Sie sprachen vorhin schon einmal die Kinoerfolge im Ausland an und haben Jan Mojtos „Kino fürs Fernsehen“ zitiert: Wieso macht teamWorx die großen Produktionen nicht auch für das deutsche Kino?

Es gab ja sehr aufgebrachte Debatten über unsere Produktionen und auch ein Statement des Verbands der Filmtheater, der sich einen Film wie „Dresden“ oder „Die Flucht“ im Kino wünschen. Für „Dresden“ gab es sogar drei praktikable Verleihangebote. Es ist nicht so, dass wir es nicht gewollt hätten, aber die maßgebliche Finanzierung der teamWorx-Produktionen kommt vom Fernsehen und kein Sender will sich das Recht nehmen lassen, den Film dann auch als Erstes auszustrahlen. Aber es ist kein Geheimnis, dass Kino in meinen Gedanken künftig wieder eine größere Rolle spielen wird. Gerade eben wegen der Erfolge unserer letzten Produktionen. Eine Doppelauswertung wie sie z.B. Bernd Eichinger für „Der Bader Meinhof Komplex“ vorsieht, macht auch für einige teamWorx-Produkte Sinn. Dahin möchte ich auch definitiv wieder zurück. Denn es gibt Filme, die sind einfach für die große Leinwand gemacht.

Gibt es konkrete Pläne für neue Kinoproduktionen von teamWorx?

Es gibt zwei Projekte, über die wir derzeit noch verhandeln. Eines davon wäre in Zusammenarbeit mit RTL. Aber mehr kann ich dazu noch nicht sagen.

Vor knapp einem Jahr kündigten Sie die Spaltung Deutschlands im neuen Zweiteiler „Die Grenze“ an. Was ist daraus geworden?

Das Projekt kommt. Wir haben ein 80-seitiges Treatment fertig und der Zweiteiler ist bereits an RTL vergeben. Wir wollen das im nächsten Jahr drehen. Wir hatten jetzt mit Barbara Thielen und den Autoren Christoph und Friedemann Fromm die dritte Sitzung zum Projekt und sind äußerst guter Stimmung. „Die Grenze“ ist zunächst einmal ein erstklassiger Krimi über einen Bürgerkrieg in Deutschland und dazu noch ein großes Melodram, das das Auseinanderdriften einer Familie erzählt. Ein großer Stoff von Christoph und Friedemann, mit dem wir schockieren wollen.

Dann erübrigt sich meine Nachfrage, für welchen Sender Sie Deutschland wieder spalten werden...

(unterbricht) Ich wollte unbedingt zu RTL, weil diese Produktion einen Sender braucht, der das Thema aufmerksamkeitsstark und provokant inszeniert und dabei alle Möglichkeiten der Crosspromotion nutzt. Die Zusammenarbeit mit RTL bei der „Sturmflut“ lief vorbildlich. Ich fand die Aufarbeitung des Themas und die Promotion für den Film hervorragend. Und mit Barbara Thielen haben wir bei RTL eine Ansprechpartnerin, die sich vor allem inhaltlich sehr für die Filme interessiert.
Foto: Teamworx
Nico Hofmann

Hätte Sat.1 das Thema nicht so zuspitzen können? Sind die Berliner dann doch noch zu sehr „Kuschelsender“?

Sat.1 hatte definitiv Interesse an dem Projekt. Ich glaube nicht, dass Matthias Alberti und Joachim Kosack ihren Sender noch als „Kuschelsender“ verstehen. Beide suchen derzeit ganz massiv neue Programmfarben. Die Entscheidung für RTL hat in diesem Fall mit den positiven Erfahrungen bei der „Sturmflut“ zu tun.

Gibt es schon eine Besetzung für den Zweiteiler?


Die gibt es, aber nur in meinem Kopf. Und solange die Beteiligten von ihrem Glück noch nichts wissen, kann ich ja noch nichts verraten. Aber Du kannst davon ausgehen, dass wir wie gewohnt hochkarätig besetzen.

Apropos Besetzung: Vor einiger Zeit gab es in der "FAS" eine Satire über die Findung der Besetzung von deutschen Eventmovies und der wiederholten Wahl von Heino Ferch. Konnten Sie darüber lachen?

Es gab zwei interessante Texte. Was Sie meinen, war eine Polemik über Heino Ferch von Stefan Niggemeier. Das hat mich getroffen, wie Heino selbst auch. Ich habe ihn in den letzten Jahren für unsere Produktionen entdeckt. Er ist ein grandios guter Schauspieler. Und wenn er für eine Rolle die ideale Besetzung ist, dann muss ich mich nicht mit weniger zufrieden geben. Und ausgerechnet bei „Troja“ stand außer Zweifel, dass Ferch die Hauptrolle spielt. Das Projekt wurde seit fünf Jahren mit ihm und nur mit ihm geplant. Und Jörg Thomann schrieb damals zur Vorstellung des Projekts „Die Grenze“ eine Glosse über Story und Besetzung des Films. Ich habe Thomann versprochen, dass ich ihm das Drehbuch schicke, damit er sieht, dass wir einiges anders machen, als er es sich vorgestellt hat.

Nochmal zurück zu „Die Grenze“: In welches Genre fällt dieser Film? Ist es eine Art reale Science-Fiction wie z.b. der britische Kinofilm „Children of Men“ es auch war?

Es hat viel mit der Verbindung von Erfundenem und Realem zu tun, wie auch bei „Children of Men“. Ich würde es als eine Fortsetzung der großen deutschen Tradition des politischen Schockers wie zum Beispiel „Das Millionenspiel“ bezeichnen. Diese Tradition wollen wir wieder beleben. Es gab ja mal provokantes Fernsehen in diesem Land. Auch wenn man sich das heute kaum mehr vorstellen kann. In Großbritannien hat die BBC mit solchen zugespitzten, aber realistischen Zukunftsproduktionen auch großen Erfolg gehabt. In „The Day Britain stopped“ ging es z.B. um einen Verkehrsinfarkt im Land nach einem Flugzeugunglück in London.

Deutlich weiter als „Die Grenze“ sind die beiden eher klassischen teamWorx-Produktionen „Das Wunder von Berlin“ und „Mogadishu“....

Beide Filme werden großartig, aber sie sind alles andere als klassisch. „Mogadishu“ drehen wir seit vier Wochen und probieren dabei einen neuen und sehr konsequenten Realismus-Bezug. Auf den Film bin ich schon jetzt enorm stolz. „Das Wunder von Berlin“ ist fertig und läuft am 27. Januar im ZDF. Auch diese Produktion ist ungewöhnlich und kein klassischer teamWorx-Event. Auch hier habe ich versucht einen anderen Realitätsbezug einzubauen, weil ich das als neuen Trend sehen möchte. Weg vom Melodram, hin zur gelebten Geschichte basierend auf wahren Geschichten. Bei „Das Wunder von Berlin“ stützen wir uns auf die wahren Erlebnisse von Tilo Koch, bei „Mogadischu“ auf die berichtete Realität, die dramatischer nicht sein könnte.
 
Lesen Sie auf Seite 4: Nico Hofmann über neue Projekte, das Problem der Sat.1-Serie "Deadline" und die perspektivische Neuausrichtung seiner Produktionsfirma Teamworx.