Armin HierstetterWird das bei dem englischen Pendant besser verstanden?

Dort war die Marke schon vor Jahren Kult. Eine Lebensform, praktisch unangreifbar.

Ist diese Verkniffenheit typisch deutsch?

Es ist eher die Faulheit derer, die nicht wirklich Lust haben, für die eigenen Kunden die richtige Zielgruppe zu finden. Das gibt es aber auf der ganzen Welt mehr oder weniger stark ausgeprägt. Es geht doch eigentlich nur darum, etwa für den 3er BMW, treffsicher die richtige Zielgruppe zu erreichen. Dieses hehre Ziel wird meistens genau verfehlt!

Man wird also eher bestraft, wenn man Ecken und Kanten zur Schau stellt.


Ja, durch diese Mechanik werden letztlich die Hefte auch inhaltlich zur Mutlosigkeit erzogen. Mich hat frustriert, dass andere Hefte an dieselben Auflagen mit langweiligen Inhalten kommen, durch Herumtricksen  mit den Auflagenzahlen. Vor den Werbekunden hat man dann meistens den großen Max markiert. Natürlich sind die in den Agenturen auch nicht ganz blöd. Aber im wirtschaftlich besten Sinne des Kunden wird hier trotzdem nicht immer gebucht.
 

 
Das bedeutet?

Man müsste in der Fachpresse mal die Top Fünf jeder Gattung genauestens auseinandernehmen. Was steht denn da überhaupt in den IVW-Zahlen drin?! Selbst die öffentlichen Zahlen bieten schon genügend Angriffsfläche, so dass sich bei genauer Herangehensweise einiger Zündstoff bieten müsste. Die Anzeigenpreise rechtfertigen sich ja über die Gesamtauflage, in der unter anderem die sonstigen Verkäufe, Bordexemplare, Lesezirkel enthalten sind. Für gute AWA-Zahlen mögen die ja noch was bringen, für den Anzeigenkunden sehe ich das überhaupt nicht, denn in diesen Sparten ist nicht klar, wer das Heft liest, bei wem meine Werbebotschaft ankommt. Wer schon mal selbst von der AWA befragt wurde oder sich mit der Methodik auseinandergesetzt hat, weiß auch, wie weit diese Zahlen der Wirklichkeit entsprechen.

Die Krise zwingt doch aber schon zum Umdenken.  

Wenn diese Krise vorbei sein sollte - und das wird bei weitem noch nicht Ende 2009 der Fall sein - werden Agenturen viel genauer belegen müssen, warum wo wieviel gebucht wird. Die wirtschaftliche Krise hat sich noch nie so stark auf den Printbereich ausgewirkt. Und jetzt sind viele am Scheideweg. Print wird weiter dramatisch verlieren, die Bereinigung am Kiosk ist noch lange nicht vorbei und wird noch weit bis ins Jahr 2010 reichen.  

Ist das auch ein Grund warum Sie aus der Printbranche ausgestiegen sind?

Naja, auf die Idee zu meinem Sprecherportal „bodalgo.com“ bin ich eigentlich deswegen gekommen, weil ich schon früher für „FHM“ den Werbeclaim „Männer sind so“ gesprochen habe. Weil das ganz gut angekommen ist, hab ich mich bei Agenturen beworben und habe mir so über die Sprecherszene immer mehr Informationen angeeignet. Etwas später bin ich dann auf eine amerikanische Website gestoßen, die praktisch eine Sprechersuchmaschine ist und die es in ähnlicher Form in Deutschland noch nicht gab. Und das wollte ich ändern. Da ich begeisterter Hobby-Programmierer bin, konnte ich dann später für „bodalgo“ von der Idee bis zu Umsetzung alles selber machen. So kann ich vielleicht auch davon profitieren, dass in den nächsten Jahren sehr viele Werbespendings umgeschichtet werden – von Print auf Online (lacht).