Neu ist das Thema nicht, doch seit eineinhalb Jahren wird intensiv wie nie zuvor über das Thema Künstliche Intelligenz gesprochen. Kaum ein Kongress, der etwas auf sich hält, will in diesen Tagen auf einen KI-Schwerpunkt verzichten. Und so ging es am Dienstag nun also auch auf der ANGA COM um den Umgang mit KI – verbunden mit der Frage, was Künstliche Intelligenz in Medienunternehmen wirklich bringt.

Tatsächlich bot das Panel, moderiert von DWDL.de-Chefreporter Torsten Zarges, einen spannenden Werkstattblick in den Umgang deutscher Unternehmen mit KI. "Der Haupt-Gamechanger der letzten Monate: Vorher wurde viel gespielt, jetzt wird viel gemacht – und das ist der Unterschied", sagte Microsoft-Manager Alexander Heidler – und sollte in seiner Aussage unterstützt werden. David Whigham etwa, Chefredakteur des RTL-Nachrichtensenders ntv, verwies auf eine "neue Qualität" von Sprachmodellen, die es an vielen Stellen erlaube, Freiräume zu schaffen, etwa wenn es darum geht, Redaktionsprozesse zu vereinfachen oder beschleunigen.

Es gehe etwa um "Dinge, die wenig Spaß machen", beispielsweise das Transkribieren von Interviews, bei denen die Künstliche Intelligenz helfen. "Das bietet Freiräume für guten und glaubwürdigen Journalismus", wo Whigham. Gerade erst hat ntv zusammen mit der Nachrichtenagentur dpa einen KI-Newsdesk entwickelt, der den Journalistinnen und Journalisten dabei hilft, dpa-Meldungen in den ntv-Stil zu übersetzen. Wichtig sei jedoch, dass am Ende ein Mensch noch einmal drüberschaut.

Auch Maren Langbehn, die bei ProSiebenSat.1 den Digital Newsroom verantwortet, verwies auf "Aufgaben, die keiner so richtig machen will". "Die Frage ist: Wie viel Check brauche ich am Ende und wie viel Zeit hätte ich gehabt ohne KI?" Schon heute kämen bei vereinzelten Digitalbeiträgen synthetische Stimmen zum Einsatz. Und auch die hessische FFH Mediengruppe setzt im Nachtprogramm bereits auf eine KI-generierte Stimme: In Randzeiten, in denen früher niemand das die Wetter- und Verkehrsmeldungen verlas, übernimmt diese Aufgabe neuerdings die Künstliche Intelligenz.

Musiktitel in Echtzeit austauschen

Ganz so weit wie die Kollegen von bigFM, die inzwischen einen komplett von KI moderierten Sender betreiben, will Roger Hofmann, Leiter FFH Digital, aber nicht gehen. Man selbst habe zwar auch ein entsprechendes Online-Programm gestartet – allerdings nicht für die Öffentlichkeit. "Wir haben uns entschieden: Das ist in unserem Empfinden noch nichts für unser Publikum." Trotzdem finde er das Experiment spannend.

Weiter ist FFH indes mit Blick auf die Musikauswahl. Man habe immer nach einer Technologie gesucht, die es ermöglicht, Musiktitel in Echtzeit im Hauptprogramm auszutauschen, um dadurch mehr dem Geschmack der Hörerschaft zu entsprechen. Fündig geworden sei man nicht, sodass sich das FFH-Team schließlich selbst an die Arbeit machte. Inzwischen bietet FFH gleich 15 Substreams seines Hauptprogramms an und stieß dabei auch bei der Konkurrenz auf offene Ohren, sodass man das eigene System noch einmal neu aufsetzte und anderen Sendern als White Label anbietet – im In- und Ausland.

Doch so sehr der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Redaktionsalltag auch hilft – noch bleiben Fragen offen. ntv-Chefredakteur David Whigham verwies auf der ANGA COM etwa auf das Thema Urheberrecht, verbunden mit der Hoffnung auf faire Bezahlung. "Es ist wichtig, dass es für journalistische Inhalte, die wir zur Verfügung stellen, auch zu Übungszwecken, eine Monetarisierung gibt", sagte er und nahm zugleich seinen Moderatoren die Sorge, dass sie bald durch eine KI ersetzt werden könnten. "Glaubwürdigkeit", wo Whigham, "hat viel mit einer persönlichen Beziehung zu einem Moderator oder einer Moderatorin zu tun."

In zehn Jahren, wenn es eine Flut an KI-generierten Meldungen gebe, mache "vielleicht die eine Meldung den Unterschied, die von echten Journalisten gemacht wird".