ARD und ZDF bekommen ihren Jugendkanal - in gewisser Weise. Allerdings dürfte die Entscheidung der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten nicht so ausgefallen sein, wie sich das viele Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewünscht hätten. Das neue Jugendangebot wird nämlich nach dem Willen der Politik ausschließlich im Internet stattfinden. Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, sprach am Freitag von einem "guten Kompromiss", dem viele Diskussionen vorausgegangen seien. Anders als zunächst geplant, werden jedoch nur zwei der drei Spartenkanäle wegfallen - neben dem Aus für ZDFkultur wird auch der bislang vom SWR schon mit zahlreichen Jugendformaten bestückte Sender EinsPlus eingestellt. Einsfestival darf dagegen weitersenden.

Wie Einsfestival künftig aufgestellt werden soll, ist allerdings völlig offen, schließlich hatte der WDR auch hier in der Vergangenheit schon zahlreiche Formate gesendet, die sich in erster Linie an ein junges Publikum richten. Dass ARD und ZDF ihren nun von der Politik abgesegneten Jugendkanal in Zukunft ausschließlich im Internet verbreiten dürfen, erklärte Dreyer damit, dass das Konzept ein anderes sei, wenn es vom Fernsehen aus gedacht würde. Stattdessen müsse es jedoch darum gehen, von den Nutzungsgewohnheiten junger Menschen auszugehen, betonte die SPD-Politikerin, die zugleich Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder ist. Im Gegenzug bekommen ARD und ZDF mehr Freiheiten zugesprochen: So werde es für den Online-Jugendkanal weder einen Drei-Stufen-Test noch eine Sieben-Tage-Regelung geben.

Mit Blick auf die oft kritisierte Regelung, wonach Formate nur eine Woche nach der Ausstrahlung aus dem Netz genommen werden müssen, stellte Dreyer jedoch auch für die klassischen Fernsehangebote von ARD und ZDF Nachbesserungen in Aussicht. Auch insgesamt brauche man wegen der Sieben-Tage-Regelung Veränderungen, sagte sie. Das soll jedoch erst auf einer der nächsten Treffen der Ministerpräsidenten diskutiert werden. Nun hat aber ohnehin erst einmal die Arbeit am neuen Jugendangebot Priorität. Die Finanzierung dafür ist wohl geklärt: 45 Millionen Euro sollen ARD und ZDF dafür künftig jährlich ausgeben - allerdings auch nicht mehr. So viel hatten beide Sender jedoch zuvor bereits in Aussicht gestellt. Die ARD wollte ursprünglich 30 Millionen Euro unter der Prämisse beisteuern, Einsfestival komplett einzustellen. Diesen Sender muss man nun aber trotzdem weiter betreiben. Gut möglich also, dass die jetzige Entscheidung die ARD teurer zu stehen kommt als dies beim ursprünglichen Jugendkanal-Konzept der Fall gewesen wäre.

ZDF-Intendant Thomas Bellut zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung der Länder. "Die Entscheidung der Ministerpräsidenten ist für uns ein Ansporn, noch mehr Angebote für junge Zuschauer zu machen", sagte Bellut am Freitag. "Das Internetportal ist eine perfekte Ergänzung zu ZDFneo und ZDFinfo, die bereits mit Erfolg ein jüngeres Publikum erreichen. Dafür brauchen wir dann aber auch mehr Bewegungsspielraum im Netz als bisher." Wie viel Personal beim ZDF für ein reines Onlineangebot notwendig ist, müsse noch geprüft werden. Für ein Angebot mit klassischem Fernsehsender wären nach Angaben des ZDF rund 30 Stellen notwendig gewesen. Der Sender hatte kürzlich bereits betont, dass der zurzeit stattfindende Stellenabbau entsprechend reduziert werden müsse.

Unter welchem Namen und zu welchem Zeitpunkt das neue Jugendangebot an den Start gehen wird, bleibt unterdessen abzuwarten. Klar ist, dass sich nicht zuletzt die ARD einen "echten" Fernsehsender für eine junge Zielgruppe gewünscht hätte. Nun steht man vor der Herausforderung, einerseits der Online-Jugendkanal bespielen zu müssen als auch den Spartensender Einsfestival. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sprach zwar von einer "guten Nachricht für unser junges Publikum" und betonte, dass die Aufhebung der Beschränkungen im Internet "zukunftsweisend" sei. "Dass es kein eigenes Programm im Fernsehen geben wird, erschwert allerdings den Start, aber wir werden alles daran setzen, gemeinsam mit dem ZDF ein gutes Angebot im Netz zu entwickeln", so Marmor.

SWR-Intendant Peter Boudgoust äußerte ebenfalls Bedenken. "Das bringt Probleme mit sich, beispielsweise mit Blick auf Urheberrechte", sagte er mit Blick auf die Online-Fokussierung. "Obwohl unser Konzept von vielen gesellschaftlichen Gruppen unterstützt wurde, wird es nun schwerer, das Jugendangebot zum Fliegen zu bringen. Aber klar ist: Wir arbeiten weiter konsequent an jungen Programminnovationen. Das sind wir der jungen Generation schuldig." SWR-Chefredakteur Fritz Frey ließ zuvor auf Twitter bereits ausrichten, man habe eine "Riesenchance verschenkt". Und so bleibt es spannend, welchen Weg die ARD künftig mit Einsfestival einschlagen möchte. Dem ZDF kann das freilich egal sein, schließlich betreiben die Mainzer mit ZDFneo seit nunmehr fast fünf Jahren einen Sender, der sich zumindest zu einem gewissen Teil an ein jüngeres Publikum richtet als das Hauptprogramm. Und ZDFkultur kann nach langer Hängepartie nun auch endlich zu den Akten gelegt werden.