devesh Raj die Belegschaft am Donnerstagvormittag über diesen Schritt informiert hat. 

Seit Sky vor acht Jahren in diesen Bereich vorgestoßen sei, hätten sich die Unterhaltungsbranche, die Inhalte-Landschaft und das Zuschauerverhalten rasant entwickelt - "und damit auch das Sky-Geschäft", so Raj in dem Schreiben, aus dem der US-Branchendienst "Variety" zuerst zitierte und das auch DWDL.de vorliegt. Raj verweist darin zugleich auf gestiegene Kosten und wachsende Konkurrenz, durch die es für Drama-Serien schwieriger geworden sei sich durchzusetzen. 

"Da wir uns weiterhin auf den Aufbau eines nachhaltigen Geschäfts in der DACH-Region konzentrieren, müssen wir harte Entscheidungen darüber treffen, wo wir unsere Investitionen einsetzen, um sicherzustellen, dass wir einen Mehrwert für das Unternehmen und unsere Kunden schaffen", begründete der Sky-Deutschland-Chef die Entscheidung. Demnach soll die Produktion neuer Sky Originals in Deutschland ab 2024 eingestellt werden.

Man sei jedoch entschlossen, die derzeit in Produktion befindlichen Projekte abzuschließen. Konkret handelt es sich dabei wohl um das Drama "Helgoland 513" und die vierte Staffel von "Das Boot". Eine fünfte Staffel von "Babylon Berlin" dürfte es vor diesem Hintergrund wohl kaum geben. Cécile Frot-Coutaz, CEO von Sky Studios, erklärte in einer weiteren internen Mitteilung, aus der "Variety" zitiert, dass alle anderen Projekte "in den Turnaround versetzt" und damit nicht weiterverfolgt werden.

Zuletzt hatte Sky Deutschland mehrere Projekte in der Entwicklung, darunter eine Neuinterpretation von "Frankenstein" und das Nazi-Drama "Huntsville AL". Im vorigen Jahr kündigte Sky zudem mit "Garten Eden" ein Familiendrama über einen Koch mit bipolarer Störung und eine Klinikserie namens "KraNK" an. Bemerkenswert: Kaum mehr als zwei Wochen ist es her, dass Sky Deutschland mit "Public Affairs" eine neue Dramedy in Aussicht gestellt hatte (DWDL.de berichtete). Schon alleine das zeigt, wie kurzfristig die Entscheidung getroffen worden sein muss.

Ochsenknechts statt Dramaserien

"Natürlich fällt uns diese Entscheidung nicht leicht und sie bleibt nicht ohne Folgen für unsere Mitarbeiter", stellte Devesh Raj am Donnerstag klar und bedankte sich zugleich bei der Belegschaft für "ihr anhaltendes Engagement, ihre Hingabe und ihre Leidenschaft". Vor diesem Hintergrund ist nun auch klar, weshalb Sky sehr kurzfristig sein eigentlich für diese Woche angekündigtes Event "Sky Up Next" im Rahmen des Filmfest München abgeblasen hat. Auffällig auch, wie schmallippig Elke Walthelm erst vor wenigen Tagen im - kurioserweise von Sky selbst initiierten - DWDL.de-Interview hinsichtlich weiterer Investitionen in die Fiction antwortete. Darauf angesprochen, sprach sie über "neue, kreative Ideen" - und die Fortsetzung der Dokusoap "Diese Ochsenknechts".

Auf DWDL.de-Nachfrage hat ein Sky-Sprecher das Fiction-Aus am Donnerstagmittag auch offiziell bestätigt. "Wir sind überzeugt, dass wir mit unserer Position als Anbieter von hochwertigem, akquiriertem Content, einem unvergleichlichen Sportangebot und dem besten Aggregationsangebot von Entertainment-Apps auf Sky Q, sowie mit unserem Streaming-Service Wow, gut im Markt aufgestellt sind. Wir haben deshalb die Entscheidung getroffen, die Produktion neuer fiktionaler Sky Originals ab 2024 nicht fortzuführen", hieß es am Nachmittag aus Unterföhring. Und weiter: "Wir möchten all unseren Partnern sowie Kolleginnen und Kollegen für ihren signifikanten Beitrag zur Produktion unserer Sky Originals in den letzten Jahren danken."

Zur Wahrheit gehört auch, dass - abgesehen von Ausnahmen wie "Der Pass" oder "Babylon Berlin" - keines der deutschen Originals einen echten Impact auf andere Sky-Märkte hatte. Dass der Entschluss, die deutschen Eigenproduktionen künftig nicht mehr weiterzuverfolgen, dennoch recht kurzfristig gefallen sein muss, zeigen zwei frische Personalien: Erst im Mai hatte Sky Studios angekündigt, Julia Rappold von der Produktionsfirma Lieblingsfilm im Herbst in das Team für deutsche Eigenproduktionen holen zu wollen, nachdem Stella Flicker schon zu Jahresbeginn von der Letterbox Filmproduktion kam (DWDL.de berichtete).

So überraschend die jüngste Entscheidung auch ist - sie fällt zusammen mit einer monatelangen Hängepartie bei Sky. Schon seit Ende vergangenen Jahres steht ein möglicher Verkauf von Sky Deutschland im Raum, doch eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Aktuell wird in der Branche über ein mögliches Interesse von ProSiebenSat.1 spekuliert, doch das ist nach DWDL.de-Informationen wohl eher kein Thema mehr, auch wenn es durchaus Anknüpfungspunkte gäbe - nicht nur, weil beide Unternehmen in direkter Nachbarschaft ihren Sitz haben. Hinter vorgehaltener Hand dementiert ProSiebenSat.1 die jüngst beim Filmfest München aufgekommenen Spekulationen jedenfalls vehement. 

Und so ist Sky Deutschland vorerst in erster Linie dazu angehalten, die Kosten möglichst schnell zu reduzieren. Während Lizenz-Deals im Serien- und Sportbereich meist langfristig geregelt sind, lässt sich die Notbremsung wohl am schnellsten im Bereich fiktionaler Eigenproduktionen umsetzen.