Deutschland braucht mehr Buchhalter. Deutschland braucht Typen, die das mit den Zahlen regeln, die auf die Bremse treten, wenn andere permanent mit Bleifuß Euphoriegas geben. Kurzum: Deutschland braucht Joachim Llambi.

Joachim Llambi hat sich in der deutschen Medienlandschaft als dramaturgische Größe etabliert, als einer, der im Privatfernsehen die Luft rauslässt, wenn der Ballon zu hoch zu steigen droht. Wo alles immer auf höher, extremer, schriller getrimmt wird, muss einer her, der als Bleigewicht vom Dienst für Bodenhaftung sorgt.

Llambi heißt nicht ohne Grund Joachim. Er sieht auch so aus. Ich meine, wer heißt schon Joachim? Das sagt doch viel über das von den Eltern gewünschte Wesen aus. Wer sein Kind Joachim nennt, möchte nicht, dass es später einen wirren Beruf ergreift. Joachim ist quasi der Mensch gewordene Gartenzaun, ein Grenzzieher, der die Gemeinschaft vor zu viel Nähe bewahrt und dafür sorgt, dass Träume nicht überhand nehmen.

Wer denkt, Joachim Llambi sei nur ein Juror bei „Let's Dance“ oder Ansager in anderen Shows, übersieht, dass das Phänomen Joachim inzwischen ausschweifend Raum greift. Wobei ausschweifend natürlich das komplett falsche Wort ist. Nichts an Joachim Llambi ist ausschweifend, alles soll wohlkalkuliert wirken inklusive seiner ölig glänzenden Haare. Wenn man beobachtet, wie er in der freitäglichen Gymnastikstunde von RTL nach möglichst gemeinen Worten sucht, kann man förmlich sehen, wie sein Rasierwasser riecht. Llambi sieht aus, als dufte er nach Old Spice oder etwas anderem männlich Herbem. So einer rasiert sich mit Wucht, und aus dem Brand, den das Rasierwasser auf seiner Haut erzeugt, saugt er die Energie, mit der er dann die Dinge in Ordnung bringt und ungelenken Tänzern Sachen attestiert wie „so’n Schissi-Wixi“. Aber selbst wenn er loben will, klingt das wie ein Verriss, weil ihm die Verbissenheit nicht aus dem Antlitz schwinden will. Und wenn er kritisiert wird, ist es gleich ganz aus, dann muss man fürchten, dass dieser Meckervulkan in Kürze ausbricht.

Es gibt ja Menschen, die sagen, das Fernsehen funktioniere wie ein Kasperletheater. Es brauche einen Helden, den Kasper, einen Deppen, den Seppel, einen Räuber, ein Krokodil, eine Großmutter und den Polizisten. Nun könnte man annehmen, Llambi sei bei „Let's Dance“ so etwas wie der Polizist. Ist er durchaus. Er nimmt das mit der Punkteverteilung durchaus ernst. Überernst. Manchmal ernster als es sein muss, weil ganz offensichtlich Einigkeit besteht, dass man einen Gegenpol zum schrill irrlichternden Jorge González braucht.

Llambi ist so ein Gegenpol. Aber er ist mehr. Er ist nicht nur maßregelnder Polizist. Er ist auch ein Krokodil, also ein wenig hinterhältig, ein bisschen gemein. In der Kombination gibt das seiner Rolle natürlich Pfeffer. Wer Polizist und Krokodil ist, kann lavieren, kann mal hier, mal dort zum Einsatz kommen, darf auch mal Depp sein. Das ist wichtig, weil ihm das jene Unberechenbarkeit verleiht, die ihn vor dem Abrutschen in die Biederkeit bewahrt, die er äußerlich spazieren führt.

Natürlich ist Joachim Llambi in erster Linie der Spießer vom Dienst. Er taugt als Identifikationsfigur für alle, denen Dieter Bohlen zu peinlich, zu prollig, zu Camp David ist. Llambi setzt sich da ab. Er heischt nicht ganz so verzweifelt knittrig wie Bohlen nach jedem Zipfel von Jugendlichkeit, Llambi steht zu seinen 51 Jahren, er steht zu seinem Äußeren, er steht zu sich.

Typen wie Llambi verkaufen den Menschen ansonsten überteuerte Riester-Verträge und reden dabei so vertrauensvoll auf ihre Kunden ein, dass die hinterher das Gefühl haben, richtig gut bedient worden zu sein. Das Erwachen kommt dann meist 30 Jähre später. Aber es wäre falsch, Llambi einen Betrüger zu nennen. Llambi betrügt nicht, er glaubt selber all das, was er sagt.

Deshalb setzt ihn RTL auch allüberall ein. Überall, wo es droht zu lustig zu werden und die Gefahr besteht, dass irgendwer fragt, was das alles soll, kommt einer wie Llambi zum Zuge. Da wird er dann wie am Freitag als „Darth Llambi mit der Todeskelle“ vorgestellt, sitzt am Panel und sagt Sätze, die der Angelegenheit wieder ein bisschen Alltäglichkeit einhauchen. Llambi sorgt als „der Mann, dessen Namen nicht genannt werden darf“ für jene Reibung, die Wärme erst entstehen lässt. Je bunter es wird, desto nüchterner muss er sein.

Joachim Llambi ist die wandelnde Vernunft, er ist der Nullkommanullpromillemann des deutschen Mediengeschäfts, die gewollte Seriosität auf zwei Beinen. Kommt Llambi zum Einsatz, signalisiert das allen Zweiflern, dass da einer ist, der dafür sorgt, dass das Projekt nicht in den Wahnsinn abdriftet. Insofern symbolisiert Llambi das Konservative im deutschen Fernsehen. Die Botschaft ist deutlich: Ohne ihn würde alles aus dem Ruder laufen.

Schon bald wird dieser Mann einen deutschen Sender übernehmen. Da bin ich mir sicher. Und irgendwann wird er Bundespräsident. Jede Wette. Den passenden Vornamen hat er ja schon.