Deswegen auch der Claim-Wechsel von „Be the first to know“ hin zu „Go beyond borders“?

Der Erste zu sein, ist einfach nicht mehr der wichtigste Wettbewerb. Die Rolle von CNN hat sich gewandelt. Wir sind mit unserer Erfahrung und Kompetenz die Sammelstelle für die wichtigsten und verlässlichen Informationen geworden. In einer Nachrichten-Welt mit immer mehr Schlagzeilen ist es wichtig, einen Navigator zu haben, dem ich vertraue und der mir das Geschehen einordnet. Ich gehöre zu denen, die vielleicht die sehr klassische Position vertreten, dass Journalismus eine Aufgabe ist. Und die lautet nicht zuerst zu informieren, sondern gut zu informieren, damit andere gut informiert sind. Den Wettbewerb um das schnellste Medium verlieren wir gegen Twitter. Aber freuen wir uns doch über eine neue Quelle und konzentrieren uns auf die Deutung, Einordnung und Analyse dessen, was wir dort und über andere Wege erfahren.

Mal zurück zum TV-Geschäfts: Bei den Geschehnissen im Mittleren Osten war Al Jazeera ortskundiger und konnte Boden gut machen. Wie hat sich CNN International da Ihrer Meinung nach geschlagen?

Wettbewerb ist immer gut, weil er uns anspornt besser zu werden. Al Jazeera hatte natürlich den Vorteil, dass ein Großteil der Schlagzeilen dieses Jahres quasi vor der eigenen Haustür passiert sind. Das haben die Kollegen klug ausgespielt und gute Arbeit geleistet. Sie haben eine andere Perspektive auf die Ereignisse gegeben. Eine Eigenschaft, die wir bei CNN International aber auch schon immer pflegen, weil wir als global vertretener Nachrichtensender verschiedene Sichtweisen und Werte-Auffassungen berücksichtigen müssen. Da haben wir die breitere Aufstellung.

Mit Sicherheit ja auch breiter als das CNN US. Wie schwierig ist es, internationales Nachrichtenfernsehen zu machen? Sie haben ja mit dem Inlandsprogramm den direkten Vergleich...

Bei CNN US haben wir eine klare Zielgruppe für die man klassisch programmieren kann.  Bei CNN International haben wir Zuschauer in fast allen Ländern der Welt, in völlig verschiedenen Zeitzonen, Kulturen und Wertesystemen mit manchmal gänzlich unterschiedlichem Bezug zu einem Thema. Man muss bei uns schnell den internationalen Blick lernen. Wenn in Deutschland etwas passiert, mag das in Deutschland ganze Zeitungsseiten und Sondersendungen füllen - es ist am anderen Ende Europas schon kein Thema mehr und am anderen Ende der Welt erst recht nicht. Den gemeinsamen Nenner zwischen dem Zuschauer in Deutschland und Botswana zu finden - das ist der Kompass mit dem wir CNN International permanent auf Kurs halten. Die zweite Herausforderung liegt darin, bei Geschichten am anderen Ende der Welt klar zu machen, welche Auswirkungen das vielleicht auch auf den Rest der Welt haben kann. Damit möglichst viele Zuschauer außerhalb des Kerngebiets der Nachricht einbezogen sind.

Zum Ende hin die Frage: Gibt es größere Baustellen im Programm von CNN International?

Nein, wir sind sehr glücklich mit unserem aktuellen Programm-LineUp. Ein immer andauernder Prozess ist natürlich die schon besprochene Frage, wie wir aus den neuen Möglichkeiten und Quellen noch mehr für uns und unsere Zuschauer machen können. Und zwar nicht nur bei großen Nachrichten sondern generell.

Also keine Programmänderungen in absehbarer Zeit?

Doch, eine haben wir und zwar im Juni. Unsere letzte Zuschauerumfrage hat gezeigt, dass viele Zuschauer in Europa CNN International auch bis später in die Nacht nutzen, wenn das Informationsangebot im Fernsehen um uns herum ausdünnt. Deswegen nehmen wir „The Situation Room with Wolf Blitzer“ von unseren US-Kollegen zurück ins Programm von CNN International und das montags bis freitags um Mitternacht deutscher Zeit. Damit ergänzen wir unser Abendprogramm in die Nacht hinein mit einem echten Highlight, das sich traditionell mit eher internationalen Themen befasst und so also gut ins Programm von CNN International passt.

Frau Green, herzlichen Dank für das Gespräch.