Liebe - über Jahrhunderte hinweg! Begehren - über mehrere Leben hinweg! Weltherrschaft - von New York ausgehend! Mord - an einem Vampir! Kämpfe - mit äußerst unfairen Mitteln! Und schließlich: Freundschaft und die Notwendigkeit zur Veränderung. In der Serie "What We Do in the Shadows" steckt so einiges drin. Und damit viel mehr, als ich erwartet hätte.

Nachdem ich vor zwei Jahren den Film "What We Do in the Shadows" (deutscher Titel: "5 Zimmer Küche Sarg") gesehen und sehr genossen habe, war ich mir nämlich unsicher, ob es eine gute Idee ist, dass die Macher des Films, Jemaine Clement und Taika Waititi, daraus eine Serie machen. Denn der Film ist eine Mockumentary - also eine Pseudo-Dokumentation, die sich gleichzeitig über das zu dokumentierende lustig macht. Das funktioniert als Film hervorragend: Die Idee einer Vampir-WG war für mich so neu, dass ich mich köstlich amüsiert habe. Vampire - blutrünstige, verführerische, brutale und mächtige Figuren der Nacht, die man aus allerlei Filmen kennt - werden den Problemen des häuslichen Alltags der Gegenwart ausgesetzt. Das ist sehr lustig und trägt über die Filmdauer auch deswegen, weil die Situationen, in denen die vier unterschiedlichen Vampire hineingeraten, in ihrer Banalität herrlich absurd wirken. Aber als Serie konnte ich mir das nur schwer vorstellen. Die Witze waren gemacht, der Gegensatz mächtiger Vampir - banaler Alltag erzählt. Da kann jetzt nichts mehr kommen. Oder? 

Nein! Und ich bin froh darüber, wie falsch ich lag. Die Umsetzung als Serie funktioniert genauso gut wie die Umsetzung als Film - selbst für mich, die ich den Film schon kannte. Die Serie setzt zwar komplett neu an: neue Figuren, neuer Spielort (USA statt Neuseeland). Aber die Serie lebt nicht davon, dass die Herrscher der Nacht mit Staubwischen oder Steuerforderungen vom Finanzamt konfrontiert werden. Auch wenn man durch die vielen Clips, die der US-Sender FX vor dem Serienstart im vergangenen Jahr veröffentlicht hat, diesen Eindruck bekommen konnte. Die kleinen Teaser waren zwar witzig, aber zeigten die Vampire meist in einer kurzen Szene, die fast an einen Sketch erinnerten. Meine Befürchtung nach dem Lachen beim Gucken der Teaser: Die Serie könnte im schlimmsten Fall eine Aneinanderreihung von Vampir-Sketchen sein. Denn von einem Handlungsstrang oder von irgendeinem seriellen Ansatz war in den Teasern nichts zu sehen. 

Statt der befürchteten Sketch-Show: Kleine, oft absurd anmutende Geschichten, die uns die Figuren näherbringen, gespickt mit lustigen Szenen, die die Handlung untermalen oder sogar weiterbringen. In diesen Geschichten geht es um all das, was ich zu Beginn des Textes erwähnt habe - erzählt vor dem Hintergrund, dass diese Vampire bereits seit Jahrhunderten leben, nicht am menschlichen Alltag teilnehmen, sich dennoch an die gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen der Menschen anpassen müssen. 

Ich brauchte allerdings etwas, um mit den spröden Figuren warm zu werden. Anfangs fand ich sie nur lustig, doch zum Ende der zweiten Folge habe ich angedockt, mich eingefühlt. Als ich dann bei den Figuren angekommen war, erreichte die Serie bei mir den nächsten Level. Von "schau mal, wie lustig!" zu "oh, die arme Vampirin, dieser Satz verletzt sie doch sicher!" - also "von immer mal wieder reinschauen, wenn man gerade nichts anderes Spannendes schaut" zu "schnell noch eine zweite Folge schauen und am nächsten Abend auf jeden Fall weitergucken". 

Und so freue ich mich mit Nadja (Natasia Demetriou), als sie ihren heimlichen Geliebten Gregor wiederfindet - in einem Parkhauswächter namens Jeff. Sie ist nämlich eigentlich seit einigen Jahrhunderten mit Lazlo (Matt Berry) verheiratet. Beide hat es vor knapp 200 Jahren nach Staten Island verschlagen, wo sie nun mit den Vampiren Nandor (Kayven Novak) und Colin (Mark Proksch) eine große, düstere Villa bewohnen. Nandor ist der älteste des Quartetts, er war ein Herrscher im persischen Raum, hatte den Beinamen "der Gnadenlose" und war mit 37 Frauen verheiratet. Nadja, Lazlo und Nandor sind es, die im Schatten der Nacht leben und auch noch immer die prächtigen spitzenbesetzten und goldgewirkten Gewänder der Vergangenheit tragen. Colin dagegen sucht das Tageslicht und ist in Sachen Kleidung angepasst an die Menschen, untern denen die vier leben. Er ist zwar auch ein Vampir, aber ein Energie-Vampir. Einer, der in Großraumbüros Kollegen und Kolleginnen mit seinen trivialen, langatmigen und langweiligen Ausführungen jeden Antrieb raubt - er saugt den Menschen so ihre Energie aus wie die anderen Vampire das Blut beim Biss. Der fünfte im Bunde gehört eigentlich gar nicht dazu: Guillermo (Harvey Guillén) ist Nandors menschlicher Vertraute, der seit Jahren in Abhängigkeit und Ausbeutung lebt, weil er hofft, so seinem großen Ziel näherzukommen. Er will nämlich selbst ein Vampir werden. 

Für alle, die den Film gesehen haben und mochten, noch zwei Hinweise:
Erstens: Der Humor in der Serie unterscheidet sich leicht vom Humor im Film. Er ist zwar immer noch makaber, blutig und funktioniert über den Gegensatz Vampir - Alltag, zusätzlich gibt es aber mehr sexuelle Anzüglichkeiten (dem Bild des triebgesteuerten, sexbessenen Vampir entsprechend nimmt Sex und das Reden darüber insgesamt viel Raum ein).
Zweitens: Es gibt versteckte Anspielungen und Gastauftritte der Vampire (und natürlich ihrer Darsteller) aus dem Film. 

Die erste Staffel von "What We Do in the Shadows" gibt's bei Amazon und Joyn Plus - auf Deutsch und im englischen Original. Bei Google Play ist nur die deutsche Version verfügbar. In den USA läuft die zweite Staffel.