Grafik: DWDL.deBei „Talk ohne Show“ wurden – zuerst mit Arabella Kiesbauer, jetzt mit Bärbel Schäfer – zwei Moderatorinnen gewählt, die zuvor mit Krawall-Shows in der Schmuddel-Ecke des Nachmittags-Talk von sich reden machten. War es schwer, die beiden neu zu positionieren?

„Schmuddelige Day-Talk-Ecke“- das ist genau der neuralgische Punkt. Das ist das, was bei Arabella damals ab einem gewissen Zeitpunkt schief gelaufen ist: Man hat die erfolgreichen Themen inflationiert und dann irgendwann gemerkt, dass die Quoten nicht mehr da sind. Nicht Arabella ist schmuddelig gewesen, sondern die Sendung am Ende ihrer Laufzeit. Sie ist eine exzellente Moderatorin – genau wie Bärbel Schäfer. Wenn beide nicht das Talent und die Begabung hätten, eine niveauvolle Sendung zu moderieren, hätte ich das gar nicht erst versucht.

N24 ist ein kleiner Sender mit einem kleinen Budget. Wie wirkt sich das auf die Arbeit aus – wenn man dagegen die großen Talk-Flaggschiffe anderer Sender sieht?


Heilsam! Ich halte es für sehr gesund, dass man auch mal den Pfennig umdrehen muss, um eine solche Sendung herzustellen und nicht mit den Tausendern um sich schmeißt, um anderen die vermeintlich tollsten Gäste vor der Nase weg zu kaufen. Mit einem Mini-Budget kann ich eine genauso interessante Sendung machen wie andere, die ein sehr hohes Budget haben. Das erfordert zwar viel mehr Handarbeit – die ist aber wohltuend, weil man plötzlich merkt, was man gemacht hat und worum es eigentlich geht.
 
 
Wohin wird sich das Genre der Talkshow künftig entwickeln?

Für mich ist die Talkshow eines der ursprünglichsten Fernsehformate schlechthin. Ich glaube an ein Comeback der Talkshows – auch am Nachmittag. Der Tod der Talkshows am Nachmittag kam daher, dass immer billiger und unjournalistischer produziert wurde. Das wurde vollkommen überdreht und der Profit wurde auf Teufel komm raus gepresst. Das kann nicht funktionieren. Talkshows brauchen gute Ideen. Die kriegt man nur mit Kreativität, und die braucht Luft und Atem. Und das kommt nicht aus einer ausgepressten Zitrone.

Und jetzt könnte es wieder funktionieren?

Schauen Sie sich die Day-Time mit den Gerichtssendungen und Junkformaten doch an! Wir leben in einer Zeit, in der die Zuschauer nach echten Inhalten suchen und nicht nach einer vorgegaukelten Realität. Das dazu gehörige Werbevolumen entspricht doch derzeit auch nicht den Wünschen der Sender. Wenn die Authentizität in Gefahr ist, kann man es gleich lassen. Es gibt bei den Zuschauern ein Bedürfnis nach authentischen Inhalten – und die diese Themen kann man alle auch mit Niveau diskutieren. Wenn Herr Beckmann mit Herrn Ullrich darüber spricht, ob der vielleicht lügt, ist das nichts anderes als genau das. So etwas findet auch bei Bärbel Schäfer statt. Das sind ja genau die Gespräche, wie wir sie abends beim Glas Wein führen könnten. Also will man darüber sprechen. Es gibt dafür ein großes Bedürfnis mit zu wenig Erfüllung.