9Live-Gesicht Thomas Schürmann im Gespräch

Grafik: DWDLDWDL: Herr Schürmann, ihr neues Format "Schürmanns Gebot" führt sie raus aus dem Studio. Wie groß ist die neue Herausforderung?

Schürmann: Fernsehmäßig ist es schon was Neues, aber radiomäßig war ich als Reporter fünf Jahre lang auf der Straße unterwegs und da weiß ich schon, wie die Leute reagieren, wenn man ihnen ein Mikro vor die Nase hält. Aber natürlich ist es etwas Neues mit der Kamera auf Leute zuzugehen und die ersten Drehtage haben einfach wahnsinnigen Spaß gemacht.

DWDL: Wenn Sie mit der Kamera auf die Straße gehen, wie bekannt ist denn dann 9Live unter dem Straßenvolk mit dem Sie ihre Späße treiben?

Schürmann: Erkennen tun uns sehr, sehr viele Leute. Ein paar Minuten dauert es aber meistens noch, bevor sie einen auch vom Gesicht her einordnen können.

DWDL: Und privat ohne Kamera? Werden Sie da erkannt?

Schürmann: Wenn Leute ankommen "Hallo, du bist doch...", dann klar, das gehört dazu. Wenn ich mein Gesicht in die Kamera halte, muss ich damit umgehen können. Das ist mein Job, ich habe ihn mir ausgesucht. Dabei geht aber schon ein Stück Privatsphäre verloren.

DWDL: Zurück zum neuen Format "Schürmanns Gebot": Wer hat eigentlich die Ideen zu den Aufgaben?

Schürmann: Teilweise sind das Ideen von unseren Redakteuren, von unseren Gag-Schreibern in Köln und teilweise von mir. Aber manche Dinge ergeben sich auch einfach spontan, wenn jemand ankommt und sagt "Hör mal, wenn Du mir noch das und das gibst, dann mach ich auch noch dieses und jenes".

DWDL: Wo wird gedreht für "Schürmanns Gebot"?

Schürmann: Wir haben angefangen im Ruhrgebiet: In Hamm im Allee-Center, auf 'ner Messe namens "Jagd & Hund", in 'ner Disko. Jetzt am Wochenende sind wir auf einer Tattoo-Messe, auf einem Schlagerfestival, also überall, wo man Menschen antrifft, die auch soviel Humor besitzen könnten, dort mitzumachen.

DWDL: Was war denn bislang die schrägste oder schlimmste Aufgabe?

Schürmann: Das Lustige ist, dass es total unterschiedliche Sachen sind. Wir hatten Roger, sehr elegant gekleidet und gut gebildet, der hat das Handlaufband einer Rolltreppe abgeleckt. Das fanden einige schon sehr ekelig, wo ich jetzt gesagt hätte, das hätte ich auch noch gemacht. Andere Leute haben gesagt: "Hundefutter – niemals" oder ein junger Mann hat sich ausgezogen bis auf die Unterhose und ist dann in Frauenunterwäsche durchs Einkaufszentrum gelaufen. Es ist also wirklich sehr unterschiedlich. Für jeden ist etwas anderes unvorstellbar.

DWDL: Ist jetzt "Ekel TV" eigentlich der neue Trend? Schon bei "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus" machte ja der Ekelfaktor einen großen Teil des Zuschauerinteresses aus.

Schürmann: Also die Idee zu "Schürmanns Gebot" hatten wir schon weit vor RTL und deren Dschungelshow, aber die Show sollte dann erst im Zuge der Programmreform starten. Und eigentlich geht es bei uns auch nicht darum, dass es eklige Sachen sind. Zum Beispiel unsere Jackpot-Runde: "Das Toastbrot des Grauens". Wer es schafft drei ganz normale Scheiben Toastbrot innerhalb einer Minute zu essen, gewinnt. Und der Jackpot steht mittlerweile bei 3200 Euro.

DWDL: Drei ganz normale Scheiben Toastbrot?

Schürmann: Nein, nein, das sind ganz normale frische Scheiben Toastbrot. Drei Scheiben innerhalb von einer Minute. Da denkt jeder erst mal "Das krieg ich hin", aber viele Leute stopfen sich erst mal alle drei Scheiben in den Mund und haben dann einen dicken Klumpen Brot im Mund, den die im Leben nicht mehr runter bekommen.

DWDL: Gehen wir mal gedanklich ins Studio zurück: Die Call-In-Shows sind ja mittlerweile vielfach kopiert worden. Ist das Bestätigung im Sinne von "Wir waren Vorreiter" oder verdirbt die Konkurrenz das Zuschauerinteresse und den Ruf dieser Shows?

Schürmann: Also um den Ruf geht es gar nicht, glaub ich. Wenn jemand beim Durchzappen ein solches Spiel entdeckt und sie es interessant finden, dann ist es den Leuten egal ob das 9Live ist oder ein anderer Sender. Ich glaube einfach, dass man 9Live Respekt zusprechen muss, dass man in einer Zeit, in der es schwierig genug ist, einen Sender rentabel zu betreiben, eben dies schafft. Als wir im Juli 2001 angefangen haben und das Ganze noch tm3 hieß, da haben wir gesagt "Wenn wir Weihnachten noch 'nen Job haben, ist es okay". Aber dann kam die Resonanz auf die Shows und es lief und dann kam auch die Konkurrenz auf den Geschmack. Ich bin mir zum Beispiel ziemlich sicher, dass RTL die erste Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" komplett durch die Anrufe finanzieren konnte. Das sind aber natürlich Anrufer-Dimensionen, von denen man bei 9Live nur träumen kann.

DWDL: Bei über 2.500 Stunden Live-Moderation: Da kennt man doch unter den Anrufern sicher schon so seine Spezis, oder?

Schürmann: Das merkt man. Wir haben schon so unsere üblichen Verdächtigen, die sich daraus einen Sport gemacht haben und sogar ihr Leben finanzieren.

DWDL: Das ist nicht Ihr Ernst....

Schürmann: Doch, tatsächlich. Wir haben einen jungen Mann aus Münster, der schon genau weiß, bei welchen Spielen er eine Chance hat. Und der hat mittlerweile schon rund 80.000 Euro gewonnen. Ich bin mir auch sicher, dass man mit Ausdauer wirklich leicht gewinnen kann. Aber die meisten Leute machen den Fehler und probieren es nur einmal und geben dann auf. Bei manchen Spielen gewinnt einfach nur die Ausdauer.

DWDL: Ist dieser Liveshow-Marathon eigentlich eher harte Arbeit oder schon der Traum vom Fernsehjob?

Schürmann: Wenn man sich den Gedanken macht, dass man den Kopf ein paar Stunden am Tag in die Kamera hält, dann merkt man schon, dass es in Traumjob ist. Ich hab früher mit 16 mal gesagt, dass ich Fernsehmoderator werden will und das bin ich jetzt stundenlang am Tag. Und dann realisiert man schon, dass man da vielleicht etwas macht, was Millionen andere auch gerne machen würden. Aber klar ist vier Stunden am Stück reden schon so etwas wie Schichtarbeit. Im Endeffekt ist es aber einfach ein Job, mein Job.

DWDL: Drehen wir den Spieß um: Wann haben Sie das letzte Mal an einem Gewinnspiel teilgenommen?

Schürmann: Ich hab letzte oder vorletzte Woche erst Lotto gespielt.

DWDL: Oh, so brav, das gute, alte Lotto. Themensprung: Welche Sendung verpassen sie eigentlich nie. Die meistgegebene Antwort bei dieser Frage war immer "Harald Schmidt Show". Also sie sind der erste, der jetzt definitiv was anderes sagen muss.

Schürmann: Ich fand Harald Schmidt großartig, wenn ich ihn denn mal gesehen habe, da ich meistens nur vorm Schlafen fernsehe und da ich selten vor Mitternacht ins Bett gehe, wurd' das auch schon immer knapp. Also wenn dann seh' ich Wiederholungen von "Richterin Barbara Salesch" oder Stefan Raab, manchmal auch so Serien wie "CSI" oder "Poltergeist". Ich bin da eigentlich sehr anspruchslos. Wenn ich mal richtig Zeit habe, bin ich auch eher derjenige, der mal in die Videothek geht

DWDL: Die letzte und fast schon legendäre Frage: Wie übersetzen sie unser Kürzel DWDL?

Schürmann: Die wissen, was läuft. Ach ne..."die wissen, dass es läuft".

DWDL: Herzlichen Dank für das Gespräch.