Trotz viel Kritik haben sich Verwaltungs- und Rundfunkrat des SWR vor einigen Wochen dazu entschieden, mit Kai Gniffke und Stefanie Schneider nur zwei Personen zur Intendantenwahl zuzulassen. Begründet wurde das unter anderem mit einem komplizierten Wahlverfahren. Bei der Wahl muss es nicht nur eine Mehrheit im Gesamt-Gremium, bestehend aus Verwaltungs- und Rundfunkrat, der Zweiländeranstalt geben, sondern getrennt davon auch in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg. Bei der Wahl am Donnerstag hat sich dann auch tatsächlich gezeigt, dass solche Mehrheiten im SWR schwer zu beschaffen sind.

Weder Gniffke noch Schneider schafften es zunächst im ersten Wahlgang, die nötigen Mehrheiten auf sich zu vereinen. Schneider hatte im Gesamt-Gremium sowie in Baden-Württemberg mehr Stimmen, Gniffke in Rheinland-Pfalz. Nach einer rund einstündigen Unterbrechung wurde erneut gewählt - und hier konnte sich Gniffke letztendlich durchsetzen. Er erhielt 56 von 88 Stimmen aus dem Gesamt-Gremium, 34 von 63 in Baden-Württemberg sowie 22 von 25 in Rheinland-Pfalz. 

Gniffke nahm die Wahl an und tritt damit die Nachfolge von Peter Boudgoust an, der seinen vorzeitigen Abschied im Dezember 2018 erstmals angekündigt hatte (DWDL.de berichtete). Gniffke erklärte, er verspüre neben viel Lust auch eine große Last, wobei die Lust auf den neuen Job überwiegen würde. Verwaltungsratschef Hans-Al­bert Stechl erklärte, er sei froh darüber, dass man eine klare Entscheidung treffen konnte und die Wahl nicht verschieben musste. Hätte auch im zweiten Durchgang kein Kandidat die nötigen Mehrheiten erhalten, wäre die Wahl um mehrere Wochen nach hinten verschoben worden. Wann genau Gniffke das Amt antritt, steht derzeit übrigens noch nicht fest. Er wurde jedenfalls für fünf Jahre zum Intendanten gewählt. 

Gniffke: "Fernsehen effizienter machen"

In ihren jeweils rund 15-minütigen Reden stellten am Donnerstag noch vor den Wahldurchgängen sowohl Gniffke als auch Schneider ihre Ideen für den SWR vor. Gniffke etwa sprach davon, dass man Fernsehen "effizienter" machen müsse. Man vergebe dort Ressourcen, die man woanders besser einsetzen könne. Und auch beim Marktanteil habe man eigentlich höhere Ansprüche, so Gniffke. 2018 kam der SWR im Sendegebiet auf sechs Prozent Marktanteil. Vor allem in der Zeitzone zwischen 18 und 20 Uhr könne man erfolgreicher sein. Gniffke plädierte für ein "Innovationszentrum" in Baden-Baden, in dem junge Mitarbeiter neue Formate entwickeln sollen. "Wir müssen neue Formate entwickeln und in Innovationen investieren. Das will ich institutionalisieren", erklärte der "Tagesschau"-Chef.

Vielleicht entwickele man dann auch eine Serie, die mit Netflix mithalten könne. Eventuell scheitere man dabei, er wolle sich aber nicht vorwerfen lassen, es nicht versucht zu haben. Gleichzeitig plädierte er dafür, "mehr Kraft in digitale Plattformen" zu stecken. Der SWR solle bei der Digitalisierung innerhalb der ARD ein "Pacemaker" sein, so Gniffke. Gleichzeitig kündigte er vor seiner Wahl an, die Empathie in den Mittelpunkt stellen zu wollen. Man brauche eine "gute Veränderungskultur" und dürfe den Mitarbeitern nicht immer nur noch mehr neue Aufgaben geben. 

Darüber hinaus kündigte Gniffke auch an, die Führungspositionen im Sender zu 50 Prozent an Frauen vergeben zu wollen. "Daran will ich mich messen lassen", sagte er. Das ist vor allem auch deshalb interessant, weil die Gleichstellungsbeauftragen der ARD zuvor eine weibliche Nachfolge von Peter Boudgoust gefordert hatten. Sich selbst beschrieb Gniffke als "ein Kind der Fusion". Gniffke kam 1993 als Reporter und Schlussredakteur zum Südwestfunk (SWF). Fünf Jahre später fusionierte dieser mit dem SDR zum heutigen SWR. Seit 2006 ist Gniffke Erster Chefredakteur von ARD-aktuell.

Schneider: "Kein Standort kommt unter die Räder"

Stefanie Schneider betonte in ihrer Rede die Stärke des Linearen, machte aber auch klar, dass viele junge Menschen Medien heute anders konsumieren würden. Diese jungen Zielgruppen erreiche man inzwischen "offensichtlich nicht mehr". Es sei wichtig, den SWR bekannter und sichtbarer zu machen, gerade bei Kindern und Jugendlichen. Das gehe aber nicht nur über Inhalte, man müsse auch verstärkt Präsenz zeigen.

Die Mediathek müsse genau so wichtig werden wir das Fernsehen, so Schneider, die bei all den Veränderungen Selbstbewusstsein einforderte. "Der SWR ist keine kleine Klitsche", so die Landesdirektorin aus Baden-Württemberg. Wichtig sei: Die Inhalte müssten die Menschen finden, auch wenn diese nicht aktiv danach suchen würden. Zu den viel zitierten Streitigkeiten und dem Kompetenz-Gerangel zwischen den Standorten sagte Schneider, an viele Abläufe habe man sich schlicht gewöhnt. Man müsse die Aufgabenverteilung an den Standorten kritisch unter die Lupe nehmen. "Kein Standort kommt unter die Räder", versicherte sie dabei.

ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm gratulierte Kai Gniffke zur Wahl und würdigte ihn als einen "erfahrenen Programmmacher, der für den Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht". Wilhelm weiter: "Als Chefredakteur von ARD-aktuell hat er über viele Jahre das Nachrichtenangebot der ARD ausgebaut und im Digitalen zukunftsfähig gemacht. Für sein neues Amt wünsche ich ihm viel Erfolg. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit!"