Quelle der Daten für diesen Artikel: AGF Videoforschung

In der ersten Monatshälfte hatte es so ausgesehen, als wäre die Zeit reif für eine Revolution auf dem deutschen Fernsehmarkt: Vox lag während dieses Zeitraums vor Sat.1 - und das zwischenzeitlich mit recht komfortablem Vorsprung. Doch in der Endphase ging Vox ein wenig die Puste aus und Sat.1 nahm im Gegenzug doch noch etwas mehr Fahrt auf. Und so rettete sich Sat.1 im September letztlich noch auf einen Monatsmarktanteil von 7,7 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, während sich Vox mit 7,3 Prozent zufrieden geben musste.

Mit einem blauen Auge davon gekommen, könnte man also bei Sat.1 nochmal sagen - doch es ist eigentlich mehr als nur ein blaues Auge: Sat.1 markierte mit den 7,7 Prozent nämlich einen historischen Tiefststand. Schlechter lief es für Sat.1 noch nie, den gleichen Wert gab es erst ein einziges Mal - allerdings im von der Fußball-EM geprägten Juni 2016. Im Vergleich zum August, als Sat.1 sich noch an ProSieben vorbeischieben konnte, ging es um 0,8 Prozentpunkte nach unten, stärker als für jeden anderen. Hier macht sich das Fehlen von "Promi Big Brother" bemerkbar, das im vergangenen Monat noch für einen Quotenanstieg gesorgt hatte.

Bei Sat.1 häufen sich die Problemfälle, doch auch Vox verliert leicht

Die Probleme von Sat.1 sind vielfältig. "House Rules" war mittwochs ein Totalausfall, ebenso die Promi-Version von "The Taste" am Sonntagabend. Auch die Dienstagsfilme waren durchweg einstellig, zuletzt mit nur 6 Prozent für eine Erstausstrahlung. Das "TV-Duell" sahen sich die Leute lieber bei anderen Sendern an, Sat.1 musste mit knapp über 3 Prozent Marktanteil leben und hatte auch mit den meisten anderen Sendungen im Vorfeld der Wahl Probleme. Dazu schwächeln auch noch die zahlreichen "Auf-Streife"-Sendungen im Tagesprogramm, ebenso wie "Die Ruhrpottwache".

Vox unterdessen konnte sich über die Rückkehr der "Höhle der Löwen" freuen - die Gründershow verhilft dem Sender regelmäßig zum Tagessieg am Dienstag, doch Fakt ist auch, dass man derzeit etwas unter dem Vorjahresniveau liegt. Dazu gesellen sich weiterhin größere Probleme mit den Serien-Sendeplätzen am Mittwoch und Freitag. Und dann kommt noch ein Ereignis hinzu, das generell im September allen Privaten geschadet und den Öffentlich-Rechtlichen genutzt hat: Die Bundestagswahl, die im Ersten und im ZDF vielen Info- und Talk-Sendungen steigende Reichweiten bescherte. Und so muss Vox erstmals seit längerem auch wieder einen Rückgang im Vergleich zum Vorjahresmonat hinnehmen. Im September 2017 hatte Vox nämlich noch 0,4 Prozentpunkte mehr erzielen können.

RTL weit unter Vorjahr, ProSieben berappelt sich nach Tiefschlag

Verglichen mit RTL ist man bei Vox aber noch ganz gut davon gekommen. RTL hingegen legte keinen gelungenen Start in die neue Saison hin. 11,8 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen standen letztlich zu Buche, das war im Vergleich zum vergangenen Jahr ein Rückgang um satte 1,5 Prozentpunkte. Neben den beiden Spielen der deutschen Nationalmannschaft wusste RTL es vor allem noch mit "Alarm für Cobra 11" sowie dem "Supertalent" und "Take me out" im Schlepptau" zu überzeugen. Doch ansonsten bleibt aus dem September nicht viel positives hängen. "This time next year" war eine Enttäuschung, "Bad Cop" macht aus dem "Cobra 11"-Vorlauf nicht genug, "Dance Dance Dance" schaffte mit den Veränderungen zu Staffel 2 nicht den erhofften Sprung nach vorne, sondern läuft sogar schlechter. Und eine einzelne Folge "Bones" am Dienstagabend ist einfach zu wenig, um an diesem Abend eine schlagkräftige Alternative anzubieten, "Die 10/25" am Mittwochabend gehen auch nur noch als einfallslose Notlösung durch. Dazu kommen ähnlich wie bei Sat.1 große Probleme am Nachmittag, wo man sich inzwischen wieder mit Doppelfolgen des "Blaulicht-Reports" behilft, den man schon lange zum Auslaufmodell erklärt und eigentlich sogar schon aus dem Programm verbannt hatte. Da dort derzeit von den eigentlich erwarteten Testläufen wenig zu sehen ist, bleibt auch die Frage, wie sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern soll, vorerst unbeantwortet.

Bei ProSieben darf man unterdessen im September zumindest mal durchatmen. Nach dem Tiefschlag mit nur noch 8,3 Prozent Marktanteil im August und den Fall hinter Sat.1, konnte sich der Sender im September immerhin wieder auf 9,4 Prozent berappeln. Auch das war noch weniger als im vergangenen Jahr und der bislang schwächste Monat seit über 20 Jahren außerhalb des Sommers, doch nach den Erlebnissen des Augusts wird man erstmal froh sein, dass es überhaupt dafür reichte. Größte Enttäuschung des letzten Monats dürfte dabei fraglos die in die Primetime beförderte "Bachelor"-Version von "Kiss Bang Love" sein, die ProSieben miserable Quoten am Donnerstagabend bescherte. Tragisch ist auch, dass ProSiebenSat.1 zwar theoretisch Zugriff auf so viele US-Serien wie noch nie hat, nachdem RTL sich hier inzwischen zurückhält - aber so wenig erfolgsversprechendes findet, dass man den Mittwochabend mit Film-Wiederholungen überbrücken muss. Und die mit vielen Wiederholungen gestreckten "Simpsons" am Dienstagabend sind eben auch meist einstellig.

Die Bundestagswahl hilft den Öffentlich-Rechtlichen

Blickt man auf den Vergleich zum September 2016, dann fällt auf, dass alle großen Privatsender rückläufige Marktanteile zu verzeichnen hatten, während sowohl Das Erste als auch das ZDF zulegen konnten. Die Marktführung beim Gesamtpublikum verteidigte das ZDF mit 12,9 Prozent (+1,0 Prozentpunkte zum Vorjahresmonat) vor dem Ersten, das 11,2 Prozent erreichte (+0,2 Prozentpunkte zum Vorjahresmonat). Bei den 14- bis 49-Jährigen lag Das Erste mit 6,8 Prozent (+0,9 Prozentpunkte zum Vorjahresmonat) vor dem ZDF, das 6,2 Prozent erzielte (+0,6 Prozentpunkte zum Vorjahresmonat).

Wie weiter oben in diesem Artikel schon angedeutet, lässt sich das teilweise mit der Bundestagswahl erklären. Nicht nur am Wahlabend sind ARD und ZDF erste Wahl bei den Zuschauern, auch die zahlreichen Sendungen in den Tagen und Wochen davor sowie die Talks an den Tagen danach profitierten von der nahenden oder gerade gelaufenen Wahl und erzielten, auch wenn es sich um Regelsendungen wie die Talks handelte, meist höhere Werte als gewohnt. Dass das ZDF mit "Zarah" und - mit Blick aufs Gesamtpublikum - auch mit dem "Pubertier" bittere Flops hinnehmen musste, fällt da weniger ins Gewicht. Und während die Daytime für die Privaten zum Problem wird, können sich die Öffentlich-Rechtlichen auf "Bares für Rares" und "Wer weiß denn sowas?" mehr denn je verlassen.

"Love Island" hilft RTL II kaum, kabel eins schwach

Im Schnitt gut 6 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen erzielte mit "Love Island" die wohl wichtigste RTL-II-Produktion in den letzten Wochen - damit lief das Format ordentlich, doch im Vorfeld dürfte man sich trotzdem etwas mehr erhofft haben (auch wenn man nach den ersten Quotenrückgängen zwischenzeitlich auch Schlimmeres befürchtet haben dürfte). Das Format lief häufig besser als der Vorlauf, doch es war letztlich zu wenig, um RTL II wirklich voran zu bringen. Der Monatsmarktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen sank daher nach dem zwischenzeitlichen Sommer-Hoch im September wieder auf maue 5,1 Prozent.

Mit Problemen hat man auch bei kabel eins zu kämpfen, wo nicht nur die Eigenproduktion "Die schlimmsten Verbrechen" am Dienstagabend nicht funktionierte, sondern vor allem die ungelösten Vorabendprobleme weiter zu Buche schlagen. Im Herbst werden zwei neue Formate getestet - funktionieren auch die nicht, dürfte es schwer werden, das Quotental von derzeit 4,6 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen wieder zu verlassen.

Die Monatsmarktanteile im Überblick

  MA ab 3
+/-
Vormonat
+/-
Sept 16
MA 14-49 +/-
Vormonat
+/-
Sept 16
Das Erste
11,2 +0,2
+0,2
6,8
+0,6
+0,9
ZDF
12,9 -0,2
+1,0
6,2
-0,2
+0,6
RTL
9,0
+0,4
-1,1
11,8
+0,5
-1,5
Sat.1
6,4
-0,4
-1,4
7,7
-0,8
-1,4
ProSieben
4,5
+0,5
-0,3 9,4
+1,1
-0,3
Vox
5,1
+0,1
-0,5
7,3 -0,1
-0,4
RTL II
2,9 -0,2
-0,6 5,1 -0,3
-0,6
kabel eins
3,5
+0,2
-0,3
4,6
-0,1 -0,4

Die Spalte +/- gibt die Veränderung im Vergleich zum Vormonat bzw. zum Vorjahresmonat an. Quelle: DWDL-Recherche

Quelle für alle Daten in diesem Artikel, sofern nicht anders vermerkt: AGF SCOPE 1.5; Marktstandard: Bewegtbild; vorläufig gewichtete Daten; Tages-MA: Auswertungstyp TV-Zeitintervall; nutzungsbezogen; Sendungsdaten: Auswertungstyp TV; produktbezogen;