Sechs Mal in Folge hat Barbara Schöneberger den Deutschen Fernsehpreis moderiert - und es hätte der Veranstaltung gut getan, wenn sie sich auch dieses Mal dazu hätte überreden lassen. Dass sie es nicht tat, war gleich aus doppelter Sicht tragisch: Einmal für das TV-Publikum, das eine über weite Strecken hinweg erstaunlich uninspirierte Show geboten bekam, die weit hinter dem Unterhaltungswert des Vorjahres zurückblieb. Und einmal für Schöneberger selbst, schließlich verpasste sie es, ihre dritte Fernsehpreis-Auszeichnung persönlich entgegenzunehmen.

Stattdessen war es "Bergdoktor"-Star Hans Sigl, der auf die Bühne trat, um Schönebergers Dankesworte zu verlesen. Als Schöneberger einst ihren ersten gewann, ließ er das Publikum wissen, wurde die Gala nicht im Fernsehen übertragen - und ihren zweiten Fernsehpreis bekam sie per Post zugestellt, weil die Verleihung wegen der Corona-Pandemie ausfiel. Diesmal erhielt Barbara Schöneberger die Auszeichnung übrigens für ihre Moderation des ESC-Vorentscheids, bei der sie im Frühjahr mit jener Schlagfertigkeit punktete, die der Fernsehpreis-Gala an diesem September-Abend durchweg fehlte.

In Erinnerung bleiben wird die diesjährige Fernsehpreis-Gala stattdessen vor allem durch die Netflix-Festspiele: Mit gleich sechs Preisen heimste der Streamingdienst für seine drei nominierten Serien-Produktionen so viele Auszeichnungen ein wie noch nie. Beeindruckend ist dabei zugleich die Bandbreite, mit der Netflix die Jury überzeugte: So ging der Preis für die "Beste Dramaserie" an "Kleo", deren Hauptdarstellerin Jella Haase auch als beste Schauspielerin geehrt wurde. "King of Stonks" wiederum erhielt den Fernsehpreis als "Beste Comedyserie" und Philip Froissant, der in der Sissi-Serie "Die Kaiserin" den Fanz verkörperte, überzeugte als bester Schauspieler. Bereits am Abend zuvor, bei der "Nacht der Kreativen", hatte es Preise für "Die Kaiserin" und "King of Stonks" gegeben.

Generell war es ein starkes Jahr für die Privaten. Bemerkenswert etwa, dass RTL+ gleich doppelt abräumte: In der Kategorie "Beste Unterhaltung Show" nahmen Bill und Tom Kaulitz den Deutschen Fernsehpreis für ihre Musikshow "That's my Jam" entgegen und setzten sich damit gegen "Die Giovanni Zarrella Show" und "Wer stiehlt mir die Show?" durch - die beiden Kontrahenten wurden jedoch schon bei der "Nacht der Kreativen" bedacht, gingen also nicht leer aus. Ein weiterer Fernsehpreis für RTL+ ging indes an "Sterben für Anfänger" mit Olivia Jones und Steffen Hallaschka. Gejubelt werden konnte in Köln aber auch in anderen Kategorien: "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" bekam den Preis als "Beste Reality" und die Vox-Doku "Zum Schwarzwälder Hirsch" ging als "Bestes Factual Entertainment" hervor.

Damit konnte RTL Deutschland am Donnerstagabend deutlich häufiger jubeln als die Kolleginnen und Kollegen von ProSiebenSat.1, die sich über Preise für "TV total" und die Thilo-Mischke-Doku "ProSieben Thema. Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban" freuen durften. Bei der "Nacht der Kreativen" hatte es zudem noch zwei weitere Preise für ProSieben gegeben. Bemerkenswerte Randnotiz: Sat.1 - in diesem Jahr Stifter des Fernsehpreises - ging in diesem Jahr komplett leer aus.

Das ZDF räumte indes an beiden Abenden die meisten Preise ab: Gleich sieben Auszeichnungen gingen nach Mainz. Bei der großen Fernsehpreis-Gala räumte der öffentlich-rechtliche Sender im Fiktionalen doppelt ab: "Die Bürgermeisterin" wurde als "Bester Fernsehfilm" geehrt und mit "Der Schwarm" lief in der zurückliegenden Saison auch der "Beste Mehrteiler" im Zweiten. Abseits davon wurde der Mainzer Sender auch für seine Berichterstattung zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar ausgezeichnet. Gleich doppelt ging es bei der Fernsehpreis-Gala zudem um die Ukraine: Neben ZDF-Reporter Arndt Ginzel erhielt auch das Team der ARD-"Tagesthemen" eine Auszeichnung. Gewürdigt wurde die Nachrichtensendung mit der künftigen Polittalkerin Caren Miosga für ihre Live-Sendung aus Kiew ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn. 

Die beste Doku-Serie lief dagegen nach Auffassung der Jury bei Prime Video - und sorgte dafür, dass sich Joko Winterscheidt letztlich doch noch als Preisträger auf der Bühne stand: Er nahm den Preis für "Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show" entgegen und nutzte die Gelegenheit, um ernste Worte zu finden. "Vielen Dank an die Industrie, die zu großen Teilen unseren Planeten zerstört, vielen Dank an die Politik, die viel zu wenig handelt: Ihr habt diesen Preis möglich gemacht." Zugleich appellierte er an die Verantwortung der Branche, solche Themen in die Wohnzimmer und zu den Leuten zu bringen. Und leitete dann noch auf ein anderes Thema über - auch wenn dieses gar nichts mit der Auszeichnung zu tun hat: Eine der beiden Frauen, denen Klaas Heufer-Umlauf und er im Rahmen ihres 15-Minuten-Specials ihre Instagram-Accounts zur Verfügung gestellt hatten, war eigens für die Fernsehpreis-Gala aus Kanada angereist. Auf diese Weise konnte sie ihre wichtigen Worte doch noch das deutsche TV-Publikum richten, auch wenn "Joko & Klaas Live #IranRevolution" den Preis zuvor nicht gewann. "Woman Life Fredom", sagte sie am Ende - und erntete dafür stehende Ovationen.

Es war so etwas wie der inoffizielle Höhepunkt des Abends, auch wenn die Vergabe des Ehrenpreises danach erst noch folgte. Michael Bully Herbig wurde für sein Schaffen in mehr als drei Jahrzehnten ausgezeichnet. Und er machte deutlich, dass er noch lange nicht ans Aufhören denkt: "Ich habe noch viele Träume", erklärte er am Ende eines langen, eines zu langen Abends.

Im Folgenden alle Gewinnerinnen und Gewinner im Überblick...

Fiktion

Bester Fernsehfilm 

  • Die Bürgermeisterin (ZDF/Network Movie) 
  • Ramstein – Das durchstoßene Herz (ARD/SWR/FFP New Media/Fontana) 
  • So laut du kannst (ZDF/Relevant Film) 

Bester Mehrteiler 

  • Gestern waren wir noch Kinder (ZDF/Seven Dogs Filmproduktion) 
  • Lauchhammer – Tod in der Lausitz (ARD/mdr/rbb/ARD Degeto/Moovie) 
  • Der Schwarm (ZDF/Intaglio Films/ndF IP) 

Beste Drama-Serie 

  • Die Kaiserin (Netflix/Sommerhaus Serien) 
  • Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures) 
  • Der Schatten (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction) 

Beste Comedy-Serie 

  • Die Discounter 2 (Prime Video/Pyjama Pictures) 
  • Doppelhaushälfte (ZDF/ICONOCLAST Films) 
  • King of Stonks (Netflix/btf) 

Beste Schauspielerin 

  • Dominique Devenport für Sisi 2 (RTL/Story House Productions) 
  • Nina Gummich für Alice (ARD/rbb/WDR/ARD Degeto/Neue Schönhauser Filmproduktion) 
  • Jella Haase für Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures) 
  • Jeanette Hain für Luden – Könige der Reeperbahn (Prime Video/NEUESUPER) 
  • Désirée Nosbusch für Süßer Rausch (ZDF/Bavaria Fiction) und Conti (ZDF/Letterbox) und Sisi 2 (RTL/Story House Productions) 

Bester Schauspieler 

  • Malick Bauer für Sam – Ein Sachse (Disney+/Big Window Productions/Panthertainment) 
  • Matthias Brandt für King of Stonks (Netflix/btf) 
  • Philip Froissant für Die Kaiserin (Netflix/Sommerhaus Serien) 
  • Matthias Matschke für Wir sind die Meiers (ZDF/Bavaria Fiction) 
  • Thomas Schubert für King of Stonks (Netflix/btf)

Beste Regie Fiktion 

  • Viviane Andereggen, Jano Ben Chaabane für Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures) 
  • Sven Bohse, Miguel Alexandre für Sisi 2 (RTL/Story House Productions) 
  • Nina Vukovic für Der Schatten (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction) 

Bestes Buch Fiktion 

  • Hanno Hackfort, Bob Konrad, Richard Kropf, Elena Senft für Kleo (Netflix/Zeitsprung Pictures)
  • Philipp Käßbohrer, Jan Eichberg, Mats Frey, Fabienne Hurst für King of Stonks (Netflix/btf)
  • Natalie Scharf für Gestern waren wir noch Kinder (ZDF/Seven Dogs Filmproduktion) 

Beste Kamera Fiktion 

  • Tim Kuhn für Luden – Könige der Reeperbahn (Prime Video/NEUESUPER) 
  • Felix Novo de Oliveira für Lauchhammer – Tod in der Lausitz (ARD/ARD Degeto/Moovie) 
  • Pascal Schmit für Der Schatten (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction) 

Bester Schnitt/Montage Fiktion 

  • Robert Eyssen, Boris Gromatzki, Heike Parplies für Die Kaiserin (Netflix/Sommerhaus Serien)
  • Emil Belton, Bruno Alexander, Oskar Belton, Paul Sommerhalter für INTIMATE. (Joyn/Kleine Brüder/Pyjama Pictures)
  • Rainer Nigrelli, Florian Böttger, Christoph Otto für King of Stonks (Netflix/btf) 

Beste Musik Fiktion 

  • Dascha Dauenhauer für Der Schwarm (ZDF/Intaglio Films/ndF IP) 
  • Jessica de Rooij für Sisi 2 (RTL/Story House Productions) 
  • Christoph Schauer, Max Filges für Höllgrund (ARD/SWR/Studio Zentral) 

Beste Ausstattung Fiktion 

  • Daiva Petrulyte (Kostüm), Algirdas Garbaciauskas (Szenenbild) für Sisi 2 (RTL/Story House Productions)
  • Gabriela Reumer (Kostüm), Matthias Müsse (Szenenbild) für Die Kaiserin (Netflix/ Sommerhaus Serien)
  • Myrna Wolff (Szenenbild), Natascha Curtius-Berger (Kostüm), Georg Korpás (Maske) für Luden – Könige der Reeperbahn (Prime Video/NEUESUPER) 

Unterhaltung

Beste Unterhaltung Show 

  • Die Giovanni Zarrella Show (ZDF/Bavaria Entertainment) 
  • That's my Jam mit Bill und Tom Kaulitz (RTL+/SEO Entertainment) 
  • Wer stiehlt mir die Show? (ProSieben/Florida Entertainment) 

Beste Comedy/Late Night 

  • LOL: Last One Laughing (Prime Video/Constantin Entertainment) 
  • RTL Samstag Nacht – Das Wiedersehen (RTL/Banijay Productions) 
  • TV Total (ProSieben/Raab TV/Brainpool) 

Bestes Factual Entertainment 

  • BesserEsser – Lege packt aus (ZDFinfo/Story House Productions) 
  • Roadtrip Amerika – Drei Spitzenköche auf vier Rädern (Kabel Eins/Tower Productions) 
  • Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer (VOX/Vitamedia Film) 

Beste Unterhaltung Reality 

  • First Dates – Ein Tisch für zwei (VOX/Warner Bros. ITVP) 
  • Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! (RTL/ITV Studios Germany) 
  • Kampf der Realitystars (RTLZWEI/Banijay Productions) 

Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung 

  • Jan Köppen für Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! (RTL/ITV Studios Germany) und Take Me Out (RTL/UFA Show & Factual)
  • Barbara Schöneberger für Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool (ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)
  • Esther Sedlaczek für Quizduell-Olymp (ARD/NDR/ITV Studios Germany) und Frag doch mal die Maus (ARD/WDR/Ansager & Schnipselmann) 

Beste Regie Unterhaltung 

  • Mark Achterberg für Die Giovanni Zarrella Show (ZDF/ Bavaria Entertainment) und Let’s Dance (RTL/Seapoint/BBC Studios)
  • Alexandra Farrensteiner für Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool (ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)
  • Sascha Gröhl für Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer (VOX/Vitamedia) 

Bestes Buch Unterhaltung

  • Jakob Lundt für Wer stiehlt mir die Show? (ProSieben/Florida Entertainment) 
  • Till Reiners für Till Reiners‘ Happy Hour (3sat/B28) 
  • Raphael Selter für Browser Ballett: Atomkrieg – Der Talk (ZDFneo/Steinberger Silberstein) 

Beste Ausstattung Unterhaltung 

  • Bode Brodmüller (Set-Design), Simon Sutner (Leitung Requisite), Jonas König (Licht) für Joko & Klaas gegen ProSieben (ProSieben/Florida Entertainment)
  • Angel Garcia (Kostüme Tänzer:innen) für The Masked Singer (ProSieben/Endemol Shine)
  • Florian Wieder, Per Arne Janssen (Set-Design), Paola von Griesheim (Requisite), Katia Convents (Kostüm/Styling) für Let's Dance (RTL/Seapoint/BBC Studios) 

Information

Beste Information 

  • Berichterstattung zum Aufstand der Gruppe Wagner in Russland (ntv) 
  • Studio Team Welt (Nachrichtenberichterstattung) (Welt) 
  • August 2022: Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine – tagesthemen live aus Kiew (ARD) 

Bestes Infotainment 

  • Joko & Klaas LIVE #IranRevolution (ProSieben/Florida Entertainment) 
  • SAT.1 Frühstücksfernsehen (SAT.1/Maz&More) 
  • Sterben für Anfänger (RTL+/I&U TV Produktion) 

Beste Dokumentation/Reportage 

  • frontal: Die Straße des Todes – Kriegsverbrechen in der Ukraine (ZDF) 
  • ProSieben THEMA. Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban (ProSieben/PQPP2)
  • die story: Leben nach Butscha – Trauma und Hoffnung (ARD/WDR/wildfilms)
  • Team Wallraff – Reporter undercover: Undercover bei Burger King (RTL/RTL News)
  • ZDFzeit: Geheimsache Katar – wie ein Land den Fußball kaufte (ZDF/ btf) 

Beste Doku-Serie 

  • Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)
  • Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat (Sky/gebrueder beetz)
  • Die Kinder von Lügde – Alle haben weggesehen (ZDFinfo/Spiegel TV)
  • Marie will alles – Durchstarten mit Down-Syndrom (WDR/Kalmäuser)
  • Second Move Kills – 5 Jahre mit Jens Spahn (RTL+/Pausefilm) 

Beste Moderation/Einzelleistung Information 

  • Arndt Ginzel für Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ZDF) 
  • Vassili Golod für Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ARD) 
  • Isabel Schayani für Weltspiegel (ARD) 

Beste Kamera Information/Dokumentation 

  • Tim David Höddinghaus, Mathias Schöningh für Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)
  • Nicolai Mehring für Erfundene Wahrheit – Die Relotius-Affäre (Sky/Kineskope Film/Sky Studios)
  • Jürgen Rehberg für Petra Kelly – Der rätselhafte Tod einer Friedensikone (Sky/doc.station) 

Bester Schnitt/Montage Information/Dokumentation 

  • Marc Accensi, André Nier, Sofia Angelina Machado für Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat (Sky/gebrueder beetz)
  • André Nier, Sarah-Christin Peter für Reeperbahn Spezialeinheit FD65 (ARD / NDR / SWR / WDR / rbb / gebrueder beetz / OneGate Media)
  • Malte Schlieker für Joko Winterscheidt Presents: The World's Most Dangerous Show (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment) 

Sport

Beste Sportsendung 

  • Darts-Weltmeisterschaft 2023 (Sport1) 
  • FIBA Eurobasket 2022 (MagentaTV/Telekom Deutschland/thinXpool TV/PLAZAMEDIA/NEP Germany)
  • FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022 (ZDF)

Förderpreis

  • Bruno Alexander, Emil Belton, Oskar Belton, Leonard Fuchs und Max Mattis für "Intimate."

Ehrenpreis

  • Michael Bully Herbig

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