Wer an deutsche Sporthelden in den vergangenen Monaten denkt, der hat nicht zwingend Fußballer im Sinn. In der Tat nutzten andere Sportarten die vielleicht kleine Lücke, die der deutsche Fußball hinterließ, um in der Gunst um Aufmerksamkeit des Fernsehpublikums zu punkten. Da wären etwa die frisch zum Weltmeister gekrönten deutschen Basketballer, die auch schon 2022 bei der FIFA Eurobasket ein Millionenpublikum begeisterten. Oder etwa ein Mann namens Gabriel Clemens, der ganz zu Beginn dieses Jahres Schlagzeilen machte, weil er bei der Darts-WM sehr überraschend sehr weit, nämlich bis ins Halbfinale kam.

Clemens und die Basketballer – sie eint: Bei den großen Events generierten sie plötzlich Millionen-Reichweiten. Etwas, das die Fußballer gewohnt sind. Auch die generierten hohe Reichweiten, wenngleich die Winter-WM in Katar im November und Dezember 2022 etwas hinter den Erwartungen lag. Für den Deutschen Fernsehpreis 2023 nominiert sind Sport1-, MagentaTV- und ZDF-Übertragungen der drei Großevents.

Michael Langkau © Sport1 Michael Langkau
Es sind Leuchttürme ihrer jeweilen Sportart, die mal mehr und meist eher weniger auch auf den regulären Ligenbetrieb abfärben. Dennoch seien sie "äußerst wichtig", wie Michael Langkau, Director Live und somit Chefredaktionsmitglied bei Sport1, gegenüber DWDL.de betont. Sie würden "aus der Masse an Sportarten und Wettbewerben" herausstechen. Das macht sie also so wichtig für die Sportsender.

Der Erfolg, so sieht es Langkau, erklärte sich aber nicht nur über Events, sondern auch über ein anderes Stichwort: Konstanz. "Seit 2004 ist Darts bei uns eine wichtige Programmfarbe, die wie über das ganze Jahr hinweg auf unseren Plattformen über die Live-Events hinaus mit News, Interviews und Hintergrund-Stories erstrahlen lassen." Dazu würden auch neue Formate, etwa auf YouTube, zählen. Eine Konstante wie beim Darts gebe es "nicht oft in der deutschen TV-Sportberichterstattung", findet der Sport1-Manager: "Und sie zeigt auch die Wertschätzung von Seiten der Professional Darts Corporation für unser großes Engagement auf allen Kanälen unserer reichweitenstarken Sportplattform." Was er nicht sagt: Natürlich erzielen Darts-Übertragungen abseits der WM weit niedrigere Reichweiten. Gleiches gilt für die Anzahl an Schlagzeilen rund um den Sport in den elf Monaten abseits der WM.

Arnim Butzen © Deutsche Telekom Arnim Butzen
Konstanz ist übrigens auch ein gutes Stichwort für das, was sich die Deutsche Telekom in Sachen Basketball aufgebaut hat. Die Plattform erwarb 2014 erstmals umfangreiche Rechte an der Basketball Bundesliga, verlor sie nun jüngst an Dyn. Das hindert den Anbieter aber nicht daran, weiterhin internationale Wettbewerbe und eben auch Europa- wie Weltmeisterschaften zu zeigen. Vor dem Hintergrund jüngster Rekordnutzungszahlen bei der Weltmeisterschaft sieht Arnim Butzen, TV-Chef der Deutschen Telekom, die TV-Strategie seines Unternehmens "aufgehen".

Um diesen Erfolg nun in den normalen Betrieb zu überführen, will Magenta Sport künftig vermehrt auf Euroleague und Eurocup setzen. "Wir gehen davon aus, dass auf europäischer Ebene bessere Chancen bestehen, die besten Spieler der WM auch aus dem deutschen Team wieder zu sehen. Auf rein nationaler Ebene wird das schwer. In der Euroleague und im Eurocup werden wir alle Spiele zeigen, einzeln und an Donnertagen bei der Euroleague auch in einer Konferenz. Diese bietet hervorragendes Potenzial, um auch die neuen Fans, die der Sport mit der WM dazu gewonnen hat, in das Thema einzuführen", sagt Butzen, dem bewusst sei, dass "die Öffentlichkeit" immer stärker wahr nehme, dass die Telekom-Übertragungen "immer nah am Geschehen" sei. "Wir stehen für innovative Sportberichterstattung im digitalen Zeitalter auf verschiedenen Kanälen", wirbt er.

Und dennoch: Die ganz große Aufmerksamkeit Woche für Woche hat eigentlich nur der Fußball in Deutschland. Jener Fußball, dessen Auftritte auf Länderebene vielleicht sogar kritischer beäugt wird als in Klub-Wettbewerben. Dennoch spricht auch Yorck Polus, Sportchef des für die WM-Übertragungen nominierten ZDF von einer weiterhin vorhandenen "Zugkraft" solcher Turniere. "Das werden wir bei den Heim-Europameisterschaften der Handballer und Fußballer im kommenden Jahr erneut erleben", glaubt er.

 

Yorck Polus © ZDF/Torsten Silz/Meike Wittenstein Yorck Polus
Für das ZDF hat sich die Akquise solch großer und meist eher kostspieliger Rechte längst als Spagat erwiesen. Bis kurz vor knapp wurde hart mit der FIFA verhandelt, als es diesen Sommer um die Rechte an der Frauen-Fußball-WM ging. Während der Basketball-WM soll das ZDF zunächst noch abgewunken haben, zum Finale hin wurde man sich mit der Telekom dann doch handelseinig. "Angesichts begrenzter Ressourcen und programmlicher Kapazitäten müssen wir mit Blick darauf Prioritäten setzen, ob und mit welchem Aufwand wir das jeweils begleiten können", sagt Polus. Dabei betonte er, dass in dem Zusammenhang Online-Präsenzen wie die seines "Sportstudios" immer wichtiger würden. Vor allem dort lief zuletzt die Hockey-WM, die in diesem Sommer ebenfalls Schlagzeilen machte. Und die während des restlichen Jahres vermutlich wieder hinter die anderen großen Sportarten wird zurücktreten müssen.