Am 30. April findet die Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 statt und derzeit sieht es danach aus, als würde es dort zum Machtkampf zwischen Großaktionär MFE und der bestehenden ProSiebenSat.1-Führung kommen. Auch wenn aus Unterföhring zuletzt mehrfach das verbesserte Verhältnis zu den Italienern betont wurde und man sich im Grundsatz auch einig ist, den Fokus auf das Entertainment zu legen: In der konkreten Umsetzung herrschen ganz offensichtlich noch immer große Differenzen. 

So hat MFE jetzt bekanntgegeben, ProSiebenSat.1 auf der Hauptversammlung Ende April zu einer schnellen Aufspaltung des Konzerns zwingen zu wollen. Dafür bringt man einen entsprechenden Beschluss ein, der auf der Versammlung dann zur Abstimmung stehen wird. Ziel von MFE ist es, die beiden Segmente Dating & Video and Commerce & Ventures schnellstmöglich aus dem Konzern herauszulösen. Der Beschlussvorschlag würde den Vorstand dazu verpflichten, die Abspaltung der Bereiche vorzubereiten. Ein entsprechender Spaltungs- und Übernahmevertrag müsste vom Vorstand spätestens zur Hauptversammlung 2025 zur Abstimmung vorgelegt werden. 

Die von MFE nun fokussierte Abspaltung würde dazu führen, dass zwei voneinander getrennte, börsennotierte Unternehmen entstehen. Diese würden dann auch von jeweils unterschiedlichen Management-Teams geleitet werden. Die Aktionärinnen und Aktionäre von ProSiebenSat.1 wären nach dem Vollzug der Abspaltung an beiden Unternehmen entsprechend ihrer Beteiligungsquote beteiligt. MFE-Chef Pier Silvio Berlusconi deutete zuletzt an, sich eine Übernahme von ProSiebenSat.1 erst vorstellen zu können, wenn der Konzern die Bereiche, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören, los wird. Insofern würde eine Abspaltung neuen Schwung in die Übernahme-Fantastien durch MFE bringen. 

Die Italiener gehen nun in jedem Fall auf Konfrontationskurs zum Vorstand, der bislang andere Pläne hatte. Zwar betont man auch dort immer wieder, sich perspektivisch von Beteiligungen, die nicht zum Kerngeschäft gehören, trennen zu wollen. Für einen solchen Schritt sieht man die Zeit aktuell aber noch nicht gekommen, das machten Bert Habets und sein CFO Martin Mildner zuletzt bei der Bilanz-Pressekonferenz deutlich. 

"Bislang keine wesentlichen Fortschritte"

Dort erklärte Mildner unter anderem, die guten Entwicklungen bei Flaconi und Verivox würden eine gute Basis für die Verkaufsüberlegungen sein. Der ProSiebenSat.1-Finanzchef wies aber auch darauf hin, dass bei einem möglichen Exit der Markt stimmen müsse. ProSiebenSat.1 will seine Beteiligungen also nicht unter Wert verkaufen. Bezüglich Flaconi erklärte Mildner, dass der Börsengang von Douglas ein Momentum im Markt erzeugen könne, das man sich ansehen wolle. Für einen Börsengang sei Flaconi aber nicht profitabel genug. 

Im zuletzt merklich schwächelnden Bereich Dating, also konkret der ParshipMeet Group, wurde Martin Mildner sogar noch deutlich. Auf der Bilanz-Pressekonferenz Anfang März erklärte er, man wolle das laufende Jahr erst einmal dazu nutzen, um die Gruppe wieder auf Kurs zu bringen. Ein Börsengang in diesem Jahr käme noch zu früh. Das Dating-Geschäft von ProSiebenSat.1 leidet einerseits unter starkem Wettbewerb, andererseits macht aber auch das 2022 eingeführte Gesetz für faire Verbraucherverträge in Deutschland Probleme. 

MFE macht nun kein Geheimnis daraus, dass man diese Vorgehensweise für falsch hält. Stattdessen will man schnellere Ergebnisse sehen. "Der ProSiebenSat.1 Vorstand hat wiederholt seine Absicht zur Separierung der Segmente geäußert, insoweit aber bislang keine wesentlichen Fortschritte erzielt", heißt es vom italienischen Unternehmen. "Mit dem Beschlussvorschlag möchte MFE dem ProSiebenSat.1 Vorstand eine Lösung anbieten, um seine Strategie erfolgreich umzusetzen und somit den vollen Unternehmenswert für alle Aktionäre zu realisieren", erklärt MFE außerdem noch. 

MFE will Änderungen im Aufsichtsrat

Wie ProSiebenSat.1 auf den Beschlussvorschlag des mit Abstand größten Anteilseigners reagiert, wird spannend. Unterstützt man ihn nicht, läuft der Vorstand Gefahr, die Unterstützung von MFE zu verlieren. Gleichzeitig betont MFE aber auch, dass der Vorstand eine Abspaltung der genannten Bereiche auch auf andere Weise prüfen und durchführen könne. Das Ziel der Italiener ist also klar, beim Weg dorthin zeigt man sich aber gesprächsbereit. 

Darüber hinaus torpediert MFE die kommende Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 mit dem Antrag von zusätzlichen Tagesordnungspunkten. So schlägt man unter anderem vor, einen "erfahrenen unabhängigen M&A- und Kapitalmarktexperten" in den Aufsichtsrat zu wählen, "um die Expertise und Fähigkeiten des Gremiums zu erweitern". Außerdem will man Rolf Nonnenmacher in dem Aufsichtsgremium durch einen "unabhängigen, erfahrenen Wirtschaftsprüfer" ersetzen. Nonnenmacher ist aktuell noch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und ist bereits seit 2015 Teil des Gremiums. Erst am Mittwoch gab ProSiebenSat.1 bekannt, dass Pim Schmitz (ehemaliger CEO von Talpa Network) in den Aufsichtsrat gewählt werden soll (DWDL.de berichtete). 

Die Ankündigungen von MFE kommen übrigens genau an dem Tag, an dem der ProSiebenSat.1-Aufsichtsratschef Andreas Wiele der "Süddeutschen Zeitung" ein Interview gegeben hat. "Wir machen das Unternehmen so attraktiv wie möglich für alle Investoren", sagt Wiele darin unter anderem. Eine Aussage, die man bei MFE so wohl nicht unterstreichen würde, das zeigt das aktuelle Vorgehen. Wiele erklärt in dem Interview außerdem, dass es ihn freue, dass MFE als größter Aktionär die Strategie, sich von Beteiligungen zu trennen, unterstütze. 

"Keine Not, überhastet zu verkaufen"

"Seit zwei Jahren verfolgen wir den Kurs, uns von Mehrheitsbeteiligungen zu trennen. Aber man stellt die Waren nicht laut ins Schaufenster, wenn man den besten Preis erzielen will. Wir werden nicht alle Digitalaktivitäten auf einen Schlag verkaufen, sondern mit den Bereichen anfangen, die am besten laufen und am attraktivsten sind. Wir haben keine Not, überhastet zu verkaufen, aber wir werden auch nicht Ewigkeiten warten", so Wiele weiter, der "intensive Verkaufsanstrengungen" für das Jahr 2024 in Aussicht stellt.

Der Aufsichtsratschef von ProSiebenSat.1 rüffelt im "SZ"-Interview dann auch nochmal die ehemalige Führung des Konzerns. "Das Fernsehgeschäft war lange aus dem Fokus geraten und ist lange vernachlässigt worden", sagt er und verwies neben konjunkturellen Herausforderungen auch auf hausgemachte Probleme. "Die Reichweiten unserer Hauptsender ProSieben und Sat.1 waren nicht zufriedenstellend. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit einfach nicht genug in das Kerngeschäft investiert, also in gute Inhalte, in gute Kreative und in gute Journalisten." Jetzt lege man den Schalter um. MFE würde diese Strategie nur gerne konsequenter umgesetzt wissen.