Wie schwierig das zurückliegende Jahr für die großen deutschen TV-Konzerne war, zeigt alleine schon die Tatsache, dass die RTL Group ihre Prognose 2023 gleich zwei Mal nach unten korrigieren musste. Nun hat man die Geschäftszahlen für das abgelaufene Jahr präsentiert und die zuletzt im November 2023 angepasste Prognose erreicht. Demnach lag der Umsatz aller Aktivitäten bei 6,9 Milliarden Euro und damit im angepeilten Bereich. Der operative Gewinn (Adjusted EBITA) betrug 927 Millionen Euro.
Die RTL Group verzeichnete, ähnlich wie schon ProSiebenSat.1 zuvor, einen starken Jahresendspurt, der dem Unternehmen die Ergebnisse rettete. So lag das Adjusted EBITA im zweiten Halbjahr bei 677 Millionen Euro, das entspricht einem Anstieg von 16,3 Prozent - für die RTL Group war es so das zweitbeste Halbjahr seit Bestehen der Gruppe - und das trotz der noch immer schwierigen Werbemärkte und hohen Streaming-Verlusten.
Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn diese Zahlen umfassen alle Geschäftsbereiche des Konzerns, also auch RTL Nederland, das man bekanntlich aktuell verkauft. Der Deal mit DPG Media soll Mitte dieses Jahres abgeschlossen sein, das wird der Gruppe dann 1,1 Milliarden Euro in die Kassen spülen. Ohne RTL Nederland verzeichnete die RTL Group mit ihren fortgeführten Geschäftsbereichen einen Gesamtumsatz in Höhe von 6,2 Milliarden Euro, das waren 5,4 Prozent weniger als 2022. Organisch lag das Minus bei 4,1 Prozent.
Verluste im Streaming, aber starkes Wachstum
Zurückzuführen ist der Umsatzrückgang einerseits auf geringere Werbeeinnahmen (TV-Werbeumsätze gingen um 8,2 Prozent zurück), aber auch auf den gesunkenen Umsatz bei Fremantle, der sich im Verlaufe des vergangenen Jahres bereits gezeigt hatte. Der operative Gewinn des auch künftig bestehenden Geschäfts sank auf 782 Millionen Euro (Vorjahr: 922 Millionen), das ist vor allem auf das durch die Werbekrise schwächelnde RTL Deutschland zurückzuführen. In dem Betrag enthalten sind auch Streaming-Anlaufverluste in Höhe von 176 Millionen Euro.
Das Konzernergebnis der fortgeführten Geschäftsbereichen lag bei 483 Millionen Euro (2022: 642 Millionen Euro), das aus den nicht fortgeführten Aktivitäten betrug 115 Millionen Euro (2022: 124 Millionen Euro). Das gesamte Konzernergebnis lag damit bei 598 Millionen Euro (2022: 766 Millionen Euro).
"Im Jahr 2023 haben wir die Robustheit unserer Geschäfte in einem besonders schwierigen Umfeld unter Beweis gestellt."
Thomas Rabe, CEO der RTL Group
Die hohen Investitionen ins Streaming zahlen sich aber immerhin bei Umsatz und Kundenanzahl aus. So stieg die Anzahl der zahlenden Abonnenten der Streaming-Dienste der RTL Group in Deutschland, Ungarn und Frankreich um 30,5 Prozent auf 5,6 Millionen. RTL+ in Deutschland steuert als größter Dienst den Löwenanteil dazu bei, hier liegt die Zahl der Abonnentinnen und Abonnenten bei 4,9 Millionen (+23 Prozent). Gleichzeitig wuchs der Streaming-Umsatz der RTL Group um 72,6 Prozent auf 283 Millionen Euro.
Durch den Verkauf von RTL Nederland muss die RTL Group nun aber auch ihre ambitionierten, mittelfristigen Streamingziele anpassen. War man bislang für 2026 von zehn Millionen Menschen ausgegangen, die für einen Streamingdienst der Gruppe zahlen, sind es jetzt noch 9 Millionen. Auch beim Umsatz peilt man inzwischen nicht mehr 1 Milliarde Euro an, sondern 750 Millionen. Nichts verändert sich dagegen am Ziel, dass das Streaming-Business ab 2026 profitabel arbeiten soll.
Höhere Programmkosten durch EM in 2024
Thomas Rabe, CEO der RTL Group, der gerade erst seinen Abschied aus dem Bertelsmann-Konzern für 2026 angekündigt hat, sagt zu den heute vorgestellten Zahlen: "Im Jahr 2023 haben wir die Robustheit unserer Geschäfte in einem besonders schwierigen Umfeld unter Beweis gestellt. Wie zuvor angekündigt, haben wir über den Konjunktur-Zyklus hinweg weiter investiert. Unsere Streaming-Dienste sind gewachsen, wir haben unsere Marktführerschaft insbesondere in Deutschland weiter ausgebaut und haben weltweit anerkannte Produktionen auf den Markt gebracht. Das zweite Halbjahr 2023 war trotz schwacher Werbemärkte und erheblicher Investitionen eines der profitabelsten in der Geschichte der RTL Group – auf dieser Basis werden wir erneut eine attraktive Dividende zahlen. Darüber hinaus werden unsere Aktionäre im Jahr 2025 vom geplanten Verkauf von RTL Nederland für 1,1 Milliarden Euro profitieren. Unsere Strategie hat sich nicht verändert und wird uns auch durch 2024 führen: Unser Kerngeschäft stärken, Streaming- und Content-Geschäfte ausbauen und neue Allianzen und Partnerschaften bilden."
Für das Jahr 2024 hofft man bei der RTL Group auf eine leichte Erholung des TV-Werbemarkts in Deutschland und weitgehend stabile Werbemärkte in den übrigen Ländern. Kommt es tatsächlich so, geht man von einem Umsatz im aktuellen Jahr in Höhe von 6,6 Milliarden Euro aus (nur die fortgeführten Bereiche). Das Adjusted EBITA wird bei 750 Millionen Euro (+/- 50 Millionen) liegen.
Der leicht niedrigere, angepeilte operative Gewinn sei auf höhere Programmkosten, vor allem im Hinblick auf die Übertragung der Fußball-EM in Frankreich und Deutschland, sowie vermutlich höhere Streaming-Anlaufverluste in Frankreich zurückzuführen, heißt es von der Gruppe. Die Streaming-Situation für die RTL Group in Frankreich ist unglücklich: Ursprünglich wollte man die M6-Gruppe verkaufen bzw. mit TF1 fusionieren, das ist aber an den Kartellbehörden gescheitert. Daher investiert man nun wieder selbst, hat durch den geplanten Verkauf aber viel Zeit verloren. Erst vor wenigen Tagen hatte M6 einen neuen Streamingdienst an den Start gebracht.