Aus deutscher Sicht haben die LA Screenings einen eher kuriosen Reiz: Während die meisten TV-Einkäufer aus aller Welt nach Los Angeles reisen, um im Einzelfall zu entscheiden für welche Serien man die Rechte erwerben will, ist genau das im deutschen TV-Markt bislang durch langlaufende Deals geklärt. Früher waren es Output-Deals, heute wird der Ausdruck Volumen-Deal bevorzugt.



Der Unterschied liegt im Detail: Früher war es üblich den gesamten Output eines Studios abzunehmen. Doch weil auch die großen Hollywood-Studios längst nicht nur Erfolge produzieren, kamen in den vergangenen Jahren Volumen-Deals in Mode, die den Einkäufern ein Schlupfloch lassen, nicht jede Produktion abnehmen zu müssen. Die ProSiebenSat.1 Media SE ist dabei inzwischen weitaus aktiver. Bei der Mediengruppe RTL Deutschland gilt seit Jahren die Devise: Mehr Unabhängigkeit von Hollywood dank Eigenproduktionen. Als Zwischenlösung probiert man derzeit allerdings auch internationale Koproduktionen, u.a. mit NBC Universal.

Jedenfalls fliegen die Führungskräfte der großen deutschen Privatsender nicht nach Los Angeles um einzukaufen - zumindest nicht für ihren Arbeitgeber. Viel mehr geht es für RTL, ProSieben und Co. darum zu erfahren, was sie schon längst gekauft haben - das ist eine ganz andere Dynamik als beispielsweise bei den Briten. Für unseren Kollegen der britischen Branchenpresse beginnt vor Ort bei den LA Screenings die Hochphase der Spekulationen und Breaking News: Welcher UK-Sender könnte sich für welche Serie interessieren oder hat sogar schon zugeschlagen?

Alle wichtigen deutschen Marktteilnehmer sind auch in diesem Jahr wieder in Los Angeles vor Ort, darunter zum Beispiel auch führende Köpfe von Sky, ARD und ZDF. Es geht dabei um die Beobachtung von Trends, manchen Einzel-Deal und natürlich Networking. Dafür reisen in den letzten Jahren übrigens auch immer mehr deutsche TV-Produzenten mit nach Los Angeles - meist aus purer Neugier, aber zunehmend auch aufgrund der steigenden Bedeutung von internationalen Koproduktionen.

Seinen Ursprung hat diese internationale Zusammenkunft der TV-Einkäufer übrigens in den 60er Jahren. Damals buhlten die US-Studios erstmals um Einkäufer aus Kanada. Dort wurde das Privatfernsehen eingeführt und ein neuer Absatzmarkt für die Hollywoodstudios entstand. Es folgten in den Jahren darauf Einkäufer aus Lateinamerika, Großbritannien und weiteren europäischen Ländern (darunter Deutschland), Australien und Asien (hier besonders Japan). In den 70er Jahren wanderte die Veranstaltung in den Mai, um nicht nur Trailer sondern Piloten der neuen Serien zeigen zu können.
 
Seit den 80er Jahren etablierten sich die LA Screenings dann als eine der wenigen Events der TV-Branche, die den Takt vorgeben und gleichzeitig zum wichtigen Networking Event geworden sind. Das hat sich trotz veränderten Rahmenbedingungen für die TV-Welt bis heute nicht geändert. Eine Zeit lang waren die Screenings auch von der Diskussion um die Zukunft des Fernsehen verschont. Anders als die Sender bei den Upfronts in New York, müssen sich die Studios in Los Angeles schließlich nicht erklären, wenn es um die Zukunft des werbefinanzierten Fernsehens geht.

Sie jubelten über immer neue Abnehmer für Serien. Und doch werden die Fragen rund um den jährlichen Screening-Event der Hollywood-Studios inzwischen kontinuierlich drängender: So schön die neue Fernsehwelt für die Produzenten, also Studios, auch ist. So anachronistisch wirkt ein jährlicher Event der sich nach dem TV-Werbemarkt richtet, wenn Kabelsender und SVoD-Dienste inzwischen rund ums Jahr neues Fernsehen präsentieren. Damit werden die LA Screenings von einer umfassenden Marktübersicht zu einer flüchtigen Momentaufnahme. Für einen Abgesang auf die LA Screenings wäre es allerdings zu früh. Schließlich ist die Woche im Mai, in dem TV-Einkäufer aus aller Welt nach Los Angeles kommen, ein willkommener Branchentreff und gern gemachte Klassenfahrt der Fernsehmacher.

Das Medienmagazin DWDL.de ist seit 2011 als einziger deutscher Branchendienst vor Ort bei den LA Screenings und berichtet über die ersten Eindrücke der neuen Serien sowie die Einschätzungen der deutschen Programmeinkäufer.