Angebliche Aussagen von Andreas Michelmann, dem Präsidenten des Deutschen Handball-Bundes (DHB), haben für Unruhe bei ARD und ZDF gesorgt. Die Verhandlungen seien "gescheitert", wird Michelmann von "Handball Inside" zitiert und soll damit den Poker um die TV-Rechte an der im kommenden Jahr stattfindenden Handball-Weltmeisterschaft der Männer gemeint haben, die ARD und ZDF nur allzu gerne übertragen würden. Zugleich ist die Rede von scharfer Kritik des DHB-Präsidenten an der öffentlich-rechtlichen Sportagentur SportA, der er mangelnde Kompromissbereitschaft vorgeworfen haben soll.

Beim ZDF zeigte man sich daraufhin erstaunt. "Die Aussage von Herrn Michelmann überrascht uns. Zumal es bisher kein offizielles Angebot von Seiten des Rechteinhabers gegeben hat", erklärte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. Ein Sturm im Wasserglas also? Inzwischen sollen die durch die Aussage entstandenen Irritationen ausgeräumt worden sein. Nach Angaben des DHB trafen sich Michelmann und Vizepräsident Bob Hanning am Rande der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro gemeinsam mit Gruschwitz und seinem ARD-Kollegen Axel Balkausky zur Aussprache.

Michelmann stellte dabei klar, dass er die Verhandlungen zu keiner Zeit für gescheitert erklärt habe und widersprach damit der anderslautenden Meldung. "Wir sind in den Verhandlungen lediglich aktiver Beobachter und wissen daher um die schwierige Situation", sagte der DHB-Präsident. "Uns ist weiterhin daran gelegen, dass die Verhandlungsparteien zusammenfinden und eine auch für den deutschen Markt optimale Lösung finden."

Keine einfache Lösung in Sicht

Tatsächlich dürfte es für ARD und ZDF beinahe ein Ding der Unmöglichkeit sein, die Rechte an der Handball-WM zu erwerben, weil sich der Rechteinhaber beIn Sport daran stört, dass ARD und ZDF ihre Programme unverschlüsselt verbreiten. Die Al-Jazeera-Tochter, die für die Rekordsumme von rund 80 Millionen Euro die weltweiten Fernsehrechte an jeweils zwei Weltmeisterschaften der Männer und Frauen erworben hatte, will dadurch verhindern, dass aus diesem Grund das Interesse anderer Sender im Ausland sinkt, weil diese die WM verschlüsselt im Pay-TV übertragen.

Bereits vor zwei Jahren hatten die Öffentlich-Rechtlichen aus genau diesem Grund die Verhandlungen entnervt abgebrochen, woraufhin der Bezahlsender Sky in letzter Sekunde die Übertragungsrechte erwarb. Auch 2017 droht Handball-Fans daher wieder ein Verschwinden der WM hinter einer Pay-Wall. Für Sky könnte es also auch diesmal wieder eine Chance geben. "Wir beobachten den Markt immer hinsichtlich interessanter Sportrechte und haben mit unseren Live-Übertragungen der EHF Champions League und der vergangenen Handball-WM in Katar 2015 gezeigt, dass wir vom Handball als TV-Sport überzeugt sind. Grundsätzlich beteiligen wir uns aber nicht an Spekulationen", sagte ein Sky-Sprecher gegenüber DWDL.de. Neben Sky könnten jedoch noch weitere Interessenten in Frage kommen, darunter die Pay-TV-Ableger von Sport1 und Eurosport, aber auch der neue Sport-Streamingdienst DAZN, hinter dem die Perform Group steht.

Die Intendantinnen und Intendanten der ARD hatten indes bereits zu Jahresbeginn einen Plan vorgestellt, mit dem man den Druck auf beIn Sport erhöhen könnte: Am Zug sehen sie die Medienpolitik, die sogenannte "Listenregelung" im Rundfunkstaatsvertrag um die Handball-Europa- und Weltmeisterschaften zu ergänzen. In einer solchen Liste kann festgelegt werden, dass bestimmte Veranstaltung von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung zwingend im frei empfangbaren Fernsehen live oder zeitversetzt übertragen werden müssen und selbst dann nicht nur im Pay-TV laufen dürften, wenn ein Pay-TV-Sender die Exklusivrechte erworben hätte. Die Spiele mit deutscher Beteiligung bei Fußball-EMs und WMs befinden sich beispielsweise auf dieser Liste, Handball hingegen nicht.

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