Wirtschaftlich herausfordernde Zeiten ist die TV-Branche inzwischen gewohnt, der Mix aus rasant steigenden Kosten mit einem deutlichen Einbruch am Werbemarkt, wo sich einfach kein Silberstreif am Horizont abzeichnen will, könnte den Verantwortlichen nun aber doch so langsam die Laune verhageln, könnte man meinen - auch angesichts Sparprogrammen und Stellenabbau an vielen Stellen. Doch von Verzagtheit war auf dem TV-Gipfel der "Medientage München" nichts zu spüren. Dafür stehen die Zeichen mehr denn je auf Kooperationen, die noch vor wenigen Jahren kaum denkbar erschienen.

Man erinnert sich schließlich noch allzu gut an die Zeiten, in denen insbesondere die US-Konzerne am liebsten nur noch für ihre eigenen Plattformen produzieren wollten. Da ist es also durchaus bemerkenswert, dass es insbesondere Eun-Kyung Park, seit einigen Monaten Deutschland-Chefin von Disney, war, die das Thema Kooperationen in der Diskussion immer wieder nach vorne stellte. "Jetzt ist die beste Zeit, als Branche zusammenzurücken", um als Branche aus der Krise gestärkt hervorzugehen, so Park.

Gerade weil es heute so schwierig ist, neue Marken zu etablieren, müsse man überlegen, ob es auch Themen gebe, die man gemeinsam über verschiedene Plattformen hinweg groß machen könne. "Wenn jemand kommt und sagt, dass er ein spannendes Format für Disney+ und ProSieben hat, dann sind wir dafür offen", so Eun-Kyung Park. 

Auch Henrik Pabst, der bei Seven.One Entertainment als Chief Content Officer fungiert, zeigte sich für eine solche Zusammenarbeit offen. Man brauche eine höhere Flexibilität, um gemeinsam neue Marken aufzubauen. Damit das funktioniert, müsse man sich aber auf eine andere Windowing-Strategie einigen. "Wenn wir gemeinsam Content finanzieren wollen, brauchen wir kürzere Fenster, um gemeinsam Marketing machen zu können".

Dies könne beispielsweise so aussehen, dass ein internationaler Streamer eine gemeinsame Produktion nur einen Monat exklusiv habe, dann folge die Free-TV-Auswertung und auch die Auswertung auf der eigenen Plattform Joyn, während der Streamer das Programm auch weiter anbietet. Und dies sei längst nicht nur bei fiktionalen, sondern auch bei non-fiktionalen Formaten denkbar. "Wir sind ganz offen, mit Streamern zusammenzuarbeiten", so Pabst.

Während die Ausführungen von Henrik Pabst schon so konkret klangen, dass man jeden Moment die Ankündigung eines solchen gemeinsamen Projekts erwartete, gab sich RTL-Programmgeschäftsführerin Inga Leschek zwar etwas zurückhaltender, sagte aber ebenfalls: "Exklusivität ist nicht die Kraft. Die Marke ist die Kraft." Manche Plattformen seien schließlich so komplementär aufgestellt, dass es auch nicht schaden würde, wenn ein Inhalt bei zwei Anbietern verfübar sei. "Wir haben da überhaupt keine Scheuklappen", so Leschek.

Die Lust auf Kooperationen erklärt sich dabei natürlich vor allem auch in der Tatsache, dass damit die Kosten für teure Produktionen geteilt werden können. Hier dürfte in den nächsten Monaten noch genauer gerechnet werden. "Der Einsatz, den wir investieren, muss zu dem passen, was heraus kommt", sagte Seven.One-Manager Henrik Pabst. Und wenn Inga Leschek sagt, dass man die Investition in Inhalte trotz der Werbekrise 2024 konstant halten will, dann bedeutet das angesichts steigender Kosten eben auch, dass man womöglich etwas weniger Output wird liefern können. Um so wichtiger aber, dass man den Medien nicht weitere Stöcke zwischen die Speichen wirft, sagt Leschek vor allem mit Blick auf die angedachten Werbebeschränkungen bei Lebensmitteln: "In schwierigen Zeiten brauchen wir Unterstützung, nicht weitere Einschränkungen."

Apropos Kooperationen: Die soll es bei ProSiebenSat.1 bekanntlich auch mit dem Großaktionär MediaForEurope geben. Allerdings, das betonten sowohl Henrik Pabst als auch die MFE-Vertreterin Katharina Behrends, hier explizit nicht auf inhaltlicher Ebene. Stattdessen hat man Arbeitsgruppen gebildet, um etwa im Bereich AdTech und Programmatic TV länderübergreifend Synergien zu heben. Auch im Bereich Reichweitenmessung regte sie eine Vereinheitlichung an. "Jedes Land hat andere Messsysteme. Das können wir uns in Zukunft nicht mehr leisten", ist sich Behrends sicher. Bei der AGF wird man's interessiert zur Kenntnis nehmen.