Auch bei den Print-Auflagenzahlen im 4. Quartal zeigt sich wenig überraschend alles in allem das gewohnte Bild: Tiefrote Zahlen bei der weit überwiegenden Zahl der Titel. Doch es gibt Ausnahmen. Besonders beeindruckend ist die jüngste Entwicklung der "Zeit". Nachdem sich das Wochenblatt schon in den letzten Jahren erstaunlich stabil bei eine nur leicht um die halbe Million schwankenden Auflage gehalten hatte, wurde im Verlauf des letzten Jahres nochmal ein Turbo gezündet. Im 4. Quartal gab's nun zum dritten Mal in Folge einen neuen Rekord zu vermelden. So kommt die "Zeit" nun schon auf 547.390 verkaufte Exemplare. Das entsprach einem Zuwachs von 8,6 Prozent beim Gesamtpublikum.

Und das ist sogar nur die halbe Wahrheit: Blickt man nur auf die Entwicklung der "harten Auflage" aus Einzelverkauf und Abo, dann liegt das Plus sogar bei enormen 15,4 Prozent im Vergleich zum 4. Quartal 2019. In diese "harte Auflage" fließen beispielsweise stark rabattierte Verkäufe ebensowenig ein wie Lesezirke oder Bordexemplare. Letztere sind angesichts der Beschränkungen im Flugverkehr ja ohnehin bei fast allen weggebrochen - so auch bei der "Zeit". So fehlten in der Auflage diesmal also sogar noch über 21.000 Bordexemplare (die so stark vergünstigt abgegeben werden, dass sie sich kaum rechnen), das wahre Wachstum war also höher, als es die Zahlen auf den ersten Blick zeigen.

Erklären lässt sich dieses kleine "Auflagen-Wunder" mit dem starken Anstieg an Digital-Abos. Das umfasst bei der "Zeit" zum Einen alle Online-Bezahl-Artikel unter Z+, aber auch das wöchentliche E-Paper und ist damit sogar teurer als das Print-Abo - und geht dank des E-Paper-Zugriffs komplett in die Auflage ein. "Bild" etwa hat zwar auch viele Digital-Abonnenten von Bild+ (im Dezember wurden pro Tag im Schnitt 508.881 "digitale Nutzungsrechte" gezählt), die ebenfalls Zugriff aufs E-Paper haben, weil der monatliche Preis dort aber erheblich geringer ist als der einzelnen "Bild"-Ausgaben zusammengenommen, können diese Zahlen auch nicht in die Print-IVW-Zahlen eingerechnet werden.

  Verkaufte
4/2020
Verkaufte
4/2019
+/-
absolut
+/-
in Prozent
TV 14
1.757.624 1.884.977 -127.353 -6,8 %
Bild
1.116.650 1.280.653 -164.003 -12,8 %
TV Digital
1.060.959 1.239.524 -178.565 -14,4 %
Landlust
886.391 827.806 +58.585 +7,1 %
TV Direkt
867.115 868.445 -1.330 -0,2 %
Hörzu
865.588 912.714 -47.126 -5,2 %
Nur TV Plus
854.127 874.529 -20.402 -2,3 %
TV Movie
722.968 809.059 -86.091 -10,6 %
Der Spiegel
649.235 691.451 -42.216 -6,1 %
Bild Am Sonntag Gesamt
645.352 701.791 -56.439 -8,0 %
TV Spielfilm
614.099 662.541 -48.442 -7,3 %
Auf Einen Blick
613.819 651.687 -37.868 -5,8 %
TV Pur
575.856 598.522 -22.666 -3,8 %
Die Zeit
547.390 504.080 +43.310 +8,6 %
Bild Der Frau
533.277 600.353 -67.076 -11,2 %

Apropos "Bild": Dort geht's weiterhin in rasantem Tempo bergab, aber der Absturz ist nicht mehr ganz so heftig wie sich das noch im dritten (-14 Prozent) und insbesondere im zweiten Quartal (-18 Prozent) gezeigt hatte. Der Einbruch um 12,8 Prozent auf nun 1,12 Millionen verkaufte Exemplare ist trotzdem beträchtlich. "Bild" hat besonders mit der Corona-Pandemie zu kämpfen, weil das Blatt sich fast ausschließlich an Kiosken, in Tankstellen oder Supermärkten etc. verkauft. Home-Office ist da natürlich eine denkbar schlechte Voraussetzung, um weiterhin seine Käufer zu finden. Bei der anderen Springer-Zeitung "Welt" beträgt das Auflagen-Minus sogar 34,2 Prozent, in der harten Auflage noch etwas mehr. Maßgeblich ist hier auch die Einstellung der "Welt kompakt" und die dadurch wegfallenden Verkäufe, die zvor der Gesamt-Marke zugerechnet worden waren, verantwortlich.

Immerhin: Bei der "Welt am Sonntag" sind durch den Wegfall kosmetischer Maßnahmen offiziell auch erheblich weniger Exemplare bei Lesern gelandet, die harte Auflage zeigte sich mit einem Minus von einem Prozent aber  halbwegs stabil. Bei "Bild am Sonntag" verringerte sich das Minus der harten Auflage im Vergleich zum Vorjahr auf 6,9 Prozent, ähnlich stark verlor die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Im Aufwind unter den Wochentiteln: "Der Freitag". Bei den Tageszeitungen legten zwei überregionale Titel in Sachen harter Auflage gegen den Trend zu: Beim "Handelsblatt" zog die harte Auflage aus Einzelverkäufe und Abos um 2,4 Prozent an, bei der "taz" um 1,2 Prozent. Die "SZ" hielt sich annähernd stabil, die "FAZ" gehört mit einem Minus von 8,6 Prozent hingegen zu den großen Verlierern.

Bei den großen aktuellen Magazinen kann der "Spiegel" sich über eine steigende harte Auflage freuen, hier ging's um 3,2 Prozent nach oben, auch hier maßgeblich dank digitaler Abos. Dass die komplette Verkaufte Auflage trotzdem 6,1 Prozent unter dem Vorjahreswert lag, ist durch den Wegfall der Bordexemplare zu erklären. Titel, die ihre Gesamt-Auflage durch solche Maßnahmen besonders aufgebläht haben, tatsächlich also viel weniger echte Käufer fanden, gehören daher nun natürlich zu den größten Verlierern. Der "Focus" ist mit einem Auflagenminus von 28 Prozent so ein Fall, die harte Auflage fiel "nur" um 5,4 Prozent. Damit hielt man sich besser als der "Stern", dessen harte Auflage heftige 10,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr im Minus lag.

Auf Seite 2: Die größten Gewinner und Verlierer