Und gemessen an der kurzen Sendezeit, schafft er es auch, sich kurz zu fassen?

Carsten Wiese: Wenn wir sagen, dass wir eine Gesprächssituation für viereinhalb Minuten haben, schaffte er es in den letzten Proben auch, das zumindest in 4:45 Minuten zu bewältigen. Wir sind da auf dem richtigen Weg (lacht). Es gibt zwei Dinge, die die Zuschauer nicht erwarten: dass er pünktlich ist und dass er vorbereitet ist. Letzteres wird er sein, um den Rest kümmern wir uns.

Gibt es denn sonst noch Marotten, die man Thomas Gottschalk aus alten „Wetten, dass..?“-Zeiten abgewöhnen musste?

Carsten Wiese: Solche Marotten gab es im Dezember, allerdings scheint er die über Weihnachten in den USA gelassen zu haben. Beispielsweise bestimmte Redewendungen, die er gerne auf der Wettcouch verwendet hat.

Jens Bujar: Thomas kommt allerdings zugute, dass er viele Jahre beim Radio gearbeitet hat. Die Disziplin ist bei ihm jedenfalls viel größer als man es vermuten würde. Aber er hat auch überhaupt kein Problem, wenn die Regie ihm in die Sendung spricht. Mit solchen ungeplanten Situationen kann er sehr gut umgehen und dann wird es eigentlich noch viel lustiger.

Bleibt die Frage, welche Zuschauer Sie eigentlich erreichen wollen. Wem wollen Sie Zuschauer abjagen?

Carsten Wiese: Es gibt die Marktforschung, die wir natürlich auch bemüht haben: Der Zuschauer ist um diese Uhrzeit ein Wandernder, ein Verlorener. Der Vorabend, das ist eine Übergangsphase, eine Twilight-Zone, in der den Kindern das Essen gemacht wird und die Erwachsenen noch ein wenig werkeln, bevor sie sich schließlich aufs Sofa setzen, um die „Tagesschau“ zu sehen. Wir dürfen also keine Sendung machen, die man von Anfang an durch sehen muss, weil man sie sonst am Ende nicht versteht. Der Familienvater muss auch mal Zeit haben, kurz in den Keller zu gehen und den Wein zu holen – dementsprechend ist es nötig, die Sendung kleinteilig zu gestalten. Und man muss sich wohlfühlen dort. Wir sagen; die good news bei uns, die bad news kommen dann in der „Tagesschau“. Ein langfristiges Ziel ist es, den gelernten Einschaltpunkt um 20 Uhr langsam und stetig immer weiter etwas nach vorne zu legen.

Jens Bujar: Und natürlich freuen wir uns auch, den einen oder anderen Zuschauer gewinnen zu können, der den Fernseher bislang ausgelassen hat. Bei unserer Show kann man auch mal vier Minuten nur hören und trotzdem wird man unterhalten. „Gottschalk Live“ verpflichtet nicht wie eine Daily Soap zum täglichen Schauen. Aber idealerweise macht es süchtig (lacht).

Alle warten gespannt auf die ersten Quoten. Aber wann wollen Sie sich denn messen lassen? Wie lange gibt es Schonfrist für „Gottschalk live“?

Carsten Wiese: Nach der ersten Show mit sicherlich guter Quote werden wir erst einmal abstürzen. Das ist normal, der Absturz ist vorprogrammiert, denn mit kaum einer Sendung werden im Moment so hohe Erwartungen verknüpft. Und wenn der Show-Titan, der unter Fanfaren im Laserlicht nach 24 Jahren abgetreten ist, dann plötzlich in seinem kleinen, gemütlichen Wohnzimmer vor einem sitzt, dann ist das emotional erst einmal ein Absturz. Das kann gar nicht anders sein. Aber wenn man darauf vorbereitet ist, ist das erträglich, das haben wir bei allen Formaten bisher erlebt. Wenn die Sendung sich dann wieder in der Mitte einpendelt, dann bin ich zufrieden. Mein Traum ist es, dass Thomas Gottschalk zu einer täglichen Instanz am Vorabend im Ersten wird. Die Sendung wird sich finden müssen. Erst im Sommer, wenn wir volle 75 Folgen ausgestrahlt haben, werden wir eine Zwischenbilanz ziehen. Bis dahin haben wir alle Ruhe und Freiheit.

Herr Bujar, das muss ja ziemlich angenehm sein, mal für einen Sender zu arbeiten, der einem bis Sommer Zeit lässt. Da ist Grundy Light Entertainment von Privatsendern doch eher kürzere Entscheidungszeiträume gewöhnt oder?

Jens Bujar: Der eigene Anspruch ändert sich ja nicht. Diese Gelassenheit ist auch Thomas sehr wichtig, weil er auch ein großer Harmoniemensch ist. Wenn er immer das Gefühl hätte, die Leute aus dem Sender würden die Augen verdrehen, wenn er vorbeikommt, würde die Sendung sicher nicht funktionieren.

Herr Wiese, Herr Bujar, vielen Dank für das Gespräch.