Der verrückte Kerl, der heute Morgen im Disney Channel versucht hat, auf einer Trabrennbahn mit einer Mülltonne schneller voranzukommen als ein Pferd, wurde als Benedikt Weber in München geboren, und wäre er nicht schon bei den Jungen und Junggebliebenen ein "Held" – seit Corona ist er es noch mehr. Immer samstags um zehn läuft eine Folge der "Beni Challenge" mit ihm. In den drei Jahren, die es diese Abenteuershow für Drei- bis Elfjährige schon gibt, ist er mit Bullenhaien vor der Küste Floridas geschwommen, hat in 146 Metern Höhe die Fenster des Uptown-Towers in München geputzt und ist von Bad Pyrmont aus ins All geflogen (na fast). All diesen Spökes veranstaltet er auf Bestellung der Kinder, die sich diese "Herausforderungen" für ihren "Beni" ausdenken.

Sollte man nicht genauer wissen, wem Eltern ihren Nachwuchs da eigentlich anvertrauen?

Zunächst einmal: auch einem Familienvater. Benedikt Weber weiß aus eigener Erfahrung, wie die Zielgruppe tickt. Mit seiner Frau, einer Innenarchitektin aus Florida, hat er zwei Kinder im Vor- und Grundschulalter. In der eleganten Münchner Altbaubude (natürlich das Werk seiner Frau) hat er gerade sturmfrei, und so können wir in Ruhe ein Vierteljahrhundert Kinderfernsehgeschichte Revue passieren lassen. Denn so lange mischt die "lebende Legende" dort schon mit. Wer’s noch pathetischer braucht: Keiner hierzulande lebt Walt Disney mit Haut und Pinselstrich so wie er.

Beni Weber © TWDC/Kurt Krieger
Ja, klar, er sei "Disneyaner der ersten Stunde", pflichtet Benedikt Weber bei und bittet als erstes darum, das "Herr Weber" zu streichen: "Ich bin Beni." Okay, Beni. Und als würde Beni sein Disneyanertum im Verlauf des Gesprächs nicht glaubhaft genug machen, führt er seinen virtuellen Besuch in den Flur. An der Wand hängen Donald Duck und Kater Carlo. Es handelt sich um exklusive Anfertigungen des wohl wichtigsten deutschen Disney-Zeichners Ulrich Schröder. "Grumpy Donald" und den bösen Carlo habe er geliebt, als er noch Kind war, erklärt der stolze Bildbesitzer. Überhaupt die "villains", die bösen Gegenspieler, hätten es ihm schon immer angetan. "Mein Liebling war nie Micky Maus. Der war immer zu glatt und zu perfekt."

Als die Walt Disney Company mit einer nicht-gezeichneten Unterhaltungssendung im deutschen Fernsehen Fuß fasste, gehörte Beni zu den Moderatoren zwar nicht der ersten, aber der zweiten Stunde. Die ARD zeigte von 1991 an samstagnachmittags den "Disney Club", anfangs noch mit Ralf Bauer. Der damals "sexiest man alive in good old Germany" schwang sich zwei Jahre später aufs Surfbrett in der ARD-Serie "Gegen den Wind" und machte damit den Platz frei für einen Jura-Studenten, der nie vor hatte, beruflich was mit Fernsehen zu machen. Beni ging eigentlich nur als Casting-Begleitung mit zu den Bavaria Filmstudios in München und landete unverhofft an der Seite von Moderationskollegin Antje Pieper.

Von anderen belächelt

Pieper schlug später eine ganze andere Karriere ein, die sie nach Korrespondentenjahren in Italien bis zur stellvertretenden Leitung der ZDF-Hauptredaktion "Politik und Zeitgeschehen" führte. Seither ist sie auch das Gesicht des "auslandsjournals" und, wie Beni, hinzufügt, "topseriös". Ist denn das, was er macht, nicht seriös? "Ich finde, in der Art, wie ich es mache, ist das schon seriös." Viele Leute, gerade ehemalige Kollegen, würden belächeln, was er noch immer tut. Doch er findet seine Arbeit "wahnsinnig wichtig". Die schönste Bestätigung sei, wenn er Mütter treffe, die ihn als Kind bei "Art Attack" sahen und deren Kinder wiederum "Die Beni Challenge" schauen. Ist doch verrückt, wie groß die "Klammer" mittlerweile geworden sei, nicht wahr?

In den Kindern der 1990er Jahre entfachte Beni eine regelrechte Bastelwut. In der deutschen Variante der britischen Kreativ-Show "Art Attack" zeigte er, wie aus Plakatfarbe Klecksbilder und aus Pfeifenputzern lustige Raupen werden. Alle internationalen Ableger nutzten für ihre lokalen Gesichter dasselbe Set in der Nähe von London und dasselbe Bastelmaterial natürlich auch. Das hatte einen Pferdefuß, mit dem sich Beni noch heute herumschlagen muss. Stichwort: weißer Bastelkleber.

Hey, Beni, was war da los mit dem weißen Bastelkleber? Es folgt von ihm eine kurze Einführung in die Kulturunterschiede von Klebstoffen: Kannten Schüler hierzulande nur die durchsichtige Flüssigkeit aus der Tube, nutzten Briten eine holzleimartige Paste, um aus Luftballons lustige Pappmascheefiguren zu basteln. In England gab es ihn als "Art Attack"-Merchandise regaleweise bei Toys "R" Us, aber nicht in Deutschland, da war dem Hersteller die Disney-Lizenz zu teuer. Beni wurde beinahe irre, wie er das Problem lösen respektive den Kleber nennen sollte. Denn er moderierte nicht nur die Show, sondern übersetzte auch die Drehbücher ins Deutsche. So wurde aus "PVA Glue" schließlich der nirgendwo auffindbare "weiße Bastelkleber".

Beni Weber © TWDC/Kurt Krieger
Manche Zuschauer von damals suchen den Bastelkleber angeblich noch immer, seit 18 Jahren! Jedenfalls behaupten sie das in den Kommentaren auf Benis Tiktok-Kanal, den er seit vorigem Sommer betreibt. Kein Post von ihm, ohne dass ein vorwurfsvolles "der weiße Bastelkleber hat jedes Mal den Tag ruiniert" auftaucht oder ein neugieriges "wo krieg‘ ich diesen weißen Bastelkleber her?". Ein hübscher running gag, den Beni gerne pflegt. Aber auch mit einer weiteren Sendung bringt ihn die Tiktok-Community in schöner Regelmäßigkeit in Verbindung.

Bis zu seinem Wechsel zum Disney Channel vor drei Jahren moderierte Beni das Wissensmagazin "Woozle Goozle" auf Super RTL gemeinsam mit Puppenspieler Martin Reinl, der die Klapppuppe Woozle in der Hand hielt und noch hält, nun aber an der Seite anderer Moderatoren. Beni zog nach fünf Jahren den Schlussstrich. Das bessere Angebot kam von der Konkurrenz.

Für den Disney Channel konnte Beni nicht nur ein eigenes Format, eben "Die Beni Challenge", entwickeln und moderieren, sondern es auch selbst produzieren. Die Produktion34 gehört ihm, wie man unschwer aus dem Firmennamen herauslesen kann, seit er 34 war. Heute ist Beni 47. Und die Abenteuerlust ungebrochen. Eine Mischung aus "Raab in Gefahr" (zur Erinnerung: eine Rubrik aus "TV Total") und Joko & Klaas spukte als Idee schon länger in seinem Kopf herum, nur kindgerechter. "Ganz so extreme Sachen dürfen und wollen wir nicht machen."

Schneller als er trank niemand Ketchup

Die echt "extremen Sachen" hat er zur Genüge durch. "Galileo", das wissensdurstige Vorabendmagazin auf Pro Sieben, setzte ihn eine Weile als Reporter in einer "Extreme Survival"-Reihe ein. Nur mit Machete und Moskitonetz im südchinesischen Regenwald ausgesetzt, musste er mit Hilfe eines Survival-Experten den Weg zurück in die Zivilisation finden. "Da gab es schon Momente, wo man denkt, da darf nichts schief gehen", erinnert sich Beni, "aber das hat den Nervenkitzel ausgemacht." Eine harmlosere, aber dennoch unbekömmliche Art des Nervenkitzlers durchlebte der TV-Reporter in der am 17. Februar 2012 ausgestrahlten "Galileo"-Folge: Nur 32,37 Sekunden benötigte er, um eine mit 396 Gramm Ketchup gefüllte Glasflasche mit einem 6-Millimeter-Strohhalm zu leeren. Den Weltrekord für das "schnellste Trinken einer Flasche Ketchup" hat ihm bis heute keiner genommen.

Seine Frau sage ihm immer, er sei "fahrlässig schmerzfrei". Ehemalige Kollegen sagen ihm wiederum: Wie, du machst immer noch Kinderfernsehen? Das ist doch nur ein Sprungbrett, du musst endlich mal in den Samstagabend!

Nicht dass er es nicht probiert hätte. Hat nur nicht geklappt. Zum Glück, findet Beni im Nachhinein. Als RTL im Sommer 2014 mit Norddeich TV die israelische Showidee "Rising Star“" zum ultimativen Shiny-Floor-Hit aufblasen wollte, schaffte er es beim Host-Casting immerhin unter die letzten zwei. Radiomoderator Rainer Maria Jilg ward nach dem fulminanten Flop auf keiner Samstagabendshowbühne mehr gesehen. Beni hat sich den Samstag erobert, auch wenn es "nur" die halbe Stunde am Morgen ist. Mit Riesenverantwortung aufgeladen ist sein derzeitiger Unterhaltungsjob allemal. "Kinderfernsehen ist der höchste Anspruch", findet er, "Kinder sind viel ehrlicher und die härtere Jury. Wenn sie dich nicht mögen, schalten sie sofort ab."

Allein aus unternehmerischer Sicht kann sich Beni das nicht leisten. In die Produktion der dritten "Beni-Challenge"-Staffel platzte im vorigen Jahr Corona. Der ganz Ablauf wurde holterdiepolter um drei Monaten nach hinten verschoben, aber frisches Material musste trotzdem her, gerade in jener Phase des totalen Stillstands, wo auch Kinder nur noch zuhause bleiben sollten. Also wurde in Abstimmung mit Benis Senderchefin Eun-Kyung Park und Anne Tide, die beim Disney Channel die lokalen Produktionen verantwortet, improvisiert. Der Skikeller in Benis österreichischem Feriendomizil, in dem er sich damals aufhielt, wurde zum Self-made-Studio. Das Equipment brachte ein Kurier. Per Telefon wies ihn sein langjähriger Kameramann in die Technik ein. Abends, wenn die eigenen Kinder im Bett waren, filmte er los: In 60 Sekunden vier Walnüsse aufeinanderstapeln oder mit dem Kinn ein Selbstporträt malen– was halt so möglich ist, wenn man zuhause bleiben muss. Die Challenge "Finde den Yeti" musste warten.

"Kinderfernsehen ist der höchste Anspruch"
Beni Weber

War Beni schon zu "Art Attack"-Zeiten ein Held der Kindheit – auf Tiktok beteuern manche, sie hätten ihn mit acht öfter gesehen als den eigenen Vater – so hat ihn der Pandemiewahnsinn zu einem noch wichtigeren Vorbild und Begleiter gemacht, als er es (und die anderen Moderatoren im Kinderfernsehen natürlich auch!) schon vorher war. Ist er sich dieser Verantwortung bewusst?

Beni zögert kurz. "Ich bin da ein bisschen in der Zwickmühle", antwortet er. Ja, natürlich, er sei sich schon dessen bewusst, dass Kinder gerade jetzt "ein bisschen verloren" seien. Gleichaltrige treffen, gemeinsam Sport treiben, das alles ist derzeit verboten. Da sei es eigentlich noch wichtiger, ein vernünftiges TV-Programm anzubieten. Andererseits – an dieser Stelle überspringen Benis Chefinnen beim Disney Channel am besten ein paar Zeilen – würde er allen Kindern zurufen wollen: "Hey, Kinder, glotzt nicht so viel, macht was Kreatives!" Im Ernst? Na ja, eine Ausnahme ist selbstredend erlaubt. "Beni Challenge" glotzen, findet er, ist voll okay.

Zweites Standbein als Synchronsprecher

Er selbst, und das gehört unbedingt auch in diese "Nahaufnahme" hinein, kann schier unglaublich Kreatives aus seinen Stimmbändern herausholen. Denn fast genauso lang, wie Beni im Kinderfernsehen moderiert, synchronisiert er Filme und Serien. Synchronsprecher ist sein zweiter Beruf und seine Stimme pure Nostalgie. Es wäre natürlich göttlich, könnte man ihn hier und jetzt in der jeweiligen Stimmlage seiner populärsten Sprechrollen tatsächlich hören. Geht leider nicht. Deshalb bitte mal kurz in Erinnerung rufen, wie sich zum Beispiel Stanley Marsh anhört.

"Stan" (Kennzeichen: blaue Mütze, braune Jacke) ist das Alter Ego von "South Park"-Erschaffer Trey Parker und eine der emotionalsten Figuren in diesem sehr erwachsenen Kult-Cartoon. Emotional heißt: Nähert sich Stan seiner Liebsten Wendy, muss er erstmal brechen. Stans "wrrrg" phonetisch umzusetzen, ist Webers Job, seit "South Park" auf Deutsch ausgestrahlt wird, also seit 1999. Seine Stimme leiht er aber auch realen Schauspielern, Ryan Philippe zum Beispiel oder Jamie Beamish im Netflix-Hit "Bridgerton".

Und bevor Beni nun los muss, um im Synchronstudio den Needleman in der Serienauskopplung der "Monster AG" zu sprechen, eine letzte Frage: Gibt es eigentlich eine Altersgrenze für Moderatoren im Kinder-TV? Oder orientiert er sich da an "Die Sendung mit der Maus"-Erfinder Armin Maiwald?

"Wie alt war Michael Schanze, als er bei ,1, 2 oder 3‘ aufhörte?", fragt Beni keck zurück. Na ja, erst 38. Er ist 47 und aus Sicht seiner jugendlichen Fans "krass alt". "Zum Glück", pflegt er auf Tiktok zu reagieren. Also, mit seinem Alter komme er gut zurecht. "Sollte ich mit 50 wirklich noch als Moderator für so eine junge Zielgruppe vor der Kamera stehen? Ich weiß es nicht. Ich würde fast die Entscheidung die Zuschauer treffen lassen." Sein Ego würde das "sehr schnell verkraften".

Bis jetzt spricht nichts dagegen, sich mit dem Übergang vom "Beni" zum "Herrn Weber" noch ein bisschen Zeit zu lassen.