Anthony Michael Bourdain war jemand, der in Interviews stets klarstellen wollte, dass er ein einfacher Mann ist, der das ruhige Leben wertschätzt. Als einer der bekanntesten Fernsehköche unserer Zeit schien dieses Leben für ihn jedoch nicht mehr in greifbarer Nähe, war er doch stets von Menschenmengen umgeben. Ob in der Küche, oder in jedem einzelnen Land, dass er für seine Sendungen bereiste. 18 Jahre lang hat er diesen Trubel mitgemacht, bis er für sich entschlossen hat, dass es genug ist. Ein Rückblick auf sein Schaffen für die Welt und den positiven Einfluss, den er hinterlassen hat.

 

Dass Millionen von Menschen sein Leben einmal betrauern werden, hätte er als junger Erwachsener wohl genauso wenig gedachtet, wie mit Anfang 40. Seine Heroin- und Cracksucht, die ihn einen großen Teil seiner Jugend begleitet hat, bezeichnete er als seine traurigste Zeit. "Ich war eine unglückliche Seele. Viele Menschen in meinem Leben habe ich verletzt, enttäuscht und beleidigt." Mit dieser Schande müsse er für den Rest seines Lebens zurechtkommen, sagte er viele Jahre später in einem Interview mit dem britischen "Guardian". Bourdain: "Ich hätte sterben müssen."

Doch Bourdain kämpft sich aus seinem scheinbar unvermeidlichen Tod heraus. Er selbst sagte einmal, dass er sich zu den Glücklichen zählt, die es aus dieser Sucht geschafft haben. Glück hat da sicherlich auch reingespielt, doch war es vor allem seine Disziplin, die ihn aus diesem Loch herausgeholt hat. In Massachusetts fing der gebürtige New Yorker einen Neuanfang an, begann Teller abzuwaschen und war laut eigener Aussage zum ersten Mal wirklich zufrieden, mit dem was er tat. Bourdain schätzte die unaufgeregte Kulisse, die das kleine Restaurant in Cape Cod bot und all die freundlichen Mitarbeiter, die er hatte. "Der Tag, an dem ich zum Pommes Frittes braten befördert wurde, machte mich überglücklich."

Der Rest liest sich wie im Bilderbuch. Er etablierte seine Liebe zum Essen und kochte sich soweit hoch, bis er schließlich Chefkoch in der Brasserie Les Halles in Manhattan wurde, seiner Heimat. Als wäre das nicht genug, stieg sein erstes Buch "Kitchen Confidential: Adventures in the Culinary Underbelly" zu einem Bestseller auf. In diesem erklärte er, dass nur Menschen in dieser Branche überleben, die eine masochistische und irrationale Hingabe zum Kochen haben. So liebte Bourdain die Küche zwar, empfand sie oft aber auch als Ort, der Gift für die eigene Seele sein kann.

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Durch dieses Buch öffnete sich in seinem 44. Lebensjahr die Tür zur weltweiten Bekanntheit. Er schritt durch sie hindurch und hatte fortan nie wieder komplette Ruhe. Mit "A Cook‘s Tour" kam er das erste Mal ins Fernsehen. Er wollte reisen, Menschen kennenlernen und ihre Kulturen schmecken. Der Kabelkanal Food Network sollte das zahlen. Der Pitch ging durch. Diese Erfahrung weitete er mit seinen nachfolgenden Shows "No Reservations", "The Layover" und "Parts Unknown" aus. Für zuletzt genannte befand er sich zum Zeitpunkt seines Todes in Straßburg, Frankreich, um neue Episoden aufzuzeichnen.

Während er mit dem ersten Teil seines Lebens zeigte, dass es bessere Wege gibt, als Drogen zu nehmen, wurde er mit seiner Fernsehpräsenz zum vollkommenen Vorbild. Aus dem ignoranten Jugendlichen wuchs nicht nur ein renommierter Koch, preistragender Autor und Prominenter, sondern auch ein weltoffener Mann, der Neugier und Abenteuerlust förderte.

Doch das Privileg, für das Fernsehen die halbe Welt zu bereisen, war für den Koch nicht nur Freude. Der Junge, der seinen ruhigen Job als Küchenhilfe einst genoss, wurde zum Mittelpunkt vieler Menschen. 250 Tage im Jahr ging es für Bourdain von Land zu Land, um neue Kulturen zu entdecken und zu lernen, was Menschen auf den anderen Flecken der Erde so essen. Das sind gleichzeitig 250 Tage, die er stets von Kameras und medialer Betrachtung begleitet wurde. Dazu kommen unzählige Termine außerhalb seiner Show, wodurch er kaum Luft holen konnte, ohne dass es jemand gesehen hat.

Seine Müdigkeit konnte ihm jedoch selten angesehen werden. Ob es nun die erste Folge von "A Cook‘s Tour" war, oder ein aktueller Auftritt bei "Parts Unknown". Anthony Bourdain ging stets mit einem Lächeln in die Welt hinaus und blieb immer bei seiner simplen Art. "Was isst du gerne?" und "Was macht dich glücklich?" waren zwei Fragen, die er stets mit im Gepäck hatte. Wenn er diese einfachen Fragen mit seiner warmen Stimme stellte, bekam er meist erstaunliche Antworten zurück.

Das war das Geheimnis Bourdains und das seiner Sendungen. Er hielt es stets simpel. Für ihn ging es immer um gutes Essen und neue Erfahrungen, die er mit anderen Menschen machen konnte. Dabei war es ihm wichtig, auch mutig genug zu sein, neue Dinge auszuprobieren. Das galt auch für fremdartige Küchen. "Wenn du das Essen verschmähst, verschmähst du auch die Leute und ihre Kultur".

Geld hat er selten thematisiert. Denn dadurch fühlte er sich nie zu seinem Gegenüber verbunden. Mit dieser Einstellung machte er Freunde an den unterschiedlichsten Orten der Welt. Ob es in irgendeinem unbekannten Viertel in Tokyo mit Locals der Fall war, oder mit Barack Obama in Ho-Chi-Minh in einem kleinen Street-Food-Laden. Doch egal ob nun der Präsident der Vereinigten Staaten vor ihm saß, oder ein alter Mann, der zum ersten Mal in seinem Leben überhaupt in eine Kamera blickte. War er mit der anderen Person auf einer Wellenlänge, entblößte er seine nackte Seele.

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Bourdain hat uns gelehrt, wie wichtig es ist, sich nicht zu verstellen. Das mag wie ein Ratschlag klingen, den jeder Hollywoodfilm vermitteln möchte. Jedoch sprach Bourdain selbst vor hunderttausenden von Zuschauern über seine tiefsten Ängste, die er als Vater hat und welche Erlebnisse in seiner Kindheit dafür gesorgt haben, dass er zunächst den Drogen verfallen ist. Auf der anderen Seite war er aber auch ein Mann, der nicht nur ehrlich zu sich selbst war, sondern auch zu anderen. Als er in einer Folge "The Layover" mit Alton Brown in einem Strip-Club in Atlanta gelandet ist, trinkt er etwas mit einer Tänzerin und zeigt ihr auf, dass er und sie doch gar nicht so unterschiedlich seien. Er behandelte Menschen immer mit Respekt und Interesse. Das ist die wohl größte Scheibe, die wir uns von Anthony Bourdain abschneiden können.

Nie wurde er müde zu sagen, dass er mit "Parts Unknown" den besten Job der Welt habe. Er genoss sein Essen und bereiste Orte, an die die meisten von uns nie gelangen werden. Doch wer glaubt, dass solche Menschen ein erfülltes Leben haben müssen, begeht schon den ersten Fehler. Ihm hat etwas gefehlt. Doch hätte er nicht gewollt, dass sich andere Menschen fragen, was genau. Suizid ist eine persönliche Entscheidung, mit persönlichen Gründen. Vielmehr ist er der Typ dafür gewesen, den Ratschlag zu verteilen, in die Welt zu treten und eigene Erfahrungen zu machen: "Geh in den Schuhen eines anderen oder probiere immerhin sein Essen."

Sollten Sie oder eine Ihnen nahestehende Person mit dem Gedanken spielen, sich das Leben zu nehmen, können Sie sich jederzeit an die Telefonseelsorge wenden. Sie erreichen Sie unter der Telefonnummer 0800 111 0 111. Im akuten Fall können Sie sich an den Notarzt wenden.