Auf den ersten Blick haben "Good Girls Revolt" und "The Crown" nicht viel gemeinsam: Die eine Serie spielt in den USA, in der Redaktion eines Nachrichtenmagazins Ende der 60er-, Anfang der 70er-Jahre, im Mittelpunkt stehen mehrere junge Frauen, die sich gegen Diskriminierung wehren. Die andere spielt in Großbritannien, im Königshaus Anfang der 50er-Jahre, im Mittelpunkt steht eine einzelne junge Frau, die eine tief in Traditionen verwurzelte Position antreten soll. Und doch, obwohl sie so unterschiedlich sind, haben mich beide Serien in dieser Woche so gefesselt, dass ich alle Folgen geschaut haben. Denn sie haben die für mich entscheidende Gemeinsamkeit: Sie erzählen Zeitgeschichte, die mich selbst berührt.

Nein, ich war Anfang der 50er-Jahre noch längst nicht auf der Welt. Und auch Anfang der 70er-Jahre planten meine Eltern noch nicht mit mir. Aber der Amazon-Serie "Good Girls Revolt" liegt eine wahre Begebenheit zu Grunde: Die Tatsache, dass ein paar mutige Frauen damals tatsächlich ihren Arbeitgeber, das Magazin "Newsweek" verklagt haben, weil die Reporterjobs nur Männer vorbehalten waren. Ich, die ich selbst viele Jahre in Nachrichtenredaktionen gearbeitet habe, habe mir vorher nie Gedanken gemacht, dass es da tatsächlich mal eine derartige Geschlechterhierarchie gegeben hatte. Meine Vorstellung war eher die: Vorher durften die Frauen nur - wenn überhaupt - Sekretärinnen sein, dann kam die Frauenbewegung und so nach und nach durften sie sein, was sie wollten. An die Details dieses Kampfes hatte ich bisher keine tieferen Gedanken verschwendet. (Wer die Details dieses Vorgehens nachlesen möchte, ein "Newsweek"-Reporter hat die Ereignisse und die Folgen aufgeschrieben: "'Good Girls Revolt': The feminist legacy of a 'Newsweek' lawsuit")

Daher meine Begeisterung für die Serie, die ein für mich unbekanntes Kapitel in der Vergangenheit einer Branche öffnet, in der ich selbst arbeite. Ein Kapitel in der Geschichte, das eine wichtige Voraussetzung dafür war, dass ich als Journalistin gleichberechtigt neben Männer arbeiten kann - auch wenn in den Führungspositionen noch immer mehrheitlich Männer sitzen und es einen Gehaltsunterschied zwischen den Geschlechtern gibt. Da nehme ich es dann auch in Kauf, dass in der Serie die Charaktere machmal einen Ticken zu klischeehaft gezeichnet sind und die Handlung manchmal vorhersehbar ist. Und da sich der Vergleich geradezu aufdrängt: Nein, "Good Girls Revolt" ist natürlich nicht von einer solchen Qualität wie "Mad Men". Es ist einfach anders, auf ganz vielen Ebenen. 

Mein Bezug zur Netflix-Serie "The Crown" sieht ganz anders aus: Es ist die Figur im Mittelpunkt, die mich interessiert. Elisabeth II., die einzige lebende Monarchin, die mich in meinem Leben interessiert hat. Sie war irgendwie immer da: Meine erste Erinnerung an das englische Königshaus ist die Hochzeit zwischen Lady Di und Prince Charles oder besser gesagt, die Wahnsinnsschleppe am Kleid von Lady Di. (Entschuldigung, ich war fünf.) Und bereits damals war die Queen die Queen und das schon seit fast drei Jahrzehnten. Jetzt ist noch die immer die Königin, mittlerweile seit mehr als 60 Jahren, und es sieht so aus, als würde sie das noch einige Jahre sein. Ich habe immer mal wieder verfolgt, was sie so treibt, aber viel ist von ihr leider nicht zu hören.

Eine Serie, in der es um das Leben dieser besonderen Frau der Zeitgeschichte geht, übt auf mich also per se eine Faszination aus. Und nachdem ich die erste Folge gesehen hatte, war es um mich geschehen. Nicht nur, weil die Serie einfach verdammt gut aussieht, nicht nur, weil großartige Schauspieler am Werk sind, nicht nur, weil hier die Dialoge sitzen und phasenweise Blicke und Gesten für sich sprechen dürfen. Sondern vor allem, weil mich "The Crown" hinter die Kulissen blicken lässt, eine junge Elisabeth zeigt, die Bedingungen eines solchen Lebens offenlegt. Auch wenn es nur Peter Morgans - des Drehbuchautors - Version ihres Lebens und königlichen Bürde ist, so lässt sie mich doch tiefer blicken als es mir bisher möglich war. Besonders faszinierend: Die Elisabeth, die ich in der ersten Staffel kennengelernt habe, ist ganz anders als das Bild, das ich bisher von Elisabeth II. hatte - und doch habe ich schon jetzt das Gefühl, dass ich verstehen kann, wie und warum sie sich verändert hat. (Die ausführliche DWDL.de-Kritik gibt's hier: "'The Crown': Opulentes Drama, würdig einer Königin".)  

Und zum Schluss noch drei Gucktipps und ein Hörtipp: 

Jack Bauer ist zurück. Na, zumindest irgendwie: Kiefer Sutherland spielt in "Designated Survivor" einen amerikanischen Politiker, der als einziger des gesamten Regierungsapparats einen Anschlag überlebt. Und jetzt überraschend Präsident ist. In den USA ist die Serie Ende September bei ABC gestartet, ab 6. November ist sie bei Netflix zu sehen.

Die deutsche Überraschungsserie des vergangenen Jahres geht in eine neue Runde: Die zweite Staffel der berührenden Krankenhausserie "Club der roten Bänder" ist ab 7. November bei Vox zu sehen.

Noch eine gute deutsche Serie: Die Mystery-Serie "Weinberg", eine TNT-Serie-Eigenproduktion, ist jetzt auch im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen. Und zwar ab 9. November bei Vox.

Wieder ein bisschen Eigenwerbung 😇 : Im DWDL.de-Podcast "Seriendialoge" geht es diese Woche um die britische Comedy "Derek". Die Drehbuchautorin Annette Hess ist ein großer Fan von Ricky Gervais und findet: "Derek" ist das beste, was er bisher gemacht hat.

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Jetzt zum wirklich Wichtigen: Wo kann man das gucken, über das ich schreibe?

"Good Girls Revolt": Nur bei Amazon Video (Prime).

"The Crown": Nur bei Netflix.

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