Foto: PhotocaseSo mancher vermisst im Fernsehgeschäft heute einen funktionierenden Markt. Hört man sich in der Branche um, so herrscht jenseits der Sender große Bitterkeit. Produzenten klagen darüber, dass die wenigen verbliebenen Produktionen mit immer engeren Budgets realisiert werden müssen. Ihre Mitarbeiter, Dienstleister und freien Kollegen klagen über immer mehr Arbeit für immer weniger Geld. Vor allem bei den nicht-fiktionalen Inhalten bietet sich derzeit kein schönes Bild.

Längst ist die Goldgräberstimmung der Jahrtausendwende, als Produktionsfirmen wie Pilze aus den Boden schossen, verflogen. Vielerorts geht es nicht mehr um noch mehr Gewinn, sondern um das nackte Überleben. Die Zeichen stehen auf das, was steril Marktbereinigung heißt, aber letztlich das Aus für viele kleine Unternehmen und ihre Dienstleister bedeutet. Auch von der kurzen Aufbruchstimmung mit dem Start der digitalen Spartensender vor ein paar Jahren ist nach den ersten Pleiten nicht mehr viel zu spüren.
 

 
Großen Anteil an der Situation hat die Struktur des Fernsehmarktes in Deutschland mit den öffentlich-rechtlichen Sendern auf der einen und lediglich zwei großen privaten Playern auf der anderen Seite. Denn durch diese Übersichtlichkeit der bedeutenden Auftraggeber scheint es schwer, dass sich ein Wettbewerb zwischen den vielen Programmanbietern auf der Ebene der Inhalte abseits der Leuchttürme herausbilden kann.

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"Der Markt ist sehr transparent. Es herrschen in nahezu allen Bereichen Standardpreise ohne Spannen", beklagt zum Beispiel Rudolf Runge, Geschäftsführer von Runge TV. Das Unternehmen stellt im Auftrag der Sender Reportagen und Dokumentationen her. Der weitaus größere Geschäftsbereich des Unternehmens sind jedoch Dienstleistungen für andere Produzenten. "Ich verwende viel Zeit darauf, um Posten wie 30 Euro mehr oder weniger für einen Kameramann pro Tag zu verhandeln", sagt Runge, der sich mehr und mehr nicht mehr als Teil der kreativen Fernsehszene, sondern manchmal eher als Jobagentur sieht, die ohne Provision arbeitet.

"Der Preisdruck ist enorm. Die Honorare für freie Kameraleute und Assistenten zum Beispiel geben wir eins zu eins weiter", erklärt Runge. Zwischen 750 und 650 Euro hat sich der Tagespreis für ein Drehteam aus Kamermaann oder -frau und Assistenten mittlerweile heruntergeschraubt - HD-Ausrüstung inklusive. "In der derzeitigen Marktsituation können wir unsere Struktur nur aufgrund der in 20 Jahren gewachsenen Marktposition mit ensprechenden Produktionsvolumina aufrecht erhalten", so Runge.

Jörg GrafViele sehen letztlich die Sender als die einzig Verantwortlichen. Auch RTL-Produktionschef Jörg Graf (Bild) ist bekannt, in welchem Lichte er zuweilen steht. "Die Kommunikation läuft völlig quer", sagt er. "Es ist schon erstaunlich, was wir angeblich alles nicht mehr zahlen". Trotz aller Sparanstrengungen sei für RTL jedoch der jeweilige Tarif "die Grundlinie, die wir nicht unterschreiten" - auch wenn man im Gegensatz zum Produzenten nicht Tarifpartei sei.

Ein Grund für die nach unten drehende Preisspirale: Allerorten stellt sich automatisch die Frage, ob es nicht auch billiger geht. Einhellig beklagen Produzenten und Freiberufler ein Verharren ihrer Honorare auf den Sätzen von vor zehn Jahren. Erstaunlich gleichlautend ist die Wahrnehmung aller Beteiligten am Produktionsprozess unterhalb der Sender. "Was nützt die sauberste Kalkulation, wenn es kein Sender zahlen will?", ist eine der rhetorischen Fragen, die sich die Produzenten stellen. Nicht selten wird ein Programm, das für 100.000 Euro kalkuliert wurde, schließlich für 80.000 Euro abgesegnet - die Differenz muss eingespart werden, ohne dass es schließlich im Film allzu sehr auffällt.

Eine gern praktizierte Praxis in diesem Fall bei einigen Produzenten: Es wird jemand als Subunternehmer engagiert, der es günstiger kann - oder aus existenziellen Gründen können muss. Eine Praxis, die Jörg Graf für RTL allerdings wenig behagt. "Es ist nicht in unserem Interesse, dass wir einen Produzenten namentlich beauftragen, der den Auftrag dann weitergibt. Es ist klar, was dann qualitativ passiert", führt er aus. Nicht selten gebe es daher mittlerweile eine entsprechende Klausel in den Verträgen. Graf stellt aber auch klar, worum es dem Sender letztlich geht: "Unser Interesse ist es, die Produktion möglichst wirtschaftlich zu gestalten und mit ihr einen möglichst hohen Marktanteil zu erreichen".
 
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