"Bundesrechnungshof will Kinderzeitschriften verteuern", schlägt der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger am Dienstag Alarm. Was war geschehen? Droht etwa eine Sondersteuer auf Print-Produkte, wenn sie für Kinder gemacht werden? Ist man in der Regierung nun völlig verrückt geworden? Nicht ganz: Der Bundesrechnungshof hat in einem bereits Ende vergangenen Monats veröffentlichten Bericht über den ermäßigten Umsatzsteuersatz lediglich dessen grundsätzliche Überprüfung vorgeschlagen.
Namentlich nannte der Bundesrechnungshof darin neben etlichen anderen Beispielen auch sogenannte Kombinationsartikel, also beispielsweise Print-Produkte, die derzeit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegen, mit Beigaben, für die für sich genommen eigentlich der volle Mehrwertsteuersatz gültig wäre. Schon 2002 wollte die damalige Regierung festlegen, dass im Falle solcher Kombi-Artikel auf den ganzen Preis die vollen 19 Prozent fällig sind, ließ sich durch die Lobby-Arbeit der Verlage dann aber doch noch umstimmen und von den, so der VDZ, "verheerenden Folgen" überzeugen.
Angesichts des horrenden Schuldenbergs des Staates brachte der Bundesrechnungshof den ermäßigten Steuersatz nun erneut aufs Tapet und der VDZ sieht nicht nur wie sonst üblich nur den Untergang des Abendlandes im Allgemeinen und der freien Presse im Besonderen, sondern auch noch einen Anschlag auf die Bildung der Kinder. Ganz nach dem Motto "Kinder ziehen immer" lässt man bei seiner Argumentation all die durch das Gesetz ebenfalls subventionierten Beigaben etwa von DVDs bei allen möglichen Zeitschriften beiseite und schlägt Alarm, weil "Kinderzeitschriften, Jugendmagazine, Kinderbücher und vor allem Schulbücher" - für die der Zeitschriftenverleger-Verband gar nicht zuständig ist - mit dem um zwölf Prozentpunkte höheren Mehrwertsteuersatz besteuert werden sollen, wenn sie "ergänzende CDs, DVDs oder Spielsachen" enthielten.
Und so werden in der Argumentation Beigaben wie die "megacoole Robo-Hand", die "Mega-Wasserpistole" oder die "super-laute Fan-Tröte" plötzlich zu unverzichtbaren Stützpfeilern der Förderung von Kindern. Schließlich würden die Zugaben erst gemeinsam mit Grundthematik der Zeitschrift und aktueller Titelgeschichte den Kaufimpuls am Kioskregal auslösen. Würden diese wegfallen oder durch die Änderung in der Besteuerung teurer sieht der VDZ "fatale Folgen gerade im Bildungsbereich und für das Ziel, Kinder früh an das Lesen heranzuführen". Der VDZ prognostiziert in diesem Fall eine Verteuerung der Verkaufspreise um 30 Cent und folgert daraus eine "erhebliche Kaufzurückhaltung". Welcher Politiker soll sich angesichts dieser bestechenden Logik noch an eine Beschneidung von Subventionen für Verlage wagen?
Christoph Fiedler, Geschäftsführer Medienpolitik beim VDZ erklärt solche Versuche dann auch für "Interventionen gegen Pressevielfalt und -qualität". Den reduzierte Mehrwertsteuersatz - und damit eine gewaltige Subvention, die die Allgemeinheit den zu einem Großteil noch immer prächtig verdienenden den Verlagen gewährt, hält er für "alternativlos". Während Deutschland vor gewaltigen Sparanstrengungen steht, fordern die Verlage sogar eine Ausweitung der Subventionen: So solle der reduzierte Mehrwertsteuersatz zum Einen auf journalistische Internet-Angebote ausgedehnt werden - und zum Anderen doch am besten gleich ganz auf 0 gesenkt werden. Das dürfe jetzt "kein Tabu mehr sein", so Fiedler.