Jakob AugsteinAber wie soll der „Freitag“ dann profitabel werden?

Unser Markt ist eindeutig der Leser-Markt und da ganz speziell das Abonnementengeschäft.

Wieviele treue Leser haben Sie denn vor einem Jahr durch den Neustart verloren bzw. konnten Sie sich davon wieder erholen?

Wir haben mit dem neuen „Freitag“ zunächst etwa zehn Prozent der Abonnenten verloren, wobei sich nicht genau sagen lässt, wieviele damit ganz genau auf den Relaunch zurückzuführen sind, weil der „Freitag“ seit Jahren beständig Abonnenten verloren hat. Wir haben aber etwa ebensoviele neue Abonnenten gewonnen. Das ist schon mal nicht schlecht. Denn wir hätten auch im großen Stil Leser verlieren können. Wir haben ja die Zeitung in ihrem Wesen und ihrer Identität nicht angerührt aber in ihrem Äußeren, in ihrer Temperatur und in ihrem Themenspektrum doch offener, wärmer und weiter gemacht. Im ersten Jahr ging es darum, das neue Konzept des „Freitag“ zu etablieren und den Abo-Level zu halten. Ab jetzt geht es um Wachstum, Netto-Wachstum.
 

 
Dabei helfen soll ja das Internet. Mit dem Relaunch wurde die Website und ihre Community stärker betont. Wie klappt denn die Beteiligung der Leser am Meinungsmedium „Freitag“?

Unsere Website ist die Plattform für den Austausch zwischen unseren Redakteuren und unseren Lesern, die wir auch als Autoren gewinnen wollen. Das klappt im Web sehr gut. Was sich aber schwieriger herausgestellt hat als gedacht, ist das Abdrucken von Internet-Beiträgen in der Zeitung. Man schreibt anders im Netz und man hat auf Papier eine andere Leseerwartung.

Für Sie persönlich war die intensive Auseinandersetzung mit dem Web ja auch neu. Wie haben Sie das erste Jahr als Teil einer Online-Community erlebt?

Ich habe mich mit Offenheit und Neugierde in die Web-Community gestürzt und war angenehm überrascht, dass es nicht so rabiat zugeht, wie man es mir vorher erzählt hatte. Natürlich streiten sich unsere User. Und sie vertragen sich dann auch wieder. Das klappt sehr gut. Ausnahmen gibt es natürlich immer und wenn ein Blogger uns verlässt, weil er sich nicht mehr wohlfühlt, dann tut das weh. Das ist ein Beziehungsabbruch, der regelrecht schmerzt. Es ist im Netz eben wie im richtigen Leben.

Aber mit schönen Diskussionen allein lässt sich ja kein Geld verdienen...

Wir verdienen im Internet natürlich nichts, aber es ist die Einstiegsplattform für neue Abonnenten. Wir sind bei Facebook und Twitter ziemlich aktiv, und zwar sinnvoll aktiv. Ich hoffe, dass wir uns in den vergangenen Monaten eine gewisse Netzkompetenz erarbeitet und verdient haben. Und ich hoffe, dass wir im Netz glaubwürdig sind. Das ist jedenfalls mein Wunsch und mein Ziel. Ich glaube, man wird als neuer Leser eher im Internet auf uns aufmerksam als am Kiosk.