Foto: Schwartzkopff TVHerr Roeder, Ihr Unternehmen Schwartzkopff TV ist eine hundertprozentige Tochter des Axel Springer Verlags. In wie weit ist Ihr Unternehmen von der derzeitgen Krise betroffen, die auch den Print-Häusern das Leben schwer macht?

Wir waren insofern betroffen, da  "Die goldene Kamera", deren Gala wir ausgerichtet haben, in diesem Jahr in eine TV-Pause gegangen ist. Wir haben aber keinen konkreten Anlass zur Sorge, da Springer ein starkes Print-Haus mit erfolgreichen Marken ist, für die wir auch weiterhin produzieren.
 
Auf dem Produzentenmarkt lässt sich ein Trend zu internationalen Netzwerken feststellen. Erst kürzlich hat sich die französische Banjjay an Brainpool beteiligt. Wie stellt sich Schwartzkopff TV auf?

Internationale Netzwerke werden immer wichtiger. Wir selbst sind seit Kurzem in der Produzentenvereinigung Sparks aktiv, bei der pro Land ein Unternehmen ohne internationales Netzwerk mitwirken darf. Wer international operiert, hat es einfacher, weil man auf bestehende Formate zurückgreifen kann und es leichter ist, etwas gemeinsam zu testen. Es gibt Quoten, Text-Bücher, Produktionsbibeln, Erfahrungen. Wir haben mit dem "Fast Food Duell", "Deutschland wird schwanger" und "Beste Freunde" in diesem Jahr drei internationale Formate on Air. So viel Geld hätten wir gar nicht in die Hand nehmen können, um ohne den Erfahrungsvorsprung der Partner realisierbare Angebote machen zu können. Deswegen investieren wir auch viel in internationale Kontakte. Der Kauf und die Optionierung eines Formates sind zwar immer ein Investment, aber zu weitaus geringeren Kosten, als wenn man alles nur selbst entwickeln würde. Ein ausländischer Partner wie bei Brainpool wäre für uns auch denkbar. Konkrete Überlegungen gibt es aber nicht.
 

 
Am heutigen Samstag läuft im ZDF "Das große Sommer Open-Air mit Marianne und Michael", das Sie produziert haben. Das Genre Volksmusik, mit dem sich im Feuilleton keiner so recht beschäftigen mag, hat sich verändert. Was ist heute in Sendungen drin, auf denen Volksmusik draufsteht?

Wenn ich heute über Volksmusik rede, ist diese nach wie vor sehr naturverbunden, romantisch und in den Werten auf Treue, Liebe und Nähe ausgerichtet. Es sind  Produktionen, die für ein älteres Publikum gemacht wurden. Es gibt aber inzwischen eine neue Farbe, die nicht mehr so stark auf die traditionellen Werte schaut, sondern es einfach krachen lässt, Spaß am Leben hat und sinnlich ist. Das bewegt sich eher in einem Kanon von Karneval, Ballermann, Oktoberfest und Aprés-Ski-Party. Es entstehen Gruppen, die sehr jung sind und bestimmte Elemente aus der traditionellen Volksmusik benutzen und zitieren: Die Instrumente, die Kleidung, den Dialekt.
  
Es hat sich also verändert: Von der krachledernden Heimatverehrung hin zur krachenden Party, und das verbindende Element ist die verhältnismäßig schlichte musikalische und textliche Ausgestaltung?

Es ist nicht mehr so schlicht, wie man meint. Im Gegensatz zu den älteren Künstlern sind die Jungen sehr selbstironisch und haben einen anderen Blick auf die Welt. Natürlich sind Lieder zum Mitsingen und Mitfeiern immer recht einfach angelegt. Sie erscheinen aber nur so lange einfach,  solange es mir gut geht. Wenn es mir schlecht geht und ich vielleicht Liebeskummer habe, entdecke ich in den Titeln eine tiefe Wahrheit, die mir vorher verborgen geblieben ist. Es ist mehr als nur Party.

Die volkstümliche Musik ist mittlerweile mit einem sehr negativen Image behaftet. Schlägt ZDF-Unterhaltungschef Manfred Teubner nicht die Hände über dem Kopf zusammen, wenn Sie ihm in diesem Genre eine Sendung anbieten?


Sie finden in Deutschland in keinem Sender mehr jemanden, der seine berufliche Zukunft mit dem Thema Volksmusik verbinden möchte. Es gibt aber noch immer einige Formate, die den Volksmusik-Charakter stark bedienen. Neue Formate will aber niemand mehr durchsetzen, da alle spüren, dass diese Zeit vorbei ist. Was danach kommt, ist die deutsche Musik in einer anderen Form: Es gibt keine romantische Verklärung  mehr, sondern Spaß und Freude. Entsprechend sehen die Interpreten heute auch anders aus und bewegen sich anders  - mit einer anderen Lautstärke und Geschwindigkeit.

Wie läuft das praktisch ab? Sie sagen ja sicher nicht zum Sender: Das ist zwar mit Marianne und Michael, aber es ist keine Volksmusik. Oder etwa doch?

Bei „Das große Sommer Open-Air“ ist die Volksmusik-Attitüde schon im Titel gar nicht mehr enthalten. Es geht um die Inszenierung: Eine Riesen-Bühne, eine große Lichtshow, Frank Hof als Regisseur. Wir fassen das Projekt ganz anders an. Marianne und Michael tragen auch eine völlig andere Kleidung, als man es von ihnen kennt – es ist frischer und schicker, das Dirndl und die Lederhosen sind verschwunden.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie Marianne und Michael sich in den vergangenen Jahren neu erfunden haben und wie Karsten Roeder die Zukunft des Daily-Talks sieht.