Seit zwei Wochen ist die Alzheimer-Erkrankung des früheren Schalke-Managers Rudi Assauer bekannt. Nun hat Reporter-Legende Manni Breuckmann in einem Interview mit der "Hannoverschen Allgemeinen" (HAZ) den Umgang der Medien kritisiert. "Dass die Krankheit öffentlich gemacht wird, halte ich bei einem öffentlichen Menschen wie für unumgänglich. Es geht allerdings um den Umfang, die Intensität und die Qualität der Berichterstattung", sagte Breuckmann.
"Aus meiner Sicht ist eine einfühlsame Reportage wie die im ZDF nicht zu beanstanden. Ein Liveauftritt wie bei 'Volle Kanne' bedient hingegen nur voyeuristische Instinkte, die kampagnenartige Berichterstattung in der 'Bild'-Zeitung - einschließlich 'Rosenkrieg' - halte ich für zynisch und unwürdig." Die Intensität der Berichterstattung über Prominente hätte sich im vergangenen Jahrzehnt vergrößert. Breuckmann: "Details über das Intimleben bis hin zu Sexualpraktiken wie bei Kachelmann werden auf dem Boulevard breitgewalzt. Das ist eine Verluderung der öffentlichen Moral."
Die Boulevardisierung gehe bis weit in den öffentlich-rechtlichen Bereich und bis in die Regionalzeitungen. "Das wird zielgerichtet zur Erhöhung von Quote und Auflage eingesetzt. Das Problem ist eine schleichende Umgewichtung von Themen. Wenn das 'heute journal' als Spitzenmeldung Assauers Erkrankung verbreitet, so ist das mehr als bedenklich", kritisiert Breuckmann in der "HAZ". "Die Zuschauer verlieren dadurch den Kompass für die Einschätzung von Themen. Unbedeutendes oder wenig Bedeutendes gewinnt eine geradezu perverse Bedeutung, die wirklich wichtigen Themen werden manchmal an den Rand gedrängt."
Dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung mit dem Erscheinungstermin des Buches zusammenhing, dürfte nach Breuckmanns Ansicht kein Zufall sein. "Auch der ZDF-Film aus der Serie '37 Grad' musste ja terminiert werden. Mit hineinspielen wird aber auch der Wunsch Assauers, mit dem Versteckspiel aufzuhören", so der Fußball-Reporter, der heute für den Internet-Sender 90elf berichtet. Assauer selbst sei "nur sehr begrenzt Herr des Verfahrens". Breuckmann: "Wo es im Detail langgeht, bestimmt er aber nicht mehr selber, sondern sein Umfeld, das im Wesentlichen aus seinen Anwälten, seiner Sekretärin und seiner Tochter besteht."