Blickt man auf die Reichweitenentwicklung der werbefinanzierten Networks ABC, NBC, CBS, Fox und The CW in den USA, müsste den Konzernen eigentlich Angst und Bange werden. Auch hierzulande sinken die Reichweiten im linearen Fernsehen, in den USA ist dieser Trend aber noch deutlich ausgeprägter. Festplattenrecorder sind dort schon seit eh und je verbreiteter, Streaming-Dienste wie Netflix erreichen über drei Viertel der Haushalte. Und selbst wenn man linear ausgestrahlte Sendungen betrachtet, ist es längst keine Seltenheit mehr, dass mehr als die Hälfte der Nutzung zeitversetzt stattfindet - inklusive der Möglichkeit, Werbung zu überspringen. Über 90 Prozent aller Formate der Networks haben so bei der taggleichen Nutzung in der letzten Saison weiter an Reichweite eingebüßt, die große Mehrheit um mehr als zehn Prozent. Auch wenn man die steigende zeitversetzte Nutzung mit einberechnet, kann dieser Rückgang meist nicht wettgemacht werden.

Um so erstaunlicher ist, dass sich das Werbegeschäft der Networks von dieser Entwicklung komplett abgekoppelt zu haben scheint. Zumindest legen das die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen den Werbetreibenden bzw. Media-Agenturen und Networks in Folge der Upfronts in New York nahe. Nach der Vorstellung der Pläne für die kommende Saison sichern sich die Agenturen traditionell schon große Werbepakete bei den Sendern. Im vergangenen Jahr sagten die Agenturen hier einer Schätzung des US-Branchendienstes "Variety" zufolge zwischen 9,1 und 10,06 Milliarden US-Dollar für Werbung in der Primetime zu, in diesem Jahr stieg dieser Betrag auf 9,6 bis 10,8 Milliarden US-Dollar an. NBC verzeichnete demnach etwa 8 Prozent mehr Zusagen an Werbebuchungen, bei ABC ging's zwischen 5 und 10 Prozent nach oben, bei Fox 8 bis 9 Prozent, bei CBS 5 bis 6 Prozent, bei The CW rund fünf Prozent.

Nun sind diese Zahlen natürlich mit Vorsicht zu genießen - Zusagen im Rahmen der Upfronts sich noch keine fertig eingetüteten Deals. Je nach Performance der einzelnen Programme können diese im Verlauf der Season noch deutlich angepasst werden - doch der Trend ist trotzdem deutlich und stetig. Schon das vierte Jahr in Folge verzeichneten die Networks hier nun höhere Werbe-Zusagen - trotz der sinkenden Reichweiten. Der sogenannte Tausenderkontaktpreis - also die Summe, die Werbekunden zahlen müssen, um eine bestimmte Anzahl an Kontakten zu erreichen - zieht somit noch deutlich stärker an - 14 bis 16 Prozent mehr wurden in diesem Jahr verlangt, im Vorjahr gab es schon eine Erhöhung um 9 bis 10 Prozent.

Dass die Werbeagenturen offenbar noch immer bereit sind, bei diesen massiven Preiserhöhung mitzugehen, wirft auch ein Schlaglicht darauf, dass es in der zunehmend fragmentierten Medienlandschaft immer schwieriger wird, hohe Reichweiten für seine Werbebotschaft zu erzielen. Das liegt nicht nur daran, dass die immer stärker werdenden kostenpflichtigen Streaming-Dienste wie Netflix oder Prime Video gar keine klassische Werbung ausspielen und auch Dienste wie YouTube schnell an die Grenze stoßen, wieviel Werbung sie den Nutzern zumuten können, sondern dass auch die Euphorie in Sachen Werbung im Web im allgemeinen oder Social Media im Besonderen trotz aller Targeting-Möglichkeiten noch mit einiger Skepsis betrachtet wird. Klar ist aber auch: Ewig wird die Rechnung: Weniger Zuschauer und trotzdem mehr Werbeeinnahmen nicht mehr aufgehen können.

Weitere Meldungen aus den USA

Alec Baldwin© DWDL.de
En vogue sind nach wie vor Podcasts als Grundlage einer Serie. Das war bei Amazons "Homecoming" mit Julia Roberts in der ersten Staffel so, wie auch bei "Dirty John" (Bravo) mit Connie Britton. Hinter beiden Serien steht das Studio UCP, welches jeweils erst die Rechte erwarb und dann auf die Suche nach einem Abnehmer ging. Aller guten Dinge dürften in dem Fall drei sein, denn erneut steht die Realisierung einer auf einem Podcast basierenden Serie in den Startlöchern, die noch auf der Suche nach einem Zuhause ist. Und das Ganze kommt zudem hochkarätig besetzt daher. Neben Gameshow-Host Alec Baldwin ist auch Christian Slater ("Mr. Robot") mit von der Partie, sowie der aus "50 Shades of Grey" als Christian Grey bekannte Jamie Dornan. "Dr. Death" dreht sich um einen Tod und Unheil bringenden Arzt und ein Trio, das ihm sein mörderisches Handwerk legen will. Baldwin und Slater mimen dabei zwei der drei Gegenspieler von "Dr. Death" (Dornan).

Netflix© Netflix
Bei Netflix gibt es Zuwachs im Bereich der Jugendserien. Geordert hat der Dienst mit den großen roten Buchstaben die Serie "Ginny & Georgia". Anders als bei Bonnie und Clyde geht es nicht um ein Verbrecherduo auf der Flucht, sondern um eine Mutter-Tochter-Geschichte. Doch auf gewisse Art zur Ruhe kommen will auch die Mutter namens Georgia Miller in "Ginny & Georgia" endlich und sucht für sich und ihre Tochter einen Ort in New England aus. Tochter Ginny, die mit ihren 15 Jahren oftmals erwachsener ist als ihre 30-jährige Mutter Georgia, muss sich nicht nur in einer neuen, renommierten Schule einfinden, sondern auch versuchen, beim Aufbau einer stabilen Familie mitzuhelfen - und dabei alle Herausforderungen eines Teenie-Lebens zu meistern, erwachsenes Wesen hin oder her. Bestellt hat Netflix zehn Folgen mit Antonia Gentry und Brianne Howy.

A+E Networks© A+E Networks
Netflix und A+E Networks haben ihre True-Crime-Dokumentation "I Am A Killer" in eine zweite Runde geschickt. Zehn Folgen des Formats wurden geordert, welches ausführliche Interviews mit zum Teil über Jahrzehnte inhaftierten Todeskandidaten zeigte und das Gefängnissystem, wie auch die Auswirkungen auf Familie und Gemeinden nach den Verbrechen beleuchtete. Die erste Staffel evozierte auch eine Debatte über die amerikanische Strafjustiz. In der zweiten Staffel stehen zum ersten Mal weibliche, mit lebenslänglichen Urteilen bestrafte Gefangene im Fokus. Die Themen "Buße" und "Erlösung" kreisen um das Thema. Um ein Vielfaches leichter geht es bei der fiktionalen Serie "Good Girls" zu - auch wenn die Damen aufgrund von Notsituationen bei NBC ins Dilemma geraten sind, bleibt viel Komik. Die Supermarkträuberinnen erhalten drei Folgen mehr für die dritte Staffel. Damit bringt es der Drittling auf 16 Folgen. Nachdem die Premierenstaffel aus zehn und die zweite Staffel aus 13 Folgen bestand, steigert sich der Umfang bei "Good Girls" kontinuierlich weiter.

Succession© Sky Deutschland
Bei HBO legte die zweite Staffel der Serie "Succession" (die in diesem Jahr auch Chancen auf einen Emmy als beste Drama-Serie hat) einen hervorragenden Start hin: 1,2 Millionen Zuschauer sahen in der Premieren-Nacht zu, rund ein Drittel mehr als beim Serien-Auftakt im Jahr zuvor. Wie üblich werden hier im Lauf der Zeit noch etliche weitere Zuschauer über die digtalen Dienste hinzu kommen. Bei "BH90210" hat die Anfangsneugierde in Woche 2 unterdessen schon wieder deutlich nachgelassen, etwa ein Drittel der jungen Zuschauer kam abhanden. Mit nun noch 1,0/5 Prozent in der Zielgruppe liegt die Serie zwar noch immer auf einem ordentlichen Niveau, angesichts der Reunion der ehemaligen Stars hätte man sich bei Fox aber wohl durchaus etwas mehr vorstellen können. Insgesamt sahen nur 2,52 Millionen Zuschauer zu.