Liebe Anke, bleib schön schwach

Foto: DWDLLiebe Anke,

nachdem ich dir Bitten gestellt habe, die du nicht erfüllt hast, und ich dich abgehört habe, ohne dass du mich angezeigt hast, möchte ich dir nun einen Brief schreiben, den du nicht lesen wirst. Ich schreibe ihn nicht aus der Motivation heraus, deine Sendung zu verbessern. Das tun die mobilen Einsatzkommandos viel besser. Ich habe auch keinen Grund, deine Sendung zu kritisieren. Sie ist besser geworden. Ich habe nur Lust mit dir zu sprechen. Du bist die letzte Projektionsfläche für Fernsehkritik, du bist der letzte angreifbare Punkt. Du bist nicht komplett, in deinem Sujet nicht erfahren. Du kannst kein StandUp.

Ich habe deine Sendung in dieser Woche wieder gesehen. Wer weiß, was mich geritten hat. Vielleicht war es, weil dein Beitrag zum "Untergang", der - nehmen wir vielleicht einmal Bullys schlimmes Traumschiff Surprise aus - totalsten Promotion seit Ewigkeiten, darin bestand, Götz Otto heftig zu beleidigen. Oder weil du wunderbar crossformatig im Champions-League-Studio rumeierst, bis du Oliver Welke dazu veranlasst hast, beschämt zu Boden zu blicken. Oder weil du so schön mit Ulla Kock am Brink gezickt hast. Ich habe dich gesehen. Das ist dein erster Erfolg.

Deinen zweiten kann ich nur mit einer gewissen Affinität zum Unvollkommenen umschreiben. Es sind deine Einspieler. Eine großartige Idee - kommt sie von Jeffrey? -, als Victoria Beckham dem Mannschaftsbus von Real Madrid die Aufwartung zu machen und im Chav-Kostüm seine Rückkehr zu fordern. Du hast deinen Spruch auf ein Pappschild geschrieben und ihn dem Mannschaftsbus entgegengehalten, dich diebisch gefreut, als David Beckham seinen Gilette-Hals ein Stück wendete und dir ein Lächeln schenkte, eines, dem man den englischen Landadel ansah. Der rote Faden deiner Sendung, ein geradezu hochbombastisch missglückter Auswurf an Aktionismus, vorgetragen mit dem ungebrochenen Stolz der starken Karrierefrau. Fail with consequence, loose with eloquence (The Notwist): Kein schlechter Weg.

Deiner Sendung sieht man an, dass sie in einem medialen Hohlraum entstanden ist. Es gab keine deutsche Latenight vor Harald Schmidt, es gibt keine deutsche Latenight nach Harald Schmidt. Der Ladykracher ist stärker als jedes Konstrukt, das man für dich ausgedacht hat. Deine Unfähigkeit, dein Halbwissen sind zu stark, um in einer anderen Formation zum Tragen zu kommen, als im Ladykracher. Verstehen wir uns? Ich bin begeistert. Seit Oliver Pocher hat es niemand geschafft, mit starrhalsigem Trash zu überzeugen. Du bist auf dem besten Weg.

Der Weg ist das Ziel für Roger Schawinski, jede Äußerung zu deiner Sendung riecht nach Arbeit. Man merkt nichts davon. Dein Studio ist kleiner, deine Gäste sind nicht mehr zu groß, deine Standups sind flüssiger getextet. Aber du, Ladykracher, zerhackst jeden Ansatz mit der Vehemenz eines Superstars.

Ich werde deine Sendung in Zukunft öfter verfolgen.