Grafik: WDRIst denn das Alter der Zuschauer ein großes Thema? Vergleichen Sie Ihre Ergebnisse mit denen von „Anne Will“?

Ich möchte jeden Zuschauer haben, unabhängig vom Alter. Die jeweiligen Strategien muss man nicht alle mitmachen. Vergleiche mit dem Sonntag sind wegen des außergewöhnlichen Quotenvorlaufs durch den ‚Tatort’ problematisch. Natürlich gucke ich „Maybrit Illner“ und „Anne Will“ – das ist Kollegenbeobachtung und damit Arbeitszeit. Ich gucke immer, was sie jetzt wieder von uns übernommen haben. Und seit ich jetzt sonntags auch noch eine Schlussrunde sehe (eines unserer Markenzeichen), denke ich: holla, das ist aber kühn – das würde ich mich nicht trauen. Ich nehme aber an, in Wirklichkeit ist das ein verstecktes Kompliment.

Ihre Sendung wurde immerhin immer wieder als das ultimative neue Talk-Konzept gefeiert, dem viele Sender versucht haben nachzueifern.

Wir haben nicht das Rad neu erfunden. Wir haben uns bei "Hart aber fair" im bekannten Werkzeugkasten bedient und eine neue Sendung zusammengeschraubt. Und so machen andere das natürlich auch.

Sie sprachen von Kampfsendeplatz und Kamikaze-Aktion am Mittwoch. Wollen Sie nach wie vor auf den Sonntag?

Ich wäre schrecklich gern auf dem Sonntagabend, weil ich es endlich einmal bequem haben wollte. Der Sendeplatz jetzt ist letztlich das Ergebnis eines Intendanten-Fights. Hätte ich zu dem Kompromiss sagen sollen: "Herr Pleitgen, nein"? Damals wussten wir auch noch nicht, dass Sat.1 die Free-TV-Rechte der Champions League auswerten wird. Aber diese Schlacht ist geschlagen und wir werden aus dem Mittwoch rausholen, was eben geht.
 


Anders gefragt: Haben Sie das Gefühl, jetzt „einen der besten Sendeplätze“ der ARD zu haben, so wie es ARD-Chefredakteur Thomas Baumann im März gegenüber dem „Gong“ angekündigt hatte?

Da wusste er vermutlich auch noch nichts von der Champions League. Aber der Platz jetzt ist es definitiv nicht.

Wenn der Wechsel ins Erste in der Presse als Aufstieg bezeichnet wird, dann bedeutet dies ja auch, dass Abstiegsgefahr besteht....


Wir haben etwas zu verlieren, natürlich. Wir geben einen Bomben-Sendeplatz im WDR Fernsehen auf. Der lag bei unserem Start vor sechs Jahren bei fünf Prozent. Jetzt sind wir gegen den Trend angestiegen und liegen mit 12,5 Prozent Marktanteil fünf Prozent über dem Senderschnitt. Ich bin nach wie vor sicher, dass die Sendung auch am Sonntag funktioniert hätte. Allerdings nicht mit einer Stunde. Mein Selbstbewusstsein rührt daher, dass wir aus einer Sendung im dritten Programm eine bundesweit beachtete Sendung gemacht haben. Quote und Qualität für den WDR zusammengeführt zu haben, ist etwas sehr Schönes. Das gab es früher meistens nur getrennt. Wenn es jetzt nicht funktioniert, dann liegt es nicht an uns. Sollte es nicht so toll laufen, werde ich sicher auch Sätze lesen wie: "Plasberg kocht auch nur mit Wasser". Damit kann ich aber umgehen. Dann muss man halt wieder ins WDR-Fernsehen gehen.

Hätte es das Jauch-Debakel in der ARD nicht gegeben, würden Sie vermutlich nicht im Ersten starten. Wann wären Sie denn sonst ins Erste gekommen? Schließlich wollen Sie schon in fünf Jahren mit „Hart aber fair“ aufhören.

Das war jetzt genau der Moment. Aber mein Lebensglück hängt nicht davon ab. Und so Sätze wie "In fünf Jahren höre ich auf" sind gut, um sich selbst und andere wachzurütteln. Was glauben Sie, was danach in der Redaktion los war? Aber man kann ja auch den Carpendale machen, also nach dem endgültig letzten Konzert auf endlose Abschiedstournee gehen.

Fühlen Sie sich denn auch dafür verantwortlich, dass Oliver Pocher bald im Ersten zu sehen ist? Schließlich veränderte Harald Schmidt wegen „Hart aber fair“ seinen Turnus und das Konzept.

Nein. Ich glaube, Schmidt wollte die Stunde und alles was sie lesen, stimmt. Bei aller Konkurrenz gibt es eine große Solidarität unter Kölner Protagonisten. Schmidt hat mich einmal darauf angesprochen – ich hätte es umgekehrt gar nicht gewagt.

Wo wir gerade bei Kölner Protagonisten sind: Wann sehen wir sie wieder mit Christine Westermann vor der Kamera, mit der Sie 15 Jahre lang die „Aktuelle Stunde“ im WDR moderiert haben?


Wenn sie mich zu „Zimmer frei“ einlädt. Da war ich aber schonmal. Fünfzehn Jahre waren eine lange Zeit. Das könnte man aber wieder einmal angehen. Ein guter Tipp.

Vielleicht die große Abschiedstournee durch ausverkaufte Hallen?

Und zusammen lesen wir dann aus Büchern vor? Nein, so etwas nicht.

Herr Plasberg, vielen Dank für das Gespräch und einen guten Start im Ersten!