"Uns fehlt bei Sat.1 hin und wieder die Konstanz." Das sagte Andreas Bartl im März 2011 und damit gut ein Jahr nach seinem Amtsantritt als Geschäftsführer von Sat.1 - nur ein halbes Jahr später übergab er kürzlich das "bestellte Haus" an Joachim Kosack. Und tatsächlich: Wenn es Sat.1 in den vergangenen zehn Jahren an einem fehlte, war es wirklich die Konstanz. Martin Hoffmann, Roger Schawinski, Matthias Alberti, Torsten Rossmann und Guido Bolten hatten in dieser Zeit das Sagen. Kaum einer von ihnen ließ es sich übrigens nehmen, Sat.1 ein neues On-Air-Design zu verpassen oder gar das Logo zu überarbeiten.
Praktisch nebenbei musste Sat.1 zu Beginn des neuen Jahrtausends in die ProSieben-Familie integriert werden - inklusive des 2009 vollzogenen Umzugs von Berlin nach München, der längst nicht geräuschlos über die Bühne ging. Nein, langweilig wurde es nie. Für einen der größten Paukenschläge sorgte wohl der Geschäftsführer-Wechsel im Dezember 2003: Kaum war Roger Schawinski an Martin Hoffmanns Stelle getreten, verkündete Harald Schmidt auf dem Höhepunkt des Erfolgs seinen Abschied von Sat.1, begleitet von wochenlangen Grabesreden des Feuilletons.
Und so lautete Schawinskis wichtigste Aufgabe, einen Ersatz zu finden - mit Anke Engelke glaubte er, ihn gefunden zu haben. Doch der versprochene lange Atem fehlte Schawinski: Nach wenigen Monaten musste Engelke wegen schlechter Quoten aufgeben. Aus Marktanteils-Sicht war dir Ära Schawinski richtig erfolgreich, schließlich etablierte er während seiner Zeit Shows wie die "Schillerstraße" und "Genial daneben", die Sat.1 über Jahre hinweg verlässlich hohe Quoten bescherten. Doch seinen Erfolg hatte der Schweizer nicht zuletzt einem Hit namens "Verliebt in Berlin" zu verdanken.

Mit der Telenovela rund um das hässliche Entlein Lisa Plenske, die Ende Februar 2005 startete, schossen die Quoten am Vorabend regelrecht aus der Decke - selbst "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" musste damals zittern. Das große Finale mit der in der Primetime ausgestrahlten Hochzeit im Schnitt mehr als sieben Millionen Zuschauer, in der Zielgruppe lag der Marktanteil bei grandiosen 38,5 Prozent. Wie wichtig "Verliebt in Berlin" für den Erfolg von Sat.1 war, zeigt ein Blick auf die Marktanteile: Von September 2006 an - dem Monat, in dem die Hochzeit lief - sollte es rund eineinhalb Jahre dauern, ehe Sat.1 wieder einen Monatsmarktanteil von mehr als elf Prozent beim jungen Publikum erzielen würde.
Immer wieder bewies Schawinski Mut - etwa, als er mit dem vom ZDF gekommenen Thomas Kausch die wenig populären Nachrichten des Senders zu den erfolgreichen "Sat.1 News" umbaute. Er testete einen Polittalk am Sonntagabend, ein Klatsch-Magazin am Vormittag und versuchte verzweifelt, mit neue Telenovela-Stoffen den nach der Plenske-Hochzeit im Sinkflug befindlichen Vorabend neue Flügel zu verleihen - ohne Erfolg. Auch ambitionierte Projekte wie die Serie "Bis in die Spitzen" und der Mehrteiler "Blackout", der am Ende auf den späten Abend verschoben wurde und vor lediglich 380.000 Zuschauern zu Ende ging. Kurios: Wegen eines früheren Sendeplatzes hatte die Wiederholung bei kabel eins einige Tage später sogar mehr Zuschauer.
"Wir hatten nicht genau genug analysiert, ob wir mit einer Serie wie Blackout die richtige Ansprache für das Publikum von Sat.1 gewählt hatten", schrieb Schawinski später in seinem Buch "Die TV-Falle". "Wir hatten gehofft, dass der Köder diesmal dem Fisch und dem Angler zugleich schmecken würde, aber wir Macher hatten den Schmaus vorwiegend mit unserem eigenen Gaumen abgeschmeckt." Am Ende wollte Schawinski wohl einfach zu viel. Als die Marktanteile von Sat.1 binnen eines Jahres in der Zielgruppe um über zwei Prozentpunkte sanken, musste der Chef seinen Hut nehmen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, lief es seither für Sat.1 aber selten besser als zu diesem Zeitpunkt.