Herr Dr. Kofler, am 1. Januar wird ProSieben 20 Jahre alt- ein Datum, das Sie im Hinterkopf hatte?
Der Sendestart von ProSieben war für mich ein einschneidendes berufliches Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Auch nach so vielen Stationen, die ich danach erlebt habe und erleben werde: ProSieben war das erste Unternehmen, das ich gegründet und als Geschäftsführer geleitet habe. Es ist mein ältestes Baby, mein Erstgeborenes sozusagen. Und die bleiben einem ja immer in ganz besonderer Erinnerung.
Sind Sie denn insgesamt zufrieden damit, wie sich ihr Erstgeborenes entwickelt hat?
ProSieben war von Anfang an ein Unternehmen mit Charakter, das sich schnell zu einer Marke und einem wirtschaftlichem Erfolg entwickelt hat. ProSieben ist als erstes deutschen Medienunternehmen an die Börse gegangen. Es gibt viele Entwicklungsstufen, auf die man stolz sein kann.
Wie muss man sich denn den Start von ProSieben vorstellen? Gut vorbereitet oder doch mit heißer Nadel gestrickt?
(lacht) Da war alles mit der heißen Nadel gestrickt. Der Start von ProSieben war Abenteurertum pur, es herrschte Pioniergeist allerorten. Vor uns lag Neuland, beinahe alles war unbekannt. Unsere technische Reichweite betrug 1,9 Millionen Haushalte und wir hatten keine Idee, wieviele davon sich für uns entscheiden würden. Wir wussten nicht, wie das Publikum reagieren würde, wie die Werbekunden sich verhalten würden.
Wann hörte das Abenteuer auf?
Mit dem Börsengang waren wir gezwungen, uns professionell aufzustellen. Die Börse hat ProSieben sozusagen in das Erwachsenendasein getrieben. Das war sicherlich der größte Einschnitt in der Unternehmensgeschichte von ProSieben.
Müssen Medienunternehmen eigentlich an die Börse gehen? Derzeit steht es um die meisten börsennotierten TV-Unternehmen nicht besonders gut...
Ich bin grundsätzlich für Börsengänge, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Notierung an der Börse zwingt ein Unternehmen zur Transparenz nach Innen und nach Außen und setzt es einem gesunden Leistungsdruck aus. Außerdem hat man Zugang zu den Kapitalmärkten, ein Schlüsselfaktor für Wachstumsunternehmen. Ich würde diesen Schritt immer wieder tun. Es gibt auch Nachteile, okay. Aber die Vorteile eines Börsengangs überwiegen bei weitem.
Gibt es etwas, was Sie persönlich in den vergangenen zwanzig Jahren gelernt haben, was Sie sich im Nachhinein auch schon zum Start von ProSieben gewünscht hätten?
Es gehört natürlich zur Dramaturgie im Leben, dass man später meist schlauer ist als früher. Mit Sicherheit würde ich heute Einiges anders machen. Beim finanztechnischen Know-how oder der Auswahl der Führungskräfte hatte ich damals sicherlich Defizite. Allerdings habe ich die mit Mut, Entscheidungsfreude, Hausverstand und Learning-by-doing recht gut kompensiert. Außerdem verzeichneten wir auch so Wachstumssprünge beim Umsatz, dass so mancher Fehler verziehen wurde (lacht).