Dass Astrid Plenk nicht zu den geläuftigsten Namen im deutschen Fernsehen gehört, liegt nicht ihrer Leistung, denn in einzelnen Monaten war die Kika-Chefin in diesem Jahr sogar Marktführerin im deutschen Kinderfernsehen, wenn man die Reichweite des kommerziellen Konkurrenten Super RTL ohne die Zusatzreichweite des Timeshift-Kanals Toggo Plus betrachtet. Viel mehr kämpft das Kinderfernsehen seit je her um Aufmerksamkeit, was an dem Umstand liegt, dass die, die darüber schreiben in der Regel nicht die Zielgruppe des Programms sind. 

Welche Qualitätskriterien legt man bei Kinderfernsehen an, die über das moralisch aufgeladene „pädagogisch wertvoll“ hinaus gehen? Noch dazu wird der sehr eigene Geschmack von Kindern diverser Altersgruppen von Erwachsenen zu oft nicht verstanden, gar lächerlich gemacht. Das erlebte der Kika einst mit den legendären „Teletubbies“, die damals sehr schön veranschaulichten, wie schwer sich Erwachsene oft mit Sinn und Funktion von Kinderprogrammen tun.

Deswegen findet Kinderfernsehen selten Aufmerksamkeit. Wenn überhaupt, dann muss es schon ehrbar, sinnstiftend oder lehrreich sein, damit Journalistinnen und Journalisten einen Zugang finden und dabei wiederum oft über die Stränge schlagen. Im Ergebnis wird Kinderfernsehen nur noch stärker verklärt. Denn der Kika-Erfolg, er basiert auch darauf, dass Kinder Kinder sein dürfen und Unterhaltung auch einfach Unterhaltung sein darf. Die Realität für Kinder war in den Pandemie-Jahren schwer genug.

Doch der Kika als gemeinsames Programm von ARD und ZDF litt bislang auch an einer fehlenden Digitalstrategie, während gleichzeitig sehr viel Energie im öffentlich-rechtlichen Netzwerk in den Aufbau des Jugendnetzwerks Funk gesteckt wurde. Erst seit diesem Jahr werden Kika-Inhalte sukzessive in die Mediatheken von ARD und ZDF implementiert. Ein Erfolg für die Sichtbarkeit und Zugänglichkeit, zweifelsohne ein Reichweitengewinn und Erfolg für Plenk - und das im großen Jubiläumsjahr: Am 1. Januar 1997 ging der Kinderkanal damals auf Sendung, wurde dieses Jahr 25.

Seit dem Start hat Kika mehr zum deutschen Fernsehen bei als mancher denkt: Die Detektivserie „Die Pfefferkörner“ (mit Unterbrechungen seit 1999) und die Soap „Schloss Einstein“ (1998) gehören beispielsweise zu den langlebigsten Serien im deutschen Fernsehen. Mehr noch: „Schloss Einstein“ gilt als die längste fiktionale Kinderserie der Welt. „Die beste Klasse Deutschlands“ ist wiederum seit 2008 on air und damit eines der langlebigsten deutschen Quiz-Formate. 

Mit den Checkern Can, Tobi und Julian wurde ein seit mehr als zehn Jahren etabliertes Franchise von Wissenssendungen etabliert, dazu kommen Klassiker wie „Logo“ und die Übernahmen von Kinderprogrammen aus ARD und ZDF. Mit dem Programmmix führte Astrid Plenk den Sender in diesem Jahr so nah an Marktführer Super RTL heran wie seit Jahren nicht. Im Februar und Oktober zog man sogar an der kommerziellen Konkurrenz aus Köln vorbei. Und eine neue Digitalstrategie setzt gerade erst ein.


Zum Ende des Jubiläumsjahres hat der Kika seine Website völlig überarbeitet. Sie soll zum zentralen Ausgangspunkt der neuen Strategie werden „um als führender, multimedialer Content-Anbieter für Kinder ein zukunftsfähiges, nutzungszentriertes und orientierendes lineares und nonlineares Portfolio aufzusetzen.“ Von dort soll  zielgruppenspezifischer Content angesteuert werden können, sowohl für Kinder im Grund- und Vorschulalter als auch Preteens ab zehn Jahren sowie Eltern über das Beratungs- und Dialogportal des Senders.

„Zielgruppenfokussierung und eine an Kindern ausgerichtete Plattformstrategie sind der Nukleus unserer Digitalagenda“, sagt die Senderchefin. Das ist nicht revolutionär. Konkurrenten haben das schon früher für sich entdeckt. Doch Plenk holt jetzt auf, was beim Kika zuvor liegen geblieben ist. Im Namen hatte man sich schon früh vom „Kanal“ verabschiedet, doch das Denken blieb noch lange. Im Jubiläumsjahr 2022 bricht der Kika unter ihrer Führung neben dem linearen Erfolg auf zu neuen digitalen Reichweiten.

Denn andere Nutzungswege besser zu erschließen macht gerade für Kinderfernsehen Sinn. Die jüngsten Zielgruppen bestimmen eher selten, was auf dem heimischen Wohnzimmer-Fernseher geguckt wird. Umso häufiger aber werden kleinere Screens genutzt. Astrid Plenk und ihr Team wollen auch dort angreifen.