NRW-Medienminister Nathanael Liminski musste selber lachen als er bei der Weltpremiere der neuen RTL+ Serie „Ich bin Dagobert“ nach seinen Erinnerungen an den Fall des Kaufhauserpressers Dagobert gefragt wurde. Der Minister, Jahrgang 1985, räumte ein: In Kindesjahren hätten ihn andere Themen beschäftigt.
Nach den gut 45 Minuten der Produktion aus dem Hause Zeitsprung Pictures war aber klar: Dieser unglaubliche Kriminalfall musste verfilmt werden, oder wie Produzent Dominik Frankowski ausführte: „Der Stoff lag auf der Straße“ - und er funktioniert, egal ob man zu einer Generation gehört, die sich noch daran erinnern kann - oder zum ersten Mal von Arno „Dagobert“ Funke und seiner kriminellen Raffinesse erfährt.
Zeitsprung Pictures legt nach dem mehrfach preisgekrönten „Kleo“ für Netflix nun mit „Ich bin Dagobert“ erneut ein Period Drama rund um die späten 80er und frühen 90er Jahre vor. Eine ausgesprochene Qualität des Hauses, wie auch Geschäftsführer und Produzent Michael Souvignier auf der Bühne des Cinenova in Köln-Ehrenfeld betont. Ein Kraftakt, der immer Teamleistung sei.
Was er nicht sagte, aber mancher Kölner im Publikum dachte: Dass die Domstadt mit dem furchtbaren Maritim-Hotel einen zweifelhaften „Prachtbau“ mit bis heute originalgetreuem 80er Jahre Charme besitzt, hat die Dreharbeiten zumindest der ersten Folge erleichtert. Aber Zeitsprung-typisch steckt die Liebe zur Zeitreise auch bei „Dagobert“ im Detail. Und sogar das RTL der damaligen Zeit findet auf subtile Art seinen Weg in die Serie, deren Hauptfigur schnoddrig gut gespielt wird von Friedrich Mücke.
Zum Cast gehört u.a. auch Sonja Gerhardt, die zur Premiere gekommen war, obwohl sie in Folge 1 leider noch nicht zu sehen war. Das Drehbuch stammt von Ronny Schalk, der es mit mehreren Zeitebenen und einem überraschend ausführlich gezeichnetem Bild der Hauptfigur schafft, die unglaubliche Geschichte des Arno Funke nicht einfach umzusetzen, sondern zeitgemäß aufzubereiten.
Für den Produzenten Dominik Frankowski geht es in der Serie nicht nur um die irrwitzigen Ideen mit denen „Dagobert“ die erpressten Kaufhäuser bzw. die Polizei vorführt - sondern auch um ein Porträt des kaputten Menschen dahinter. „Es ist eine Reise ins Hirn von Arno Funke“, so Till Derenbach. Und der, über den er da spricht - und dessen verfilmtes kriminelles Werk so furchtbar gut unterhält - sitzt an diesem Mittwochabend auch im Publikum: Arno Funke, der heute 74-jährige Kaufhaus-Erpresser und an diesem Abend ein ganz klein bisschen Popstar.
Die Ambivalenz des in jüngsten Jahren recht häufig gewordenen Phänomens der Glorifizierung von Verbrecher-Karrieren war für die Premierenbühne zu komplex, aber aus dem Produktionsteam wurde auf der Party danach versichert: Der Sechsteiler sei insgesamt alles andere als eine Glorifizierung. Hörbar war zuvor auf jeden Fall: Die geladenen Gäste der Opening Night des Seriencamps 2024 feierten die Weltpremiere von „Ich bin Dagobert“ mit anhaltendem Applaus.
„Eine Kölner Produktionfirma produziert für einen Kölner Sender und feiert in Köln Premiere - das kann nur gut werden“, war sich Frauke Neeb, Programmdirektorin von RTL+, vorher schon sehr sicher. Zu sehen gibt es die ganze Serie bei RTL+ im Herbst - und dann auch schon in zahlreichen weiteren Territorien. Von den bisherigen Verkäufen der Serie zeigt sich Distributor Beta Film am Mittwoch sehr zufrieden.
Auf jeden Fall war es dank „Ich bin Dagobert“ ein gelungener Auftakt für das zweite Seriencamp nach dem Umzug von München nach Köln. Insgesamt ist es schon die zehnte Staffel des größten deutschen Serienfestivals, das auch diesmal wieder aus Festival fürs Publikum und Conference für die Branche besteht. Neben Nathanael Liminski grüßte auch der neuen Geschäftsführer der Film & Medienstiftung NRW, Walid Nakschbandi, die Gäste und bekräftigte - wie zuvor auch schon Liminski - das anhaltende Engagement NRWs beim weiteren Ausbau des Seriencamps in den kommenden Jahren. Ähnlich hatte sich Nakschbandi Anfang der Woche bereits im DWDL-Interview geäußert.
Dominik Porschen, Moderator des Abends, griff das als Kölner auch gleich auf. „Die Zahl elf liegt uns in Köln ja sehr am Herzen.“ Deswegen sei das kommende 11. Jahr mindestens so wichtig wie dieser Jubiläumsjahrgang, dessen Fachsegment - die Conference - nach Aussage des Führungstrios Simone Schellmann, Malko Solf und Gerhard Maier diesmal einen Rekordzuspruch erzielte und mit 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausverkauft ist. Die Latte hängt damit immer höher, umso wertvoller die öffentlich bekundete Rückendeckung aus NRW.
Während die Conference ausverkauft ist, gibt es im Festival-Teil für einige Screenings noch Tickets. Auf dem Programm stehen in den nächsten Tagen noch u.a. die Weltpremiere der zweiten Staffel „Kleo“, ein Comedy-Special von ZDFneo inklusive Premiere der neuen Staffeln von „Ich dich auch“ und „Doppelhaushälfte“, nochmal die ersten beiden Episoden von „Ich bin Dagobert“ sowie zahlreiche andere Serien-Screenings.