Sie haben sicher schon mal Formel 1 bei RTL gesehen. Heiko Waßer heißt der Mikro-Mann, der uns dort quält. Unvorstellbar der Moment, an dem sein "Experte" Christian Danner nicht mehr seinen Dienst anträte. Grausig. Franzi van Almsick tat Gutes, als Sie während der Olympiade neben Ralf Scholt an den Beckenrand gestellt wurde. Klar, frisch, kompetent. Im Sport scheint der Experte angenommen und ein bereicherndes Element zu sein (denken Sie jetzt an Firlefranz Beckenbauer?).

In den Kernbereichen der journalistischen Berichterstattung, der Politik und der Wirtschaft, will der Experte aber nicht so recht zünden, nein er nervt oder ist sogar gefährlich, weil überschätzt und meist ohne Legitimation. Und deutsche Redakteure verfallen offenbar gerne einem „me-too-Reflex“, der das Ergebnis zeitigt, dass die immer gleichen „Experten“ phrasenhaftes Wortkompott absondern, das entweder ungefährlich weil substanzfrei oder irreführend weil falsch oder ermüdend weil wichtigtuerisch daherkommt.

Professor Heinrich Oberreuter, aktuell bei der bayerischen Landtagswahl, ein Experten-Fossil, der gefühlte 200 Jahre die Geschehnisse in der CSU kommentiert, nicht merkend, dass er ein Teil des Systems ist, welches er kommentiert und damit auch ein Teil des Problems sein könnte.

Professor Dr. Michael Hüther, in Wirtschaftsfragen unerlässlich, den man auch einen Lobbyisten der deutschen Wirtschaft nennen könnte, von der sein gleichnamiges Institut bezahlt wird, um uns meist öffentlich-rechtlich kritiklos als der Wirtschaftsexperte vorgeführt zu werden und bis vor kurzem dem Staat dringend riet, sich aus allem rauszuhalten (vgl. auch Bankenkrise).

Gerne erinnern wir uns an die Zeit, als wir noch kein Finanz-, aber ein Klimaproblem hatten. Dort tat sich ein blässliches Gesichtchen mit Namen Claudia Kempfert hervor, selbstverständlich Professor Doktor, selbstverständlich auch für irgendein Institut irrlichternd, um uns die Beschwernisse der Energiepolitik zu erläutern, was ihr aber nahezu immer misslang.

Offenbar trauen deutsche Redaktionen Ihren moderierenden Kollegen mehr als eigenständige 2:30-Minuten-Wortbeiträge nicht mehr zu. Allüberall blitzen uns Geistesströme bis dato Unbekannter entgegen, die wir aufgrund kurzer Schrifttafel-Einblendungen à la „Wirtschafts-Experte“, „Politikwissenschaftler“ etc. einfach mal so für wissend halten sollen, weil wir es in der Regel an Ihren inhaltlichen Beiträgen ja nicht erkennen können.

Experten waren es auch, die seit Jahrzehnten um den Fetisch „14-49“ tanzten. Dass man es mit einer solchen Banalität zu einem Spiegel-Interview bringt, ist schon erstaunlich. Der Experte Dieter Müller von der ARD Fernsehforschung deckte in der ARD nach 20 Jahren auf, dass die Privatsender deswegen Erfolg haben. Und der „Erfinder“ der Zielgruppe, Helmut Thoma, darf kokettierend an der eigentlichen Wahrheit vorbeischwadronieren, dass „14-49“ das Alleinstellungsmerkmal der neuen Sender war, das die werbende Industrie dankend annahm, damit sie 20 Jahre für alle über 50 (d.h. die meisten Fernsehzuschauer) keinen Cent bzw. damals keinen Pfennig zahlen muss.

Das ist ja alles nicht schlimm. Aber eben auch kaum erwähnenswert, wären da nicht die Experten, die sich selbst mit allerlei Kleinheiten nach vorne schieben, und, im Falle unserer Instituts-Leiter, den warmen Strom der Studienaufträge ob Ihrer Wichtigkeit via Öffentlichkeit in wohlige Bahnen lenkten.

Dazu ist Fernsehen doch zu schade.

Ich bin ja auch Experte: deswegen rate ich den kommenden politischen Führern in diesem Lande eindringlich das, was Gerhard Schröder immer wusste: BILD , Bams, Glotze sind wichtig und sonst nix. Liebe CSU-Politiker: schaut RTL. Die Super Nanny, den Zwegat, den Restauranttester, den Jauch. Dann seht ihr Deutschland. Und werdet Bayern verstehen.

Grübelt, denkt, zweifelt, spinnt, träumt und visioniert. Aber bitte mit Mut, Zuversicht und Lautstärke. Tanzt, tanzt, vor allem aus der Reihe.

Ahoi!
Kai Blasberg

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