“Ich dachte, dass wäre der schlechte Teil einer Beziehung”, sagt Comedian Louis C.K. in seiner Serie “Louie” über die einengenden Gefühle, die er nach einer Trennung in sich trägt. “Nein! Der schlechte Teil kommt, wenn du sie vergisst, wenn du dich nicht mehr um sie kümmerst, wenn du dich um gar nichts mehr kümmerst”, erwidert ein alter Mann, der sich seinen Herzschmerz anhören muss. “Das ist der süße Nugget der Liebe, süße traurige Liebe.” Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt aus einem philosophischen Gespräch, das sich mehrere Minuten in C.Ks Comedy-Serie abspielt. Viele Zuschauer haben nach solch einer Szene weniger mit einem Lachanfall zu kämpfen, als damit, eine Träne zu unterdrücken. “Louie” stellt mit diesem Beispiel nicht die Ausnahme dar. Immer mehr Kollegen folgen dieser Richtung, werden ernster und nachdenklicher. Doch ist das nicht vollkommen am Thema vorbei und Genreverleumdung?

Eine Frage, die alle zwanzig Jahre in den Raum geworfen werden kann. Als Ende der 30er Jahre langsam die Slapstick-Phase zu Ende ging, beispielsweise. Urväter dieser Kunst, wie auch Charlie Chaplin, wichen mehr und mehr von der großen Bühne, weil nun Varieté-Shows Einzug hielten. Programme, die mehrere Einzelemente in sich vereinigen. Hier wurden nicht nur die ersten Situationscomedys geboren, also Sitcoms, sondern auch Musicalnummern im Fernsehen etabliert. Ab den 60er-Jahren kamen britische Comedys hinzu, die uns den wirklich schwarzen Humor geschenkt haben und ab den 80ern gab‘s dann die Sitcoms, die wohl auf Ewigkeiten von Fans zitiert werden. Die eingangs aufgekommene Frage musste jedoch nie so ernsthaft gestellt werden, wie heutzutage. Denn die Veränderung der Comedy sah bislang so aus, dass sie nur auf eine andere Art lustig inszeniert wurde. Seit den 2000er Jahren schleicht sich jedoch eine Dramatisierung ein, die unser Verständnis für Humor grundsätzlich verändern kann.

Angedeutet wurde dieser Weg nach Sitcoms wie “Seinfeld” und King of Queens”. Diese Klassiker des Genres haben vordergründig kleine, witzige Anekdoten erzählt. Lustige Begebenheiten, mit denen sich jedermann auf leichte Art identifizieren kann. Nur äußerst selten wurde es mal ernster. Zur Jahrtausendwende kamen jedoch Comedys wie “Scrubs” oder “How I Met Your Mother” auf den Markt. Jedem von uns fallen direkt fünf lustige Szenen ein, die wir mit diesen Serien verbinden. Uns fallen jedoch auch direkt fünf traurige Momente ein, die uns zu Tränen gerührt haben. Als J.D. und Turk bei einem Patienten geblieben sind, damit er nicht alleine sterben muss, zum Beispiel. Oder als Lilly Ted offenbarte, wie sehr sie sich manchmal wünscht, ihr Kind zurückzulassen, einfach abzuhauen. Bereits diese Momente wurden mit all ihrer Tragik inszeniert, die vorhanden war.

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Vordergründig blieben “Scrubs” und “How I Met Your Mother” zwar Comedys. Nun könnte jedoch bereits die nächste Ära eingeläutet werden. Nicht nur “Louie” wäre dann ein Teil davon, sondern auch “Barry”, “Atlanta” und “Baskets”. Ironischerweise alles Serien, die ebenfalls von Comedians ins Leben gerufen wurden. “Barry” von Bill Hader, “Atlanta” von Donald Glover” und “Baskets” von Zach Galifianakis. Ihr bereits mehrfach unter Beweis gestellter Humor spielt in ihren Serien aber nicht die allergrößte Rolle. Sie beschäftigen sich viel lieber damit, ihr eigenes Leben zu ergründen, philosophische Fragen zu stellen und zum Nachdenken anzuregen. Warum?

Der Hauptverantwortliche dafür ist jemand, der im alten Millennium keine Rolle gespielt hat. Das Internet. Rundum die Uhr kann man über Plattformen wie YouTube nicht nur jegliche Comedy anschauen, die es bereits gibt. Gleichzeitig kann auch jeder selbst etwas hochladen, was er witzig findet. Plötzlich definiert nicht nur Jerry Seinfeld zur Primetime auf NBC was lustig ist, sondern ganz viele Menschen zu jeder Tageszeit. Dadurch haben wir innerhalb der ersten zwanzig Jahre, die es das Internet nun für die breite Masse schon gibt, bereits jede witzige Situation gesehen, die scheinbar existiert. Comedians wie Louis C.K. wählen also einen Ansatz, den es so noch nicht gibt.

Das ist die absolut richtige Entwicklung des Genres. Nicht nur, weil Sitcom-Klassiker wie “King of Queens” und “Eine schrecklich nette Familie” zeitlos bleiben und diese einfach immer und immer wieder geschaut werden können, sondern weil der Zuschauer dank “Louie” & Co. neue Reize gesetzt bekommt. Dabei ist es in der Tat so, dass nicht wie bei “Seinfeld” Gag auf Gag folgt. Doch durch die intensive Einführung einer Geschichte, sind die Lacher, die punktuell gesetzt werden, umso größer. Deswegen ist man Louis C.K. auch nicht böse, wenn er in einer Comedy drei Minuten über die Liebe philosophiert. Das Drehbuch ist so stark, dass der Gedanke gar nicht erst aufkommt, eine durch und durch pure Comedy sehen zu wollen.

Am Ende bedeutet das dennoch nicht, dass dies die alleinige Zukunft darstellt. Wir lachen aus vielen Gründen. Alberner Slapstick kann genauso witzig sein wie eine ordentliche Stand-Up-Nummer. Es ist jedoch toll mit anzusehen, wie sich Comedians auch den ernsten Themen des Lebens widmen können, ohne zu vergessen, wo sie herkommen.

In “Louie” verkörpert Louis C.K. eine fiktionale Version von sich selbst, also einen Stand-Up-Comedian und frisch geschiedenen Vater von zwei Töchtern in New York City.

In der HBO-Comedy “Barry” schlüpft Bill Hader in die Rolle des titelgebenden Ex-Marine, der sich nach seiner Karriere beim Militär als Profikiller engagieren lässt. Dabei würde er jedoch am liebsten einfach nur seine Passion als Schauspieler ausleben.

“Atlanta” dreht sich um zwei Cousins, darunter Donald Glover als Earn Marks, die in der Musikbranche durchstarten wollen. Beide haben Talent, was aber nichts daran änderst, dass sie sich zunächst mit dem Mindestlohn über Wasser halten müssen.

Der “Hangover”-Star Zach Galifianakis stellt in “Baskets” einen erfolglosen Clown dar, der durch seine unfreundliche und egoistische Art eine Zumutung für seine Mitmenschen darstellt.

Weitere, nicht erwähnte Comedyserien, die diesen Weg gehen und sehenswert sind: “Transparent”, “The Marvelous Mrs. Maisel”, “Master of None”, "Shameless".