Im Vorfeld hatten die Studios angekündigt, dass ihre Screenings noch länger dauern würden als geplant, weil es so viel Neues gibt. Bedeutet in diesem Jahr Masse gleich Klasse?

Norbert Himmler: Die Quantität ist in diesem Jahr in der Tat unbestreitbar größer und das bei allen Studios. Was die Qualität angeht, so haben wir hier nichts gesehen, was wirklich herausragend war. Aber das ein oder andere Auffällige dann doch.

Sebastian Lückel: Ja, zum Beispiel "2 Broke Girls" von Warner. Die Comedy sieht aus wie ein potentieller "Two and a half men"-Nachfolger und wird von CBS ja auch mit sehr hohen Erwartungen programmiert zwischen "TAAHM" und "How I met your mother". Aber das ist für das ZDF-Schema nicht das richtige Genre. Aber aus Privatsendersicht vielversprechend.

Himmler: Das ist wirklich sehr gut geschrieben, worum wir die Amerikaner ja immer beneiden. Viele Lacher, was auch diesmal bei Comedys leider nicht so selbstverständlich ist wie man denkt.

Lückel: Und „Person of Interest“ hat ja allein durch die geplante Programmierung im US-Programm schon Hit-Potential. Bei den Upfronts in New York hieß es von CBS, dass die Serie bei den Marktforschungen so gut weggekommen sei, wie keine andere Serie der vergangenen 15 Jahre. Das muss man mit Vorsicht genießen, aber Potential ist da.

 

 

Um was genau beneiden wir denn die Amerikaner? Was macht die US-Serien so sexy, dass alle einen Blick drauf werfen wollen?

Himmler: Der Erfolg der US-Serien ist ein Stück weit eine self fulfilling prophecy. Wenn Sie die Marktmacht der Amerikaner analysieren, die viel Geld in die Hand nehmen können für eine Serie, weil sie den Vorteil haben, dass sie als englischsprachige Produktion dann auch rund um den Globus verkauft werden kann, dann haben Sie leichteren Zugang zu den Käufern und eine größere Investitionsspielmasse.

Und gibt es auch inhaltliche Gründe?

Himmler: Inhaltlich muss man schon sagen, dass die größere und intensivere Erfahrung der Autoren hier zu spüren ist. Fernsehautoren sind hier in den USA eine traditionsreiche Branche. Die kreative Leistung wird hoch geschätzt. Es ist ja auch beeindruckend zu sehen, wieviele Konzepte in den USA überhaupt entwickelt werden. Also bei sogenannten Papier-Piloten sind wir im dreistelligen Bereich jedes Jahr. Diese Vielzahl ist schon beeindruckend. Auch bei den Piloten, die dann umgesetzt werden, bei den Serien, die dann bestellt werden, und selbst am Ende einer TV-Season bleiben so viele neue Serien übrig wie in keinem anderen TV-Markt. Die Größe des Marktes befruchtet die Kreativität und umgekehrt.

Die Frage aller Fragen: Mit welchem Ziel besucht das ZDF überhaupt die LA Screenings? US-Lizenzserien sind im Hauptprogramm seit zehn Jahren nicht mehr zu finden. Schauen Sie für ZDFneo?

Himmler: Sie haben recht, die letzte US-Serie die das ZDF programmiert hatte, waren die „Sopranos“. Das ist eine ganze Weile her, elf Jahre um genau zu sein. ZDFneo war für uns als ZDF insgesamt der strategische Schritt uns wieder für US-Serien zu öffnen. Wenn wir auch die britischen Kaufserien dazu rechnen, dann hatten wir seit dem Start von ZDFneo dort schon über 20 fiktionale Lizenzprogramme  auf Sendung.

Also einmal Shoppen in Los Angeles?

Hier bei den LA Screenings brauchen Sie ja schon einen Output-Deal um an die neue Ware der Studios heranzukommen. Den haben wir mit Universal, allerdings nur für Filme, nicht für Serien. Hier und da gibt es Ausnahmen, etwa wenn eine Serie für US-Kabelsender produziert werden, fallen sie oft auch nicht in die Output-Deals der Privaten.