Wer an die Zukunft des Fernsehens denkt, dem werden Streamingdienste in den Sinn kommen oder innovative Show-Formate. Der gute, alte Teletext dürfte hingegen eher niemandem in den Sinn kommen. Es war der 1. Juni 1980, an dem ARD und ZDF den Vorläufer ihrer heutigen Teletexte in einem gemeinsamen Testbetrieb auf Sendung schickten. Damals war das noch ein Ding für Nerds: Als der damalige SFB-Intendant Wolfgang Haus den roten Knopf drückte, waren gerade mal 70.000 Haushalte mit teletextfähigen Fernsehgeräten ausgestattet. 20 Jahre später wurde mit mehr als 40 Millionen Nutzerinnen und Nutzern ein Rekordwert aufgestellt. Damals war übrigens der Sat.1-Text Marktführer in diesem Genre, das schon zu dieser Zeit mit seinen 1000 Zeichen pro Seite reichlich antiquiert wirkte.

Und heute? Da spielt der Teletext noch immer eine nicht unwesentliche Rolle, zumindest für die großen Fernsehsender, die nach wie vor mit einigem Aufwand ihre entsprechenden Angebote pflegen. Tatsächlich riefen auch 2023 nach wie vor etwa zehn Millionen Menschen mehrmals in der Woche ein Teletext-Angebot auf. Der weiteste Nutzerkreis – also Menschen, die häufig, gelegentlich oder selten einen Teletext aufrufen, umfasst sogar etwa 20 Millionen.

Frauke Langguth © ARD/RBB/Jenny Sieboldt Frauke Langguth
"Gegenüber dem Vorjahr sind die absoluten Größen des Teletext-Publikums relativ konstant", sagt Frauke Langguth, die den ARD-Text verantwortet. Dieser ist nach wie vor für gut drei Viertel des Teletext-Publikums eine Anlaufadresse. "Diese Anteile sind im Zeitverlauf sehr stabil", so Langguth gegenüber DWDL.de. Konkret sind knapp fünf Millionen Menschen häufige Nutzerinnen und Nutzer des ARD-Texts, insgesamt zählen etwa zehn Millionen zum gelegentlichen und sogar 15 Millionen zum sporadischen Nutzerkreis.

"Für viele Zuschauerinnen und Zuschauer ist der Teletext nach wie vor unverzichtbarer Teil ihres Medienalltags", betont die Leiterin des ARD-Texts. Während der Corona-Pandemie habe es sogar noch einmal Anstiege in der Nutzung gegeben. Die Vorlieben der Zuschauerinnen und Zuschauer seien dabei über die Jahre konstant. "Wichtigste Anlässe, den Teletext aufzurufen, sind für die Nutzer die schnelle Information zur Nachrichtenlage, die Sportergebnisse sowie das Einholen von Zusatzinformationen zu Fernsehsendungen", sagt Langguth.

Ähnlich sieht das auch beim ZDF aus, dessen Teletext eigenen Angaben zufolge von rund 1,87 Millionen Menschen pro Tag genutzt wird. Zwar werde seit 2019 nur noch die Gesamtzahl der Nutzerinnen und Nutzer ermittelt. "Jedoch wissen wir aus früheren Erhebungen, dass vor allem die Ressorts News, Sport und Wetter stark nachgefragt werden", erklärt Eckart Gaddum, Leiter der Hauptredaktion Digitale Medien im ZDF. Dort wird auch weiterhin an dem Angebots gearbeitet – oberste Priorität hat der ZDF-Text aber freilich nicht mehr. "Das ZDF arbeitet an einer weiteren Automatisierung des Textangebots, um den Aufwand zu reduzieren", so Gaddum.

Eine allzu große Weiterentwicklung ist freilich nicht zu erwarten, weil zumindest der klassische Teletext schlicht ausgereizt ist. "Die Weiterentwicklung fokussiert sich auf die fortlaufende Optimierung unseres Inhaltsangebots im Teletext", betont ein RTL-Sprecher auf DWDL.de-Nachfrage. Tatsächlich haben auch die Privatsender das in die Jahre gekommene Medium noch nicht zu den Akten gelegt. Bei RTL sieht man "auch nach über 30 Jahren eine große Nachfrage", sagt der Sprecher und verweist auf "treue Nutzerinnen und Nutzer". "Wir verstehen den Teletext als Serviceangebot, über das einfach und ohne das Medium zu wechseln tagesaktuelle und relevante Informationen abgerufen werden können. Für uns haben die Teletextangebote nach wie vor einen hohen Stellenwert, da sie von unseren Zuschauerinnen und Zuschauern genutzt werden. Dabei wissen wir, dass gerade die unveränderliche Optik für viele Nutzende den Charme des Teletext ausmacht."

Der Teletext als App

Mit einem Ende des Teletexts ist also vorerst nicht zu rechnen – und daran dürfte auch der Wegfall des sogenannten Nebenkostenprivilegs nichts ändern, das ab Sommer dafür sorgen dürfte, dass sich einige Zuschauerinnen und Zuschauer vom klassischen Kabelanschluss verabschieden werden. Wer sein TV-Signal etwa über die neueste MagentaTV-Generation bezieht, kann bekanntlich schon heute nicht mehr auf den Teletext zugreifen. Wer dennoch nicht ohne kann, dem bleibt am Ende nur die App. Kein Spaß: Die ARD bietet ihren Teletext schon seit Jahren ganz offiziell auch fürs Smartphone an und auch ProSiebenSat.1 stellt ein entsprechendes Angebot in den App-Stores bereit. Auf diese Weise kommt das althergebrachte Medium plötzlich doch noch einmal ganz modern daher.

Ohnehin beweist ProSieben in diesen Tagen, wie viel Liebe für den Teletext auch im Jahr 2024 noch immer vorhanden ist. Denn wer kürzlich die ProSieben-Text-Seite 326 anwählt, bekam - in Anspielung an die aktuelle "Wer stiehlt mir die Show?"-Staffel - die "Arabella"-Themen des Tages serviert, umrahmt von Nachrichten aus dem Jahr 1994 und, "für Norwegen-Fans", Werbung für die "Sexy-Fjord-Clips". Aktuell lässt sich dort "Ihr Lieblingsmoderator" Klaas Heufer-Umlauf in der dem Medium sehr eigenen Optik "zum Abpausen" betrachten. "Bei all den technologischen und medialen Veränderungen", heißt es auch von RTL, "bleibt der Teletext auf absehbare Zeit das, was er offensichtlich für viele Menschen noch ist – der wohl wichtigste Kurznachrichtendienst auf Abruf."